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Frankreich und Großbritannien im Brexit-Dauerstreit: In „Hassliebe“ verbunden

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Von: Julian Dorn

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Boris Johnson + Emmanuel Macron.
Schwierige Beziehung: Boris Johnson und Emmanuel Macron. (Archivbild) © Stefan Rousseau/PA Wire/dpa

Seit dem Brexit droht Frankreich Großbritannien mit „Vergeltung“, Boris Johnson mokiert sich über die Nachbarn. Warum können sie partout nicht mehr miteinander?

London/Paris – Die einen drohen mit Stromstopp, die anderen wiederum stellen sich stur bei der Fischerei, und dazu überziehen sich Politiker beider Seiten mit Vorwürfen und Warnungen. Zweifellos: Zwischen Großbritannien und Frankreich herrscht dicke Luft.

„Ich kann mich nicht erinnern, dass die Beziehungen je so schlecht waren“, sagt die britische Politikwissenschaftlerin Georgina Wright vom Pariser Institut Montaigne der dpa. Der Brexit hat die historisch schwierige Verbindung über den Ärmelkanal noch verschärft.

Großbritannien und Frankreich zanken sich: Scharfe Töne auf beiden Seiten des Ärmelkanals

„Die spinnen, die Briten“, ist in Paris oft zu hören, manchmal ganz offen. Im Gegenzug verunglimpften konservative britische Blätter den französischen Präsidenten Emmanuel Macron als Möchtegern-Napoleon. „Weil die Brexit-Verhandlungen so politisiert, so vergiftet waren, haben sie sich auf die bilateralen Beziehungen ausgewirkt“, sagt Wright weiter. Auch auf persönlicher Ebene läuft es partout nicht. Kürzlich machte sich Boris Johnson über die Franzosen lustig: „Donnez-moi un break“, kauderwelschte der britische Premier vor laufenden Kameras: Gönnt mir ein Päuschen.

Macron und Johnson schienen zwar miteinander klarzukommen, so Wright. „Aber das reicht nicht aus in diplomatischen und erst recht in bilateralen Beziehungen.“ Der Ton macht die Musik. Das liegt an beiden Seiten, wie die Expertin beobachtet hat. So ist London schockiert über Aussagen des Macron-Vertrauten Clément Beaune. Der Europaminister drohte zuletzt offen mit „Vergeltungsmaßnahmen“.

Verhältnis zwischen Großbritannien und Frankreich seit dem Brexit: Diese Streitpunkte gibt es

Expertin findet klare Worte: „Frankreich hält Großbritannien nicht für besonders vertrauenswürdig“

Viel gravierender aber: „Das Vertrauen ist sehr, sehr gering“, sagt Politologin Wright. „Frankreich misstraut dem Vereinigten Königreich nicht nur, sondern es hält das Land auch nicht für besonders vertrauenswürdig.“ Das liegt auch an der Person Boris Johnson, wie Peter Ricketts, bis zu seinem Ruhestand 2016 britischer Botschafter in Paris, der Financial Times sagt. „Die Franzosen sind zu dem Schluss gekommen, dass er nicht vertrauenswürdig und kein ernsthafter Mensch ist.“

Besserung ist kaum in Sicht. Der neue Brexit-Streit wegen der Nordirland-Regelung dürfte die Spannungen eher verstärken. Beziehungstechnisch stellt sich die Frage: Was ist es denn nun zwischen Frankreich und Großbritannien? Mehr Hass oder Liebe? Da ist Expertin Wright eindeutig: „Hassliebe“. (judo/dpa)

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