Acht Jahre altes Flüchtlingsmädchen stirbt in US-Gewahrsam

Nach dem Tod einer Achtjährigen aus Panama kritisieren Menschenrechtsorganisationen die Unterbringung Geflüchteter in den Vereinigten Staaten.
Ein achtjähriges Mädchen aus Panama, das mit Herzproblemen geboren wurde, starb am Mittwoch in der Obhut der US-Grenzpolizei in Texas. Nach Angaben der Behörden ist der Tod von Anadith Tanay Reyes Álvarez bereits der zweite Todesfall eines lateinamerikanischen Kindes im Gewahrsam der US-Regierung während der vergangenen 14 Tage. Vor einer Woche ist der 17 Jahre alte Ángel Eduardo Maradiaga Espinoza aus Honduras gestorben. Bereits Anfang des Jahres soll ein vier Jahre altes Kind in US-Gewahrsam gestorben sein.
Das jetzt verstorbene Mädchen und seine Familie befanden sich in einer Einrichtung in Harlingen (US-Bundesstaat Texas) im Rio Grande Valley, einem der meistgenutzten Korridore für Grenzübertritte von Migrant:innen. Anadith Álvarez wurde in ein nahe gelegenes Krankenhaus gebracht, wo sie aber starb, wie die US-Migrationsbehörde mitteilte. Die Justiz ordnete eine Autopsie an. Über den Todesfall informierte der honduranische Konsul mit Sitz in McAllen, Texas. Er sagte, das Mädchen stamme zwar aus Panama, seine Eltern seien jedoch aus Honduras. Anadith sei mit ihren Eltern und zwei Geschwistern unterwegs gewesen. Nach Angaben des Vaters sei das Mädchen bereits mit einem Herzfehler geboren und vor drei Jahren in Panama operiert worden.
Flucht vor Gewalt in Südamerika
Die US-Behörden haben mit einem massiven Anstieg von Migrant:innen aus aller Herren Länder zu kämpfen, seit am 11. Mai ein mehr als zweijähriges Einreiseverbot im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie aufgehoben wurde. Seither drängen Zehntausende Frauen, Männer und Kinder in die Vereinigten Staaten und stellen dort oft einen Asylantrag. Viele sind gezeichnet von der monatelangen harten Wanderung.
Die Menschen fliehen vor allem aus Venezuela, Kuba, Haiti und den Staaten Zentralamerikas. Sie versuchen der Gewalt, der Wirtschaftskrise oder dem generellen Mangel an Perspektive in ihren Heimatländern zu entkommen. Bei der Migration sterben immer wieder Menschen, die wie die achtjährige Anadith an Vorerkrankungen leiden, mit den Bedingungen der Migration nicht klarkommen oder von der Organisierten Kriminalität ermordet werden. Es ist eine der vielen dunklen Seiten der Migration, auf die sonst kaum ein Blick fällt. Es gibt kaum Statistiken darüber, wie viele Menschen die Flucht nicht überleben. Allein im Darién, dem Urwaldpropf zwischen Panama und Kolumbien, sterben nach Aussage von Migrant:innen und Hilfsorganisationen jeden Tag Menschen, weil sie den harten Bedingungen der Durchquerung nicht standhalten oder Opfer von Überfällen werden.
Sechs Tote Kinder während Trumps Präsidentschaft
Während der Präsidentschaft von Donald Trump (2017 bis 2021) stand der Tod von Kindern in der Obhut von US-Behörden im Mittelpunkt einer Kontroverse. Mindestens sechs Kinder starben in einem Zeitraum von fast einem Jahr zwischen 2018 und 2019. Sie befanden sich alle in Gewahrsam der US-Border Patrol. Damals drängten erstmals verstärkt Familien mit zum Teil sehr kleinen Kindern in die Vereinigten Staaten. Kritische Stimmen stellten die Bemühungen der Trump-Regierung in Frage, diese Migrant:innen zu schützen.
Auch jetzt sind nach Ansicht von Menschenrechtsorganisationen die Zustände auf beiden Seiten der Grenze in den Lagern unhaltbar. Pedro Rios, Direktor des US-Mexiko-Grenzprogramms des American Friends Service Committee, sagte, die Grenzpatrouille habe ihn gebeten, den Notruf zu wählen, nachdem Freiwillige ein acht Monate altes Baby „erbrechend“ zwischen den Wänden gefunden hatten. Das Lager ist inzwischen aufgelöst worden. Amy Fischer, Direktorin für Flüchtlings- und Migrantenrechte bei Amnesty International in den USA, sagte, dass „praktisch jeder“, den sie auf der mexikanischen Seite der Grenze gesehen habe, „mit irgendeinem gesundheitlichen Problem zu kämpfen“ habe.
In der vergangenen Woche hat die US-Grenzpolizei damit begonnen, Migrant:innen aus den Auffanglagern freizulassen, ohne die eigentlich obligatorische Vorladung vor ein Einwanderungsgericht. Sie sollten sich stattdessen innerhalb von 60 Tagen bei den Einwanderungsbehörden melden. Die Entscheidung spart den Grenzbeamt:innen Zeit, da sie von lästigem Papierkram entlastet werden und Platz in den Auffangeinrichtungen freimachen können. Ein Bundesrichter in Florida ordnete allerdings an, diese Entlassungen zu unterbinden.