1. Startseite
  2. Politik

EU-Eingreiftruppe: Deutschland will erste Einheit der europäischen Armee anführen

Erstellt:

Von: Lukas Zigo

Kommentare

Seit Jahren wird über eine Eingreiftruppe der Europäischen Union gesprochen. Dieser Plan wird bereits bis 2025 Realität – und Deutschland will die Führung übernehmen.

Brüssel – Lange Zeit war Frankreich* einer der Vorkämpfer für eine „Europa-Armee“*, nicht erst sei Präsident Emmanuel Macron*. Nun will jedoch Deutschland bei dem Projekt eine Führungsrolle übernehmen. Die 5000 Soldaten starke Eingreiftruppe soll das „militärische Herzstück“ eines größeren, „Strategischer Kompass“ genannten Konzepts sein, sagte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD*) in Brüssel. In Anbetracht der neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen wurde dieser bereits existierende Plan jetzt vorgezogen.

Außen- und Verteidigungsminister der 27 Mitgliedsstaaten beschlossen dieses Konzept am Montag (21.03.2022) in Brüssel. Darin wurde festgelegt, welche Fähigkeiten die EU* künftig beim Management von Konfliktsituationen haben muss. Bis spätestens 2025 soll die Truppe einsatzbereit sein.

Christine Lambrecht (SPD) bietet EU-Partner an, „Kern“ der Truppe zu stellen

Bundesverteidigungsministerin Lambrecht bot den EU-Partnern an, dass Deutschland bei Beginn den Kern der neuen Einsatztruppe stellt. Die SPD-Politikerin sagte in Brüssel, es sei wichtig, klar das Signal zu senden, dass man füreinander einstehe.

Verteidigungsministerin besucht Panzerlehrbrigade 9
Christine Lambrecht (r, SPD), Verteidigungsministerin, schaut bei ihrem Besuch der Panzerlehrbrigade 9 mit Alfons Mais, Inspekteur des Heeres auf die Uhr. © Philipp Schulze/dpa

Es wäre auch denkbar, dass die Truppe früher startet als in drei Jahren. Dies wird jedoch für unwahrscheinlich gehalten. Schon lange vor dem russischen Angriff auf die Ukraine gab es erste Entwürfe für den von Deutschland initiierten Kompass. Nach Angaben von Diplomaten wurden diese Pläne hinsichtlich des Ukraine-Konflikts* nun überarbeitet.

EU-Kompass: Passus für Zusammenarbeit mit Moskau ersatzlos gestrichen

Demnach wird in der nun beschlossenen Fassung deutlich gemacht, dass sich die EU auch mit einer nuklearen Bedrohung auseinandersetzen muss. Zudem wird festgehalten, dass die Mobilität der europäischen Streitkräfte „dringend“ verbessert werden muss. Ein Satz, der die Zusammenarbeit mit Moskau* in ausgewählten Themenbereichen ermöglichen sollte, wurde hingegen ersatzlos gestrichen.

„Als wir mit der Arbeit begonnen haben, konnten wir uns nicht vorstellen, dass die Lage im Augenblick der Annahme so schlecht sein würde“, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borell. Nun müsse man sich Gedanken über die europäische Fähigkeit machen, mit Herausforderungen wie einem Krieg umzugehen.

EU-Eingreiftruppe soll die militärische Abhängigkeit von den USA verringern

Bereits seit längerem gibt es Diskussionen um den Aufbau einer europäischen Eingreiftruppe. Die militärische Abhängigkeit von den USA* beim Evakuierungseinsatz in Afghanistan* vergangenes Jahr befeuerte diese Überlegung noch einmal. Aufgrund der Ereignisse stellte der Europaabgeordnete David McAllister den Aufbau einer EU-Eingreiftruppe von 5.000 Soldatinnen und Soldaten in Aussicht.

Gemeinsam mit den anderen EU-Staaten legte Deutschland danach einen Vorschlag zum Aufbau einer Eingreiftruppe vor. Der Aufbau beabsichtigte, die bereits existierenden EU-Einheiten zu schlagkräftigen und kurzfristig einsetzbaren Krisenreaktionskräften weiterzuentwickeln. Auch sollen dazu Weltraum- und Cyberfähigkeiten sowie Spezialeinsatzkräfte und strategische Lufttransportkapazitäten bereitgestellt werden.

Neue europäische Sicherheitsstruktur – EU-Militärmanöver sollen kommen

Diese Idee wird nun aufgenommen. Demnach soll die neue Truppe aus substanziell veränderten EU-Battlegroups sowie anderen Streitkräften der Mitgliedsstaaten bestehen. Das bisherige Konzept sieht vor, dass ständig zwei Einheiten mit im Kern jeweils rund 1500 Soldaten bereitgehalten werden, die alle sechs Monate wechselnd von unterschiedlichen EU-Staaten zur Verfügung gestellt werden. Genügend Truppen zusammenzubekommen, war zuletzt immer ein Problem gewesen. Zum Einsatz kamen die EU-Kräfte noch nie.

Der neue EU-Kompass soll auch das militärische Handeln im EU-Kontext flexibler und unkomplizierter gestalten. So soll beispielsweise auch der Gebrauch des bislang noch nie genutzten Artikels 44 des EU-Vertrags erleichtert werden. Über diesen können Militärkoalitionen von Willigen für einen Militäreinsatz gebildet werden. Borrells Aussagen zufolge wird es erstmalig auch ein EU-Militärmanöver geben. Auch die Fähigkeiten der EU im Bereich der Streitkräfteführung sollen gestärkt werden.

Josep Borrell will mehr Steuergelder für Sicherheit: „Wir sind in Gefahr“

Lettlands Außenminister Edgars Rinkevics warnte jedoch davor, sich nun auf dem neuen Konzept auszuruhen. Der Kompass gebe der EU einen Instrumentenkasten, um gemeinsam mit der Nato* zu einem echten geopolitischen Verteidigungs- und Sicherheitsakteur zu werden. Dies sei allerdings nur „der Anfang der Reise“. Vieles, so Rinkevics, hänge davon ab, wie erfolgreich man die Ukraine* gegen Russland* unterstütze.

Es werde insbesondere auch darum gehen, den europäischen Steuerzahlern mehr Geld für Sicherheit abzuverlangen, so Borrell am Montagabend. „Wir sind in Gefahr“, sagte der Spanier. Man müsse sich dessen bewusst sein und dementsprechend handeln. Der Ukraine-Krieg* sei eine Art „Weckruf“. (lz/dpa) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

Auch interessant

Kommentare