Frankreich setzt Streiks fort - Showdown im Parlament über Rentenreform steht bevor
In Frankreich gehen weiter Tausende auf die Straße. Sie wollen Macrons Rentenreformpläne verhindern, die das Parlament morgen beschließen könnte.
Frankfurt – Nach wochenlangen Massenprotesten und Streiks in Frankreich sind auch am heutigen Mittwoch (15. März) wieder tausende Menschen gegen die Rentenreformpläne des französischen Präsidenten Emmanuel Macron auf die Straße gegangen. Und das kurz vor einer möglichen endgültigen Entscheidung am Donnerstag. Dann könnte die Reform nämlich in beiden Kammern des französischen Parlaments - dem Senat und der Nationalversammlung - beschlossen werden.

Macrons Rentenreform: Protestwelle reißt nicht ab
Zuletzt hatten am vergangenen Samstag (11. März) Hunderttausende in Frankreich gegen die Rentenreformpläne demonstriert. Trotz überwiegend friedlicher Proteste wurden dabei in Paris Mülltonnen in Brand gesetzt und die Polizei setzte Tränengas gegen radikale Demonstranten ein. Es war der vierte große Protesttag innerhalb von drei Wochen. Bereits am 07. März hatte ein Generalstreik weite Teile des öffentlichen Lebens in Frankreich lahmgelegt. Dabei wurden unter anderem Schulen, der öffentliche Verkehr und Raffinerien bestreikt. Eine deutliche Protestnote: In Paris türmt sich im Moment der Müll, weil auch die Beschäftigten der städtischen Müllabfuhr, wie auch an anderen Orten im Land, streiken.
Die Rentenreformpläne von Macron sehen vor, das Renteneintrittsalter schrittweise von 62 auf 64 Jahre anzuheben. Außerdem soll die Zahl der Einzahljahre für eine abschlagsfreie Rente schneller auf dann 43 Arbeitsjahre steigen. Mit 67 Jahren soll es weiterhin eine Rente ohne Abschlag geben, unabhängig von der Einzahldauer.
Rentenreform in Frankreich: Abstimmung schon Donnerstag möglich
Trotz der Proteste hatte der französische Senat nach einer hitzigen Debatte am vergangenen Samstag (11. März) für die Reformpläne gestimmt. Und das mit einer großen Mehrheit von 195 zu 112 Stimmen. 37 Senatoren enthielten sich. Damit die Rentenreform beschlossen ist, muss neben dem Senat aber auch die französische Nationalversammlung zustimmen. Aktuell verhandeln am heutigen Mittwoch (15. März) in Paris Abgeordnete aus beiden Parlamentskammern über einen Kompromissvorschlag. Sollte man sich einigen, könnte dieser bereits am morgigen Donnerstag verabschiedet werden - vormittags im Senat und am Nachmittag dann in der Nationalversammlung.
Eine Abstimmung für die Rentenreformpläne in der Nationalversammlung gilt aber noch nicht als sicher. Denn Macrons Regierungspartei Renaissance hat in der Nationalversammlung seit den Parlamentswahlen im letzten Juni jedoch keine absolute Mehrheit mehr. Das Regierungslager hofft deswegen auf Stimmen der konservativen Republikaner (Les Républicains). Diese sind grundsätzlich für eine Erhöhung des Renteneintrittsalters - im Präsidentschaftswahlkampf 2022 sprachen sie sich für eine Rente mit 65 Jahren aus.
In Bezug auf Macrons Reformpläne ist die Partei allerdings gespalten. Ein Teil der Republikaner übt Kritik an Details der Pläne: Besonders Menschen, die sehr jung in die Erwerbsarbeit eingestiegen sind, würden durch ein späteres Renteneintrittsalter benachteiligt werden. Im Senat votierten die Republikaner bereits für die Reformpläne, in der Nationalversammlung gilt die Fraktion aber als uneinig.
Beschluss von Macrons Rentenreform ohne Abstimmung?
Macrons Regierungspartei könnte auch versuchen, die Reformpläne ohne eine Abstimmung durch die Nationalversammlung zu bringen. Mithilfe des Verfassungsartikels 49.3 ist es der Premierministerin grundsätzlich möglich, Gesetze ohne Abstimmung im Parlament zu verabschieden. Bei nur knappen Mehrheiten in der Nationalversammlung kann dieser Sonderartikel von der Regierungspartei eingesetzt werden.
Experten halten dies aber für unwahrscheinlich. So sagte zum Beispiel der Politikwissenschaftler Gilles Finchelstein, Leiter der Jean-Jaures-Stiftung (einer in Paris ansässigen Denkfabrik), gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, dass die Verwendung von Artikels 49.3 eine „Niederlage für Borne, die Regierung und den Präsidenten“ wäre. Aufgrund des weiten Protestes im Land würde die Nutzung des Artikels, der als undemokratisch kritisiert wird, der Abstimmung in der öffentlichen Meinung die Legitimation entziehen. (kasa/dpa)