Frankreichs Republikaner: Für die Basis ist rechts „kein Tabu“
Der rechte Hardliner Eric Ciotti gewinnt überraschend die Vorauswahl für das Präsidentschaftsrennen. Jetzt trifft er in der Stichwahl auf Valérie Pécresse.
Paris - Die französischen Republikaner haben einen neuen Star: Eric Ciotti hat am Donnerstag (02.12.2021) die interne Vorwahl für die Spitzenkandidatur der Partei bei den Präsidentschaftswahlen im April 2022 gewonnen. Der politische Hardliner erhielt über 28.000 oder 25,6 Prozent der Parteistimmen. Er tritt am Sonntag (05.12.2021) in der Stichwahl gegen Valérie Pécresse an, die fast gleich viele Stimmen erhielt und auf 25 Prozent kam.
Auf der Strecke blieben die Favoriten Xavier Bertrand und Michel Barnier. Die beiden Exminister erhielten 22 beziehungsweise 24 Prozent der Stimmen. Sie hatten sich gute Chancen ausgerechnet, das Finale untereinander auszumachen. Bertrand hatte seit Monaten die Umfragen angeführt; Barnier war als ehemaliger Brexit-Chefunterhändler bekannt. Der fünftplatzierte, Philippe Juvin kam nur auf drei Prozent Stimmen.

Die „Républicains“ sehen allein schon im gesitteten Ausgang dieser Vorrunde einen Erfolg. Vor früheren Präsidentschaftswahlen hatten sie sich regelmäßig zerstritten. Jetzt organisierte die Partei mehrere vom Fernsehen live übertragene Streitgespräche. Sie bleiben stets zivilisiert, allerdings auch etwas langweilig, vertrat das Quintett doch sehr ähnliche Positionen.
Dass Ciotti aus dem Stand Platzhirsche wie Bertrand übertrumpft, spricht Bände
Die interne Urwahl steht unter gewaltigen Druck: Die Republikaner sehen sich eingezwängt von Rechtsextremist:innen wie Marine Le Pen und neuerdings Eric Zemmour auf der einen und von Präsident Emmanuel Macron auf der anderen Seite. Die politische Debatte tendiert dadurch – im Unterschied etwa zur deutschen Schwesterpartei CDU – stark nach rechts.
Das zeigt sehr deutlich der Erfolg Ciottis. Der 56-jährige Abgeordnete aus Nizza war als klarer Außenseiter in die Wahl gegangen. Dass er aus dem Stand Platzhirsche wie Bertrand übertrumpfte, spricht Bände über die Haltung der Basis, für die rechts „kein Tabu“ ist, wie Cotti sagte.
Ciotti stellt sich allerdings nicht außerhalb des „Systems“ wie Zemmour, sich bei Charles de Gaulle wie auch bei Donald Trump bedient. Dabei vertritt der Sieger der ersten Runde der Republikaner-Wahl inhaltlich ähnliche Ideen: Er will das Wohnsitzrecht durch das „Blutrecht“ ersetzen, um die automatische Einbürgerung von Immigrantenkindern zu verhindern, und die „christliche Herkunft“ Frankreichs in die Verfassung schreiben. Die 54-jährige Pécresse wirkt dagegen fast gemäßigt. (Stefan Brändle)