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Mögliche Lieferung von Waffenteilen an Russland – EU erwägt Sanktionen gegen chinesische Firmen

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Von: Amelie Richter

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EU-Flagge und chinesische Flagge mit Riss dazwischen (Symbolbild)
Ein Riss geht zwischen EU und China. © IMAGO

Das nächste Sanktionspaket der EU zum Ukraine-Krieg könnte China treffen. Mehrere chinesische Firmen sollen Russland Waffenbestandteile liefern — Brüssel könnte deshalb Strafmaßnahmen verhängen.

Diese Analyse liegt IPPEN.MEDIA im Zuge einer Kooperation mit dem Europe.Table Professional Briefing vor – zuerst veröffentlicht hatte ihn Europe.Table am 9. Mai 2023.

Brüssel/München – Die EU will offenbar Unternehmen aus China wegen militärischer Lieferungen an Russland ins Visier nehmen. In einer neuen Sanktionsrunde werde die Umsetzung und Einhaltung der EU-Sanktionen gegen Russland im Fokus stehen, erklärte ein Sprecher der EU-Kommission am Montag in Brüssel.

Das geplante elfte Sanktionspaket im Rahmen des Ukraine-Kriegs konzentriere sich auf die Wirksamkeit der Strafmaßnahmen, betonte der Sprecher – und darauf, wie verhindert werden könne, dass diese umgangen werden. Hier könnten erstmals auch chinesische Firmen mit Sanktionen belegt werden. Nähere Details, beispielsweise wer auf der Sanktionsliste steht, gab der Kommissionssprecher allerdings nicht bekannt.

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Firmen aus China: Deals mit Russland

Einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge könnten unter anderem die Vermögenswerte von sieben chinesischen Firmen in der EU eingefroren werden. Reuters beruft sich hierbei auf mehrere Brüsseler Diplomaten.

Am Mittwoch werden zunächst die EU-Botschafter über das Paket beraten. Ziel ist es, das elfte Sanktionspaket noch in diesem Monat zu beschließen. Laut einem Bericht der britischen Zeitung Financial Times wird den Unternehmen vorgeworfen, Ausrüstung mit potenziellem militärischen Nutzen an Russland verkauft zu haben.

Mehrere Firmen bereits auf US-Sanktionsliste

Demnach stehen zwei Unternehmen aus Festland-China auf der Liste:

Hinzu kommen fünf weitere Unternehmen aus Hongkong:

3HC Semiconductors, King-Pai Technology sowie Sinno Electronics und Sigma Technology stehen in den USA schon jetzt auf der Sanktionsliste des Finanzministeriums.

Angesichts der „Schlüsselrolle elektronischer Komponenten“ im russischen Krieg gegen die Ukraine sei es „angemessen“, Drittländer einzubeziehen, die die Handelsbeschränkungen umgingen und elektronische Komponenten für Russlands Militär- und Industriekomplex lieferten, heißt es dem Bericht zufolge im Vorschlag der EU-Kommission.

Demnach soll 3HC Semiconductors versucht zu haben, Exportkontrollen zu umgehen, indem Teile aus den USA gekauft und dann an Russland weiter geliefert wurden. King-Pai Technology soll Mikroelektronik mit Verteidigungsanwendungen an Russland geliefert haben.

Dual-use-Güter über die Türkei nach Russland

Brüssel hat es bisher vermieden, chinesische Firmen ins Visier zu nehmen. Stichfeste Beweise, dass China Waffen an Russland liefert, gibt es bisher nicht. Berichte und die Auswertung von Zolldaten hatten aber gezeigt, dass China Dual-use-Güter nach Russland exportiert. Dazu gehören beispielsweise Drohnen wie die Mugin-5-Drohne.

Dual-Use-Produkte können zivile und militärische Anwendungen haben. In Zolldaten waren jüngst auch CQ-A-Gewehre aufgetaucht. Diese waren als zivile Jagd-Gewehre gekennzeichnet. Die Waren werden zumeist über die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate nach Russland geliefert. Aus den EU-Staaten selbst dürfen schon seit Monaten viele Produkte nicht mehr nach Russland exportiert werden. Dazu zählen neben Dual-use-Gütern auch bestimmte Arten von Maschinen und Fahrzeugen oder bestimmte Halbleiter.

Peking droht

Mit den chinesischen Firmen käme nun erstmals eine extraterritoriale Komponente zu den EU-Sanktionen. Konkret ist laut EU-Kreisen geplant, zur Abschreckung zunächst die rechtliche Möglichkeit zu schaffen, Exporte in Drittstaaten wegen einer mutmaßlichen Umgehung von Sanktionen einzuschränken. Wenn dies nicht ausreicht, könnte man in einem zweiten Schritt bestimmte Ausfuhren tatsächlich unterbinden. Beschlossen werden muss ein solcher Schritt aber einstimmig von den 27 Mitgliedstaaten.

Die Regierung in Peking warnte die EU bereits vorsorglich vor der Verhängung von Sanktionen im Zusammenhang mit dem Krieg gegen die Ukraine: Falls es zu solch einem Schritt kommen sollte, würden sich die bilateralen Beziehungen verschlechtern, erklärte das chinesische Außenministerium am Montag. China werde dann entschlossene Maßnahmen ergreifen, um seine Interessen zu schützen.

Prinzip der Extraterritorialität

Das Prinzip der Extraterritorialität wurde in der Vergangenheit beispielsweise im Fall von US-Sanktionen gegen Iran angewandt. Im Jahr 2018 beschloss die Trump-Regierung, sich aus dem iranischen Atomabkommen zurückzuziehen und eine Strategie des „maximalen Drucks“ durchzusetzen, um die zuvor im Rahmen des internationalen Abkommens aufgehobenen Sanktionen gegen das Regime in Teheran wieder zu verhängen.

Die Extraterritorialität, auch Sekundärsanktionen genannt, wurde damals von den US-Behörden genutzt, um nicht-amerikanische Unternehmen zu bestrafen, die noch Geschäfte mit Iran machten. Aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen zogen sich viele europäische Firmen aus dem iranischen Markt zurück. Brüssel kritisierte Washington damals scharf wegen des Schritts.

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