EU-Gipfel: Scholz zuversichtlich beim Thema europäischer Gaspreisdeckel
Vor dem EU-Gipfel sollten alle große Streitthemen eigentlich geklärt sein. Doch dem ist nicht so – was vor allem an einem Nachbarland liegt.
+++ 11.20 Uhr: Im monatelangen Streit über einen europäischen Gaspreisdeckel rechnet Bundeskanzler Olaf Scholz mit einer baldigen Einigung der 27 EU-Mitgliedstaaten. „Es war immer klar, dass wir eine einvernehmliche Lösung anstreben und ich höre gute Meldungen, dass wir kurz davor sind“, sagte Scholz am Donnerstag zum Auftakt des EU-Gipfels.

Die EU-Energieminister:innen hatten sich am Dienstag in stundenlangen Verhandlungen abermals nicht auf einen Gaspreisdeckel einigen können. Am Montag wollen sie letzte Details klären. Das Thema wird aber auch auf dem Gipfel eine Rolle spielen. Scholz sprach von guten Fortschritten. „Ich bin sicher, dass wir heute, vor allem auch am Rande, noch ein paar weitere kleine restliche Bedingungen miteinander festlegen können“, sagte er.
Macron mahnt auf EU-Gipfel zu entschiedener Antwort auf US-Subventionen
Update vom Donnerstag, 15. Dezember, 10.00 Uhr: Der französische Präsident Emmanuel Macron hat die Europäische Union zu einer entschiedenen Antwort auf das milliardenschwere Klima- und Sozialpaket der USA gedrängt. Die EU müsse „sehr viel schneller und stärker“ auf die US-Subventionen reagieren, sagte Macron am Donnerstag am Rande des EU-Gipfels in Brüssel, bei dem dieses Thema auf der Agenda steht.
Dafür seien auch neue europäische Gemeinschaftsmittel nötig, betonte Macron. Die EU-Hilfen etwa für den Ausbau der grünen Wasserstofftechnologie oder für Elektroauto-Akkus seien „drei bis vier Mal niedriger als das, was die Amerikaner auf den Tisch legen“, betonte Macron. Das frische Geld könne entweder in Form von Garantien, Krediten oder Subventionen bereitgestellt werden.
Droht dem EU-Gipfel das Fiasko?
Erstmeldung: Brüssel – Hilfen für die Ukraine und die Energiekrise stehen am Donnerstag (15. Dezember) beim EU-Gipfels in Brüssel im Fokus. Kurz vor dem Treffen hatten sich die Mitgliedsländer auf zusätzliche 18 Milliarden Euro Finanzhilfe für Kiew geeinigt. Überschattet wird der Gipfel auch von der Korruptionsaffäre im Europaparlament. Doch es gibt noch viel mehr Probleme.
Der letzte EU-Gipfel des Jahres droht vom Streit über neue Russland-Sanktionen und einer möglichen Blockade weiterer Beschlüsse überschattet zu werden. Anders als geplant konnten sich die EU-Staaten am Mittwoch (14. Dezember) nicht auf das geplante neunte Sanktionspaket gegen Moskau verständigen. Zudem drohten auch Nachverhandlungen zu bereits zu Beginn der Woche vereinbarten Entscheidungen – unter anderem zu einem bislang einmaligen Vorgehen gegen Ungarn wegen Korruptionsvorwürfen. Die Regierung in Budapest scheint diesmal aber nicht die größte Herausforderung zu sein.
EU-Gipfel in Brüssel: Droht die Blockade?
Zu allen Themen hätte es eigentlich bis Mittwochabend formale Beschlüsse geben sollen. Über die letzten Details des Sanktionspakets gab es allerdings nach Angaben von Diplomaten bis Mittwochabend weiter Meinungsunterschiede. Ein neuer Kompromissvorschlag sollte bis zum offiziellen Start des Treffens um 9.30 Uhr von den Experten der Mitgliedstaaten geprüft werden.
Diskussionen gab es bis zuletzt vor allem darum, ob die aktuellen Sanktionsregeln möglicherweise den Export von russischen Agrarprodukten und Düngemitteln in Entwicklungs- und Schwellenländer verhindern. Deutschland fordert gemeinsam mit Ländern wie Frankreich und den Niederlanden, im Zuge des neunten Sanktionspakets Anpassungen vorzunehmen, die dies rechtssicher ausschließen. Andere Länder wie Polen, Litauen und Lettland sehen Berichte über angeblich durch Sanktionen verhinderte Agrarexporte hingegen als russische Propaganda und wollten bis zuletzt keine Änderungen akzeptieren.
EU-Gipfel in Brüssel: Was wird aus dem „Ungarn-Paket“?
Die Frist für die endgültige Zustimmung zum sogenannten Ungarn-Paket musste ebenfalls auf Donnerstag verschoben werden. Der Grund war nach Angaben von Diplomaten die noch ausstehende Zustimmung Polens. Das Land hatte Prüfbedarf bei dem Beschluss zu einer Richtlinie für die internationale Mindeststeuer für Großkonzerne angemeldet, die auch Teil des Pakets ist.
Ursprünglich hatten sich die EU-Staaten bereits am Montag im Grundsatz auf ein Paket aus vier Teilen verständigt. Wegen der Sorge, dass EU-Geld in Ungarn wegen unzureichender Korruptionsbekämpfung veruntreut wird, sollen dem Land bis auf Weiteres 6,3 Milliarden Euro vorenthalten werden. Zudem sollten eine wichtige Richtlinie für die internationale Mindeststeuer für große Unternehmen, umfangreiche EU-Hilfen für die Ukraine sowie der ungarische Plan zur Verwendung von EU-Corona-Hilfen beschlossen werden.
Ungarn hatte die Mindeststeuer und die Ukraine-Hilfe zuvor wochenlang blockiert. Der Widerstand wurde EU-Diplomaten zufolge gebrochen, indem Länder wie Deutschland der Regierung in Budapest androhten, die Genehmigung des ungarischen Corona-Hilfen-Plans zu blockieren. Nun steht jedoch die polnische Antwort zu dem Paket aus, was einen formalen Beschluss blockiert.
Dabei haben Kanzler Olaf Scholz und die anderen Staats- und Regierungschefs bei ihrem letzten regulären Gipfel des Jahres eigentlich andere Großthemen vor der Brust. Unter anderem soll es um militärische und humanitäre Hilfe für die von Russland angegriffene Ukraine sowie um die Beziehungen zu den USA gehen. Das transatlantische Verhältnis ist aufgrund eines milliardenschweren US-Subventionsprogramms belastet, weil die Förderregeln in der EU als diskriminierend und unvereinbar mit den Regeln der Welthandelsorganisation angesehen werden. Auch die Energiekrise dürfte die Staats- und Regierungschefs weiter beschäftigen. Ein Überblick:
- Transatlantische Beziehungen
- Klagen einreichen oder selbst Milliarden für die heimische Wirtschaft locker machen? Die Frage stellt sich den Staats- und Regierungschefs angesichts des US-Subventionsprogramms. Es besteht die Befürchtung, dass Firmen und Arbeitsplätze in die USA abwandern. Kanzler Scholz hatte sich am Mittwochabend noch zurückhaltend gegenüber Vorschlägen der EU-Kommission gezeigt, künftig einen eigenen europäischen Fonds für Unternehmenshilfen einzuführen. Seinen Angaben zufolge gibt es auf EU-Ebene noch viele ungenutzte Mittel, die umgewidmet werden könnten.
- Gaspreisdeckel gegen Preisexplosion?
- Auch am Dienstag konnten sich die EU-Energieminister wieder nicht auf Details für einen geplanten EU-Gaspreisdeckel einigen, der exzessive Preisausschläge verhindern soll. Besonders die Frage, wie hoch das Preislimit genau sein soll, ist noch nicht beantwortet. „Die Interpretationen gingen sehr weit auseinander“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach dem Treffen. Er wünschte sich von den Staats- und Regierungschefs Vorgaben dazu, was genau mit „exzessiven Preisen“ gemeint sei. Ob der Gipfel diese Vorgaben liefern wird, ist jedoch unklar. Nach Angaben aus EU-Kreisen scheiterte eine Einigung bislang vor allem an Deutschland. Theoretisch könnte der Preisdeckel auch mit einer Mehrheitsentscheidung gegen den Willen Berlins beschlossen werden.
- Migration und Schengen
- Streit droht nicht zuletzt bei den Themen Migration und Schengen. Beides steht zwar nicht auf der Tagesordnung. Anlass zum Austausch auf Spitzenebene gibt es jedoch reichlich. Bulgarien und Rumänien könnten sich etwa beschweren, dass Österreich und die Niederlande kürzlich den zeitnahen Beitritt beider Länder zum Schengen-Raum ohne Grenzkontrollen blockierten. Staaten wie die Niederlande oder Belgien wiederum könnten zur Sprache bringen, dass sie unter einer großen Zahl an Schutzsuchenden ächzen, die sie kaum mehr versorgen können. Beide Länder beklagen, dass Länder an den EU-Außengrenzen Asylsuchende oft in andere Mitgliedsstaaten weiterziehen lassen, was nach EU-Recht in der Regel anders vorgesehen ist.
Weiterhin suchen die EU-Spitzen eine Lösung im monatelangen Streit um einen Gaspreisdeckel. Bundeskanzler Scholz hatte am Mittwoch in seiner Regierungserklärung im Bundestag vor Versorgungsengpässen gewarnt, sollten die Europäer eine Preisobergrenze einführen. Weiteres Gipfelthema sind die Beziehungen zu den USA. Die Bundesregierung will angesichts des milliardenschweren Klima- und Sozialpakets der Vereinigten Staaten einen „Subventionswettlauf“ verhindern. (skr mit AFP/dpa)