Gasprojekt in Afrika bringt Ampel-Koalition in Erklärungsnot
In der Diskussion um die Beteiligung an einem Gasprojekt in Afrika spielt die Ampel mit ihrer Glaubwürdigkeit. Wie ernst ist es ihr wirklich mit der Energiewende?
Berlin – Die Ampel unter Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich in ein klimapolitisches Spannungsfeld manövriert. Auf der einen Seite steht der Ausbau erneuerbarer Energien. Auf der anderen Seite Überlegungen, sich an einem Gasprojekt vor der Atlantikküste Senegals und Mauretaniens zu beteiligen. In der Koalition geht es in der Energieaußenpolitik nun um die Frage, wie glaubhaft ihre Bemühungen um die Energiewende tatsächlich sind – und um das Argument der „Hilfe“. In der Regierung ist man sich bei dem Projekt offenbar uneins, bei den Grünen erinnert man sich an alte Grundsätze.
Zwischen Erneuerbarer Energie und Gasförderung im Ausland: Das Ampel-Spiel mit der Glaubwürdigkeit
In Deutschland wirbt die Ampel unter Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für erneuerbare Energien. Es sollen Gesetze auf den Weg gebracht werden, um bürokratische Hürden zu senken, der Ausbau soll sich beschleunigen. Viel guter Wille also – wenngleich die Ökowirtschaft zuletzt an den Ausbauzielen zweifelte.
Doch wie steht es um die Energieaußenpolitik? Überlegungen von Kanzler Olaf Scholz bezüglich Gasförderung im Ausland sorgen auch in den Reihen des grünen Regierungspartners für Stirnrunzeln, wie kreiszeitung.de berichtet.
Der Kanzler erwägt, sich an einem Erdgasprojekt zu beteiligen, bei dem es um die Förderung von Gas im Meeresschutzgebiet des Senegals und Mauretaniens geht. Folgen soll der Export nach Deutschland. Die Förderung von fossilem Gas oberhalb der weggefallenen Liefermengen aus Russland stößt auf Kritik, zumal es im Zuge der Energiewende um die Ablösung fossiler Energie durch erneuerbare Energie gehen soll – nicht das Erschließen neuer, fossiler Quellen. Kritiker bemängeln Überkompensation bei gedecktem Bedarf. Die Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel: Machen sie bei der Energieaußenpolitik halt?
Erneuerbare Energien Deutschland: Kritik an der Förderung von Großprojekten
Dem vom Mineralölkonzern BP vorangetriebenen Projekt wollen Teile der Ampel bisher mit dem Argument Legitimität verleihen, man könne beim Ausbau der Infrastruktur vor Ort helfen. Dies trüge zur Selbstversorgung mit Erdgas im Senegal bei. Tatsächlich dürfte jedoch vor allem der Export letzten Endes eine große Rolle spielen. Umweltschützer argumentieren, auch in der Energieaußenpolitik müsse die Ampel auf erneuerbare Energien setzen statt fossile Energieträger.

Die Ampel-Klima-Beauftragte Jennifer Morgan erklärte erst kürzlich, zur Förderung fossiler Energien wie Öl- oder Gas im Ausland habe die Bundesregierung noch keine klare Position. Erstaunlich, geht es doch um vermeintlich feste klimapolitische Grundsätze – doch nur im Inland? Die G7 hatten erklärt, Voraussetzung für Förderungen im Ausland sei, dass die Projekte das 1,5 Grad Ziel nicht bedrohen. Ob es kriegsbedingte Ausnahmen gäbe, sei bisher jedoch offen, so Morgan laut nd.
Wirtschaftsminister Minister Robert Habeck (Grüne) hatte sich mit Blick auf das Projekt zuletzt selbst kritisch gezeigt. Parteichefin Ricarda Lang erklärte dem Tagesspiegel ebenfalls, für sie sei es „klar, dass der Fokus nicht auf neuen Gasfeldern liegen darf, sondern darauf, dass wir Transformationsprojekte unterstützen“ – Teile der Ampel sehen das anders.
Erneuerbare Energien oder Gasprojekt vor Mauretanien und dem Senegal: Das Argument „Hilfe“ – greift es?
Befürworter betonen immer wieder, es ginge darum, die Länder vor Ort zu unterstützen. Ob das glaubhaft ist, bleibt fraglich: Ein großer Teil der Profite fließt in der Regel in den globalen Norden. Hinzu kommt: Energietechnisch liegen große Potenziale etwa des Senegals in zukunftsfähigen, erneuerbaren Energien. Schon jetzt machen Erneuerbare dort 30 Prozent vom Strommix aus, so die Zeit. Es gibt gute Voraussetzungen für Offshore-Windparks entlang der Küste, die Produktion von nachhaltigem Wasserstoff und die Nutzung von Wasserkraft. Hinzu kommen Potenziale bei Solarenergie. So könnten bis zu 6700 Arbeitsplätze pro Megawattstunde erneuerbarer Energie geschaffen werden, heißt in einem Gastbeitrag der Zeit – das wären deutlich mehr als bei Gas.
Eine Studie der Weltbank hatte zuletzt ergeben, dass sich ähnliche Projekte wie jenes um das Gasfeld vor der Atlantikküste Senegals und Mauretaniens andernorts nicht positiv auf die Bevölkerung auswirkten, denn es ließ sich keine Verbesserung der Lebensbedingungen registrieren. Profite dürften vor allem bei (teils westlichen) Energiekonzernen und staatlichen Ölgesellschaften landen – nicht bei der breiten Bevölkerung. Noch beruft sich die Ampel darauf, bislang nicht zu investieren. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte jedoch unlängst sein Versprechen nach Ablauf des Jahres auch im Ausland nicht in fossile Energie zu investieren, klar aufgeweicht – für Flüssiggas sollen andere Regeln gelten. (Alexander Eser-Ruperti)