Frei sein, Erwartungen zu enttäuschen

Feminismus bedeutet Kampf. Es ist ein Kampf, den Frauen wie Männer, cis, trans und nicht-binäre Menschen jeden Tag austragen. Doch sie, wir, kämpfen diesen Kampf nicht mit den Mitteln des Patriarchats.
Es ist kein „Wir gegen Die“, an dessen Ende zwangsläufig eine Gewinnerin und ein Verlierer stehen. Machen wir es richtig, können alle den Sieg davontragen.
Im Feminismus kämpfen wir gegen ungleich verteilte Macht. In der Arbeitswelt haben Frauen seltener Führungspositionen inne. Sie sind finanziell oft von Männern abhängig, sind deren Gewaltexzessen ausgesetzt, sind öfter arm, sterben vermeidbare Tode. Sie werden aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt, herabgewürdigt, umgebracht.
Doch das Ziel meines Feminismus ist nicht einfach nur, dass Frauen an Macht gewinnen und Männer an Macht verlieren. Das Ziel ist eine Welt, in der Macht nicht mehr in erster Linie Kontrolle, sondern viel mehr Verantwortung bedeutet. Eine Welt, in der über die Bürde von Macht genauso gesprochen wird wie über den Gestaltungsspielraum. Eine Welt, in der Männern Verantwortung in der Familie zugetraut wird – und Frauen im öffentlichen Leben.
Nicht allen Menschen liegt Macht in gleichem Maße. Das Ziel ist eine Welt, in der allen Zugang zu Macht gewährt wird – in der aber Menschen, die weniger Verantwortung tragen wollen, nicht von Geschlechterstereotypen dazu genötigt werden. Frauen sollen Verantwortung haben dürfen – oder auf sie verzichten können. Genau dasselbe sollte Männern zugestanden werden. Wer Verantwortung trägt, sollte dafür mit finanzieller Sicherheit belohnt werden – ob im privaten oder im öffentlichen Leben.
Für diese Welt lohnt es sich zu kämpfen, denn sie bedeutet Freiheit. Freiheit für Männer, Frauen und nicht-binäre Menschen. Freiheit, sein Leben nicht nach den Erwartungen der Gesellschaft ausrichten zu müssen – einzig und allein aufgrund des Geschlechts, dem man zugerechnet wird.
Feminismus bedeutet Freiheitskampf. Es ist ein Kampf ohne Verlierer:innen.
Jana Ballweber, 26, Volontärin