Macho-Partei FDP: Immer mehr Frauen verlassen die Liberalen

Die FDP brauchte dringend mehr Frauen in der Partei. Christian Lindners Partei vergrault sie allerdings. Dafür gibt es gleich mehrere Gründe.
Berlin – Marie-Agnes Strack-Zimmermann, selbstbewusste Verteidigungsexpertin, bekannt dafür, sich mit Kanzler Olaf Scholz anzulegen, gilt als die einzige einflussreiche und mächtige Frau in der Politik der FDP. Parteichef Christian Lindner, sein Vize Wolfgang Kubicki - das sind die Männer, die man mit den Liberalen zunächst in Verbindung bringen könnte. Aber halt: Wo sind die Frauen geblieben?
Laut einer Recherche des Tagesspiegels stagniert der Frauenanteil in der Partei nicht nur - er sinkt. Sowohl bezogen auf Politikerinnen als auch auf Wählerinnen. Woran kann das liegen? Dafür gibt es gleich mehrere Gründe. Politikerin Silvana Koch-Mehrin hat ein Buch über sexistische Erlebnisse während ihrer FDP-Karriere geschrieben. „Ja, ich wurde angefasst. Einfach so“, sagte sie in einem Interview mit dem Stern. „Da waren immer wieder Hände auf meinem Knie. Man hat meine Brust berührt, mir ungefragt sanfte Rückenmassagen verabreicht“.
FDP verliert Frauen – unter anderem wegen Sexismus
Außerdem habe sie sich anzügliche, sexistische Kommentare anhören müssen wie: „Ihre Zukunft liegt zwischen den Beinen“. Koch-Mehrin saß nicht weit entfernt und konnte alles mithören. Sie habe geschwiegen, da sie dazugehören wollte. Ein weiterer Vorfall ist bekannt. 2020 hatte Lindner seine Generalsekretärin Linda Teuteberg verabschiedet, anschließend musste sich der Parteichef gegen Sexismusvorwürfe verteidigen.
„Ich denke gerne daran, Linda, dass wir in den vergangenen Monaten ungefähr 300 Mal den Tag zusammen begonnen haben“, sagte er damals. Plötzlich bricht Gelächter aus. Lindner verzieht die Augen und ergänzt: „Ich spreche über unser tägliches Telefonat zur politischen Lage, nicht, was ihr jetzt denkt!“ Anschließend entschuldigte sich Lindner öffentlich, er schätze Teuteberg sehr und bedauere, sollte ein falscher Eindruck entstanden sein. 2022 erstattete eine FDP-Politikerin Anzeige gegen ihren Kollegen Tino Günther, da dieser ihr an ihr Gesäß gefasst hatte. Günther trat in der Folge von seinen Ämtern als stellvertretender Landesvorsitzender der FDP Sachsen sowie des Stiftungsamtes zurück.
FDP braucht Frauen dringend
Laut Tagesspiegel gibt es seit 2019 Zielvereinbarungen mit Landesverbänden, die eine Mindestzahl von Frauen in führenden Positionen vorschreiben, allerdings will es mit der Umsetzung nicht so recht funktionieren. „Zielvereinbarungen müssen verbindlicher werden“, forderte Nicole Bauer, frauenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion. Lindner selbst ist Parität nicht wichtig. Dabei würde die Partei mehr Frauen dringend benötigen. Aktuell liegt die FDP in Meinungsumfragen zwischen fünf und sechs Prozent. Existenzsorgen machen sich breit. (mse)