Die Bundesregierung bestätigte das Telefonat von Scholz und Macron mit Putin. Das 80-minütige Gespräch habe auf Initiative des Kanzlers und des französischen Staatschefs stattgefunden, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit. Sie machten demnach Russland für die besonders angespannte Lage bei der globalen Lebensmittelversorgung verantwortlich und riefen Putin auf, „für eine Verbesserung der humanitären Lage der Zivilbevölkerung zu sorgen“.
Putin versicherte nach Angaben der Bundesregierung, den Getreideexport aus der Ukraine insbesondere auf dem Seeweg ermöglichen zu wollen. Der Kreml-Chef habe zudem zugesagt, dass es von Russland „nicht für Angriffshandlungen missbraucht“ werde, wenn der zum Schutz ukrainischer Häfen gelegte Minengürtel für den Getreideexport geöffnet werde.
Update vom Samstag, 28. Mai, 11.05 Uhr: Der ukrainische Chef-Unterhändler in den Gesprächen mit Russland hält eine Vereinbarung mit der Führung in Moskau nicht für vertrauenswürdig. „Jedes Abkommen mit Russland ist keinen Cent wert“, schrieb Mychailo Podoljak auf Telegram. „Ist es möglich, mit einem Land zu verhandeln, das immer zynisch und propagandistisch lügt?“ Podoljak ist Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. „Russland hat bewiesen, dass es ein barbarisches Land ist, das die Weltsicherheit bedroht“, so Podoljak. „Ein Barbar kann nur mit Gewalt aufgehalten werden.“
Update vom Freitag, 27. Mai, 21.00 Uhr: Die Gasanbieter der Ukraine rufen Deutschland zur Aufhebung der Ausnahmen für Nord Stream 1 auf. Konkret haben die Betreiber GTS Ukraine und Naftogaz Ukraine dazu aufgerufen, wie das Nachrichtenportal eurointegration.ua schreibt.
Der Chef des Betreiberts GTS Ukraine, Serhiy Makogon, wies darauf hin, dass die Ausnahmen für Nord Stream 1 damals unter der Prämisse beschlossen wurden, die Sicherheit der Gasversorgung nach Europa zu stärken. „Wir schlagen vor, dass die deutsche Regierung diese Ausnahmen überprüft und die Gaslieferungen nach Europa durch Nord Stream 1 effektiv aussetzt oder erheblich einschränkt“, so Makogon. Er verweist auch darauf, dass Russland einseitig die Lieferungen nach Finnland, Bulgarien und Polen eingestellt hatte.
Erstmeldung vom Freitag, 27. Mai: Moskau/Kiew – Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat den Westen davor gewarnt, die Lage im Ukraine-Krieg durch Waffenlieferungen weiter anzuheizen. Der 72-Jährige reagierte damit am Donnerstag (26. Mai) nicht zuletzt auf Forderungen aus Kiew nach Mehrfachraketenwerfer-Systemen der Nato, um im Donbass Gegenschläge gegen die russischen Truppen ausführen zu können. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba forderte unter anderem die Bereitstellung solcher System durch das westliche Militärbündnis.
Sergej Lawrow forderte dahingehend die westlichen Mächte dazu auf, auf die Lieferung schwerer Waffensystem in das Kriegsgebiet zu verzichten. Das berichtet die staatliche Nachrichtenagentur Tass aus Russland. Die Bereitstellung von Waffen für die Ukraine, welche für Attacken auf russisches Hoheitsgebiet verwendet werden könnten, sei „ein ernsthafter Schritt in Richtung einer inakzeptablen Eskalation.“
Im Auslandssender RT Arabic, der als kremltreu gilt, appellierte Lawrow zudem an die „Vernunft“ der westlichen Politikerinnen und Politik. Er hoffe, dass es im Westen noch genügend vernünftige Menschen gebe, die das verstehen würden. „Es sind noch ein paar von ihnen übrig“, fügte der 72-Jährige hinzu. Auf welche Politikerinnen und Politiker der russische Außenminister mit seinen Aussagen Bezug nahm, ist allerdings unklar.
Auch im Hinblick auf mögliche Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau zeigte sich Lawrow unzufrieden. Der russische Verteidigungsminister warf dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mangelnde Verhandlungsbreitschaft vor. Selenskyj hatte angekündigt, erst dann für ein direktes Gespräch mit Wladimir Putin bereit zu sein, wenn die russischen Truppen sich auf die Grenzen vom 24. Februar zurückziehen würden. „Dass das nicht ernsthaft ist, muss man niemandem erklären und beweisen“, sagte Lawrow der Agentur Interfax zufolge. „Dem Westen passt es, diese intellektuell nicht sehr unterfütterte Unnachgiebigkeit auch noch zu unterstützen“, so Lawrows Vorwurf.
Zuvor hatte die ukrainische der russischen Regierung vorgeworfen, nicht an ernsthaften Verhandlungen interessiert zu sein. Viel mehr würde Moskau nun durch die Ausgabe russischer Pässe an die Bewohner der besetzten Gebiete in der Ostukraine versuchen, diese von Kiew loszulösen.
In den ersten Wochen nach der russischen Invasion hatten Moskau und Kiew noch verhandelt. Die Gespräche kamen jedoch zum Erliegen, als die Gräueltaten russischer Soldaten nach dem Rückzug aus Kiewer Vororten wie Butscha ans Licht kamen. Anders als die Ukraine hatte Russland ohnehin nur Politiker der zweiten Reihe ohne wirklichen Einfluss entsandt. (tu mit dpa/AFP)