1. Startseite
  2. Politik

Frankreich-Wahl: Linksbündnis überzeugt, aber Stimmen fehlen

Erstellt:

Von: Max Schäfer

Kommentare

Das Linksbündnis NUPES kann inhaltlich die Mehrheit in Frankreich überzeugen, bei der Parlamentswahl spiegelt sich das nur bedingt wider.

Paris – Vor der Entscheidung der Frankreich-Wahl am Sonntag (19. Juni) warnt Präsident Emmanuel Macron vor den Linken. Mit dem Linksbündnis NUPES drohten höhere Steuern, mehr Schulden und ein Schrumpfen der Wirtschaft. Er selbst strebe dagegen Vollbeschäftigung, Einkommenssteigerungen und einen Zuwachs wirtschaftlicher Stärke an, sagte Macron laut Deutscher Presse-Agentur bei einer Rede am Dienstag (14. Juni) und bat um eine deutliche Mehrheit.

Ob die Aussage auf Wählerzuspruch trifft, ist jedoch unklar. Zwar wurde Macron bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich 2022 wiedergewählt, dennoch steht er in der Kritik. Hintergrund sind unter anderem seine geplante Rentenreform sowie die durch die Inflation wiederaufgekommene soziale Frage, welche die politische Debatte vor der Parlamentswahl bestimmen.

Frankreich-Wahl: Linkes Bündnis NUPES setzt Macron bei der Parlamentswahl unter Druck

Die Linke weiß das bei der Parlamentswahl in Frankreich zu nutzen. Als Bündnis mit gemeinsamen Kandidierenden liegen die Parteien um Jean-Luc Mélenchon und dessen Partei La France insoumise nach der ersten Runde der Frankreich-Wahl mit 25,66 Prozent hinter Macrons-Allianz (25,75) auf dem zweiten Rang.

Parlamentswahl in Frankreich
WahlsystemMehrheitswahl
Anzahl der Wahlkreise577
Benötigte Mehrheit289
Datum des zweiten Wahlgangs19. Juni 2022
Öffnungszeiten der Wahllokale8 bis 18 Uhr, in manchen Städten bis 20 Uhr

Auch die politische Stimmung vor der Frankreich-Wahl spricht für das Linksbündnis. Laut einer veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ifop vom Dienstag (14. Juni) unterstützt eine breite Mehrheit der Menschen die zentralen Forderungen der linken Allianz um Mélenchon.

Frankreich-Wahl: Linksbündnis NUPES mit breiter Unterstützung bei Themen Inflation und Klimakrise

Angesichts der Inflation findet die Absicht des Linksbündnisses NUPES, Spritpreise sofort zu begrenzen und die Preise von Grundnahrungsmitteln dauerhaft zu regulieren, eine breite Zustimmung. 89 Prozent der Befragten sprechen sich dafür aus – über die Lagergrenzen hinweg. Auch die ambitionierteren Klimaziele der Linken werden von einer großen Mehrheit befürwortet. 81 Prozent wünschen sich demnach eine Senkung der Treibhausgasemissionen um 65 Prozent bis 2030.

Jean-Luc Mélenchon hat die linken Parteien vor der Frankreich-Wahl im Bündnis NUPES vereint. Ihre Forderungen kommen gut an – doch an den Wahlurnen macht sich das kaum bemerkbar.
Jean-Luc Mélenchon hat die linken Parteien vor der Frankreich-Wahl im Bündnis NUPES vereint. Ihre Forderungen kommen gut an – doch an den Wahlurnen macht sich das kaum bemerkbar. (Archivbild) © Sameer Al-Doumy/AFP

Emmanuel Macron warnte in seiner Rede am Dienstag (14. Juni) zwar vor geplanten Steuererhöhungen durch das Linksbündnis. Laut Ifop-Umfrage vor der Parlamentswahl in Frankreich befürworten jedoch 72 Prozent der Französinnen und Franzosen die Wiedereinführung der Vermögenssteuer. Sogar eine Mehrheit der Macron-Wähler:innen (68 Prozent) spricht sich dafür aus. 63 Prozent unterstützen die Idee, die Begrenzung der Kapitalbesteuerung abzuschaffen.

Beim Aufreger-Thema Rente befürworten 77 Prozent für eine Rückkehr zur Rente ab 60 Jahren aus. Einzig bei den Unterstützer:innen von Emmanuel Macron, der das Rentenalter von 62 auf 65 Jahre anheben will, findet sich dafür keine Mehrheit.

Trotz breiter Unterstützung: Linksbündnis NUPES bei Parlamentswahl in Frankreich nur zweitstärkste Kraft

Trotz der breiten Unterstützung in der Bevölkerung für die Kernforderungen des Linksbündnisses NUPES reicht es laut Prognosen nicht für eine Mehrheit der Linken bei der Frankreich-Wahl. NUPES kommt auf 150 bis 190 Sitze, das Macron-Bündnis Ensemble dagegen auf 255 bis 295. Das Linksbündnis um Mélenchon würde demnach eine starke Opposition bilden, die Mehrheit macht es Macrons Liberalen jedoch nicht streitig.

Hintergrund der drohenden Niederlage des Linksbündnisses könnten die außenpolitischen Forderungen des NUPES-Anführers sein: Der Alt-Linke Jean-Luc Mélenchon setzte sich für ein „blockfreies Frankreich“ ein und sprach sich daher für einen Austritt aus der Nato und der Europäischen Union (EU) aus. Innerhalb des linken Bündnisses ist diese Haltung umstritten; Grüne und Sozialist:innen sind traditionell proeuropäisch. Außenpolitische Thesen wurden in der Ifop-Umfrage vor der Parlamentswahl nicht abgefragt.

Frankreich-Wahl: Mélenchons Haltung zu EU und Nato kann Parlamentswahl entscheiden

Auch die Hauptkonkurrenz bei der Frankreich-Wahl, Macrons Allianz Ensemble, setzt auf die Bindung der Grande Nation an Nato und EU. Gerade während einer außenpolitischen Krise wie dem Ukraine-Krieg könnte die Forderungen wahlentscheidend sein. Darauf setzt auch Macron. „Wir brauchen eine solide Mehrheit, um für Ordnung zu sorgen, sowohl außerhalb als auch innerhalb unserer Grenzen“, erklärte der Präsident laut der Deutschen Presse-Agentur in der Rede am Dienstag vor der Parlamentswahl. „Nichts wäre schlimmer, als eine französische Unordnung zur globalen Unordnung hinzuzufügen.“ (Max Schäfer)

Auch interessant

Kommentare