EU-China-Gipfel: Gigantische Handelsbeziehungen stehen auf dem Spiel
Die Gräben zwischen der EU und China sind ständig tiefer geworden. Jetzt kommt der Ukraine-Krieg dazu. Können die Wirtschaftsbeziehungen weiterlaufen wie bisher?
Brüssel/Peking - Die Handelsbeziehungen zwischen der EU* und China drohen derzeit vom Ukraine-Konflik* überschattet zu werden. Vor allem sähe es die EU gerne, wenn sich die politische Führung in China* klar und eindeutig wegen des Ukraine-Kriegs* von Russland* distanzieren würde. „Kein europäischer Bürger würde es verstehen, wenn es irgendeine Unterstützung für Russlands Fähigkeit geben würde, Krieg zu führen“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach Gesprächen mit Chinas Regierungschef Li Keqiang und Staats- und Parteichef Xi Jinping. „Das würde China hier in Europa einen großen Reputationsschaden zufügen.“
Indirekt drohte von der Leyen China auch Konsequenzen für die engen Wirtschaftsbeziehungen an. „Es ist klar, dass der russische Einmarsch in die Ukraine* nicht nur ein entscheidender Moment für unseren Kontinent, sondern auch für unser Verhältnis zum Rest der Welt ist“, sagte sie. EU-Ratspräsident Charles Michel äußerte sich ebenfalls deutlich. „Wir haben China aufgefordert, einen Beitrag zum Ende des Krieges in der Ukraine zu leisten“, sagte er. „China kann den Völkerrechtsverstoß Russlands nicht ignorieren.“

EU-China-Gipfel: Peking kritisiert Sanktionen gegen Russland
Die Regierung in China will sich aber nicht in ihre Politik reinreden lassen. Schon vor Beginn des EU-China-Gipfels sendete Peking ernüchternde Signale aus. „Niemand sollte andere zwingen, sich für eine Seite zu entscheiden“, sagte Außenamtssprecher Zhao Lijian. Zudem kritisierte China erneut die Strafmaßnahmen des Westens gegen Russland. Die Tatsache, dass der normale Handelsaustausch mit Russland „unnötigerweise“ geschädigt werde, sei ein Problem, sagte der Sprecher.
Trotz der klaren politischen Rückendeckung für Russland gab sich Premier Li Keqiang im Gespräch mit den Europäern allerdings betont diplomatisch: China wolle mit der EU und der Welt zusammenarbeiten und „eine konstruktive Rolle spielen, um die Lage zu entspannen, die Feindseligkeiten einzustellen, eine größere humanitäre Katastrophe zu verhindern und den Frieden bald zurückkehren zu lassen“.
EU-China-Gipfel: Streit wegen Ukraine-Krieg
Dass China damit von Russland abrückt oder auf die Linie der EU einschwenkt, bedeutet das aber keineswegs. Denn als Russlands Außenminister Sergej Lawrow diese Woche China besuchte, waren ganz andere Töne zu hören. Da wurde die „grenzenlose“ Freundschaft mit Russland beschworen. Zudem äußerte Xi Jinping auf dem EU-China-Gipfel seine Hoffnung, dass sich die Europäische Union in seiner China-Politik dem Einfluss der USA* entzieht. China hoffe, dass die europäische Seite „eine unabhängige Wahrnehmung von China hat und eine unabhängige Politik gegenüber China verfolgt“. Vielleicht gerade wegen der massiven Differenzen begrüßte Ratspräsident Michel auf Twitter, dass der Videogipfel „eine zeitgemäße und notwendige Gelegenheit für Dialog“ sei.
Der EU ging es bei dem Gipfel vor allem darum, deutlich zu machen, dass der Krieg nicht nur den Blick Europas auf die Beziehungen zu Russland, sondern auch auf die mit anderen Ländern langfristig verändern dürfte. Demnach könnten auch die bislang sehr engen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zu China in Frage gestellt werden, sollte das Land sich nicht deutlicher von Russlands Vorgehen gegen die Ukraine distanzieren.
EU-China-Gipfel: EU und USA wichtigste Handelspartner von China
Die Hoffnung der EU ist dabei, dass die Führung in Peking sich der Bedeutung der EU als Wirtschaftspartner bewusst ist. Die EU war 2021 mit Abstand der wichtigste Handelspartner Chinas. Russland taucht in der Liste der zehn wichtigsten Handelspartner Chinas nicht einmal auf. Stattdessen stehen auf Platz zwei nach der EU die USA, die China für den Fall einer klaren materiellen Unterstützung Russlands sogar schon Sanktionen angedroht haben.
Die EU setzt unterdessen noch auf Anreize. Sollte China seinen Kurs gegenüber Russland ändern, wäre die EU nach Angaben von Spitzenbeamten bereit, China zusätzliche Hilfe bei der Entwicklung von mRNA-Impfstoffen* gegen Corona* anzubieten. Bislang liegt das Land mit Eigenentwicklungen in diesem Bereich deutlich zurück und muss wegen stark steigender Infektionszahlen nun weitere schwere wirtschaftliche Folgen durch die Pandemie befürchten.
So oder so muss sich China allerdings darauf einstellen, dass sich in den Wirtschaftsbeziehungen zur EU in den nächsten Jahren einiges ändern wird und seine Wettbewerbspraktiken nicht mehr geduldet werden. (cs/dpa) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.