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Nach „Mörder“-Rufen: Emmanuel Macron empfiehlt Konkurrent Zemmour ein Hörgerät

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Von: Lukas Zigo, Nadja Austel

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Éric Zemmour, französischer Präsidentschaftskandidat der rechtsextremistischen Partei „Reconquete!“, spricht während einer Wahlkampfveranstaltung auf dem Trocadero-Platz.
Die beleidigenden Rufe will Éric Zemmour nicht gehört haben. © Michel Euler/dpa

Die Kosten für Hörgeräte werden in Frankreich von der Sozialversicherung erstattet – darüber informiert Emmanuel Macron den rechtsextremen Konkurrenten gerne.

Paris/Dijon – Beleidigende Rufe aus den Reihen seiner Anhänger, dafür scheint Präsidentschaftskandidat Éric Zemmour blind – beziehungsweise taub – zu sein. „Macron Mörder!“, riefen die Anhänger des Rechtsextremen lautstark bei einem Wahlkampfauftritt am Sonntag (27.08.2022) in Paris in Frankreich. Zumindest behauptete Zemmour in Nachhinein, er habe sie gar nicht gehört. Und was man nicht weiß, das macht bekanntlich nicht heiß. Im Übrigen verurteile er derlei Rufe selbstverständlich. Zemmour tritt bei der Präsidentschaftswahl im April gegen Emmanuel Macron an, der sich um eine zweite Amtszeit bewirbt.

Dieser äußerte sich, ebenfalls bei einem Wahlkampfbesuch, in Dijon am Montag (28.03.2022) zu dem Vorfall: Es gebe zwei Hypothesen: Die eine und wahrscheinlichste sei, dass es sich um einen würdelosen Vorfall handele. Die zweite sei, dass Zemmour nicht wisse, dass Hörgeräte, Brillen und Zahnprothesen dank einer Reform von der Sozialversicherung größtenteils erstattet würden. Er lade „den hörgeschädigten Kandidaten dazu ein, sich zu geringen Kosten auszustatten.“

Der rechtsextreme Kandidat Zemmour rief vor Zehntausenden Anhängern in Paris die Muslim:innen im Land zur Assimilation auf. „Es ist nicht Frankreich, das eure Kultur annehmen muss“, sagte Zemmour bei seinem groß inszenierten Wahlkampfauftritt, während seine Anhänger „Wir sind hier zu Hause“ riefen. Zum wiederholten Mal beschwor der in den Umfragen abgerutschte Bewerber die Präsidentschaftswahl in Frankreich in zwei Wochen als letzte Chance für ein durch Migration in Identität und Überleben bedrohtes Frankreich. Die in Dutzenden Bussen aus dem ganzen Land angereisten Zuhörer:innen schwenkten zuvor verteilte französische Fahnen.

Wahl in Frankreich: Konkurrent Zemmour fällt mit rassistischen Äußerungen auf

Zemmour hatte für seinen Auftritt auf dem symbolischen Trocadéro-Platz 50.000 Anhänger:innen mobilisieren wollen. „Ihr seid 100.000 Franzosen, die vor nichts zurückweichen und die stolz sind auf ihr Land“, sagte er zu Beginn seiner Rede, die zu diesem Moment 85.000 Menschen in den sozialen Medien verfolgten. Zemmour warb auch um die Anhänger:innen anderer rechter Bewerber:innen. Er wurde im Wahlkampf immer wieder gegen Zuwanderer:innen und Muslim:innen ausfällig und war in der Vergangenheit bereits mehrfach wegen rassistischer Äußerungen verurteilt worden.

In den Umfragen liegt Präsident Emmanuel Macron weiterhin vorne, gefolgt von der Rechten Marine Le Pen und auf Rang drei dem Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon. Auf den Plätzen vier und fünf folgen die konservative Valérie Pécresse und erst dann Zemmour.

Vor dem ersten Wahlgang bei der Präsidentschaftswahl am 10. April warben auch andere Kandidaten um Unterstützung. Am Strand von Marseille etwa beschwor Linkspolitiker Mélenchon angesichts der Ernährungs- und Klimakrise die Brüderschaft unter den Völkern. Die durch den Krieg in der Ukraine bedrohten Atomkraftwerke sollten durch UN-Blauhelme geschützt werden, forderte er. Frankreich solle dazu Soldat:innen bereitstellen. (na/dpa)

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