Generaldebatte: Schlagabtausch im Bundestag
Die Generaldebatte im Bundestag ist geprägt von aufgeheizter Stimmung und Schuldzuweisungen. Dazwischen gibt es jedoch auf einige produktive Ansätze.
Berlin – Im Bundestag hat Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) seine Kritik an der Ukraine-Politik von Olaf Scholz (SPD) erneuert. Merz warf Scholz am Mittwoch (01. Juni 2022) vor, seiner Zeitenwende-Rede unmittelbar nach Beginn den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht gerecht zu werden. Alles seit dem 27. Februar verlaufe im Sande, das Wort Zeitenwende bleibe somit inzwischen „beziehungslos im Raum stehen“, so Merz. Der Kanzler komme seit über einem Monat dem Auftrag des Bundestages nicht nach, auch schwere Waffen an die Ukraine zu liefern, kritisierte Merz.
Im Hinblick auf Europa- und Bündnispolitik gebe es in der EU „mittlerweile nur noch Verstimmung, es gibt Enttäuschung über die unklare Rolle Deutschlands und es gibt richtig Verärgerung über Sie und Ihre Regierung“, sagte der Oppositionsführer an die Adresse des Kanzlers. Zudem forderte Merz Scholz auf, klar zu sagen: „Die Ukraine muss den Krieg gewinnen.“ Russland müsse hinter die Kontaktlinie vom 24. Februar, dem Tag des Kriegsbeginns, zurückgedrängt werden. „Warum sagen Sie das nicht einfach?“
Bundestag: Generaldebatte soll Positionen klären – Scholz ungewohnt klar
Daraufhin sagte Bundeskanzler Scholz in ungewohnt deutlicher Manier der Ukraine langfristige Unterstützung zu. Der russische Staatschef Wladimir Putin dürfe „seine Ziele nicht erreichen“, sagte Scholz. Putin dürfe „nicht mit seinem Konzept durchkommen, mit einem brutalen und militärischen Einsatz ein Land zu erobern oder Teile davon“, sagte Scholz.

Er machte klar: Deutschland werde die Ukraine „so lange unterstützen, wie das erforderlich ist, mit all den Möglichkeiten, die wir auf den Weg gebracht haben“, sagte Scholz weiter. Er kritisierte, dass im Bundestag oder andernorts darüber diskutiert werde, was die Ukraine zu entscheiden habe. „Über die Ukraine entscheiden die Ukrainerinnen und Ukrainer, und sonst niemand“, bekräftigte Scholz. Dabei vermied er es allerdings erneut, vom Ziel eines Sieges der Ukraine zu sprechen.
Ukraine: Merz fordert schwere Waffen – Deutschland will liefern
Der Kern von Merz‘ Kritik bezog sich auf die Ukraine-Politik und das zögerliche Handeln der Bundesregierung. Er kritisierte, dass der ukrainische Parlamentspräsident Deutschland besuchen werde, aber wohl keinen Gesprächstermin mit dem Kanzler erhielt. Merz bemühte auch das stark gesunkene Vertrauen innerhalb Europas in die Bundesrepublik. Scholz ging jedoch nur auf den Aspekt der Waffenlieferungen ein, für welchen er ebenso viel Kritik einstecken musste.
Neben den bereits zugesagten schweren Waffen (Gepard/Panzerhaubitze-2000), die, so Scholz, zeitnah die Ukraine erreichen sollen, kündigte er neue Lieferungen an. Demnach soll die Ukraine ein modernes Luftabwehrsystem, sowie ein modernes Ortungsradar erhalten. Bei dem Luftabwehrsystem handelt es sich um Iris-T von Diehl. Damit werde das modernste Flugabwehrsystem geliefert, über das Deutschland verfüge.
In Bezug auf die lange Jahre unionsgeführte Zusammenstreichung des Bundeswehr-Etats sagte Scholz: „Wir (Ampel-Regierung) bringen in Ordnung, was nicht in Ordnung war.“
Bundestag: Scholz will „konzentrierte Aktion gegen den Preisdruck“ starten
Zu einem „ungewöhnlichen Schritt“ hat sich Scholz in Bezug im Kampf gegen die Preisentwicklung entschlossen. So will der Kanzler Arbeitgeber, Gewerkschaften und Kommunen zu einer „konzentrierten Aktion gegen den Preisdruck“ zusammenrufen. Es sei richtig, wenn Unternehmen, Beschäftigte, Gewerkschaften sowie Staat und Kommunen zusammenwirkten, um herauszufinden, wie mit dieser Preisentwicklung umzugehen ist. Es brauche eine „gezielte Kraftanstrengung“ in einer außergewöhnlichen Situation.
Er verwies dabei auf die Tarifpartner der Chemieindustrie. Sie hätten einen „sehr interessanten“ Weg gewählt, um gestiegene Preise mit einer einmaligen Sonderzahlung auszugleichen. Er bezeichnete dies als gute Idee, weil sie den Beschäftigten finanziell Luft verschaffe, ohne die Arbeitgeber zu überfordern und die Inflationsrisiken anzuheizen. Bei der geplanten „konzentrierten Aktion“ handele es sich aber natürlich nicht um eine Lohnverhandlungsrunde, den „das machen die Tarifpartner“. (lz mit dpa/AFP)