1. Startseite
  2. Politik

Erdogan bootet Schweden aus: Auch Orbán könnte nun quertreiben - aus Finanz-Kalkül

Erstellt:

Von: Florian Naumann

Kommentare

Hand in Hand gegen Schweden? Viktor Orbán könnte Erdogans Schweden-Nein im eigenen Sinne nutzen (Archivbild).
Hand in Hand gegen Schweden? Viktor Orbán könnte Erdogans Schweden-Nein im eigenen Sinne nutzen (Archivbild). © Attila Volgyi/www.imago-images.de

Immer neues Ungemach für Schweden: Nach der Türkei könnte auch Ungarn das Nato-Beitrittsgesuch blockieren. Experten sehen bei Orbán Kalkül.

Stockholm/Budapest - Die Türkei will vorerst wohl nur Finnland die Tür in die Nato öffnen. Möglich scheint nun, dass Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán in dieser Frage zum Trittbrettfahrer wird - und erstmal nur den finnischen Beitritt ratifizieren lässt. Darin könnte Orbán einen strategischen Vorteil sehen, sagte Expertin Anamaria Dutceac Segesten dem schwedischen Sender SVT.

Wie die Türkei hat auch Ungarn die beiden Beitrittsansuchen noch nicht durchgewinkt - trotz mehrmaligen Beteuerungen guten Willens.

Schwedens Nato-Beitritt: Orbán nun Erdogans Trittbrettfahrer? Ungarn sieht womöglich Chance

Orbán könne nun eine Chance sehen, wie Segesten, Europa-Forscherin an der südschwedischen Universität Lund, erklärte. Angesichts des türkischen Willens, (nur) Finnland in die Nato zu lassen, zeige Ungarn in diesem Szenario „seinen guten Willen in der Nato-Partnerschaft, während man mit der EU weiter über Zugang“ zu Finanzmitteln verhandele, mutmaßte die Expertin.

„Für Ungarn hängen die Nato- und die EU-Frage zusammen, diese Fragen werden wie eine behandelt“, erklärte Segesten weiter. Womöglich wolle Budapest die Verhandlungen mit der EU noch etwas herauszögern - auch um den schwedischen Ratsvorsitz auszunutzen. Schweden hat den Posten noch bis 30. Juni turnusgemäß inne.

Auch der Forscher Henri Vanhanen vom Finnischen Institut für Internationale Beziehungen geht davon aus, dass Ungarn zunächst nur Finnlands Ansuchen bestätigen wird, wie das Portal hbl.fi berichtet. Für ihn sei es aber durchaus überraschend gekommen, dass Orbáns Partei Fidesz die beiden Beitrittsanträge einzeln behandeln will. Nur den finnischen Beitritt will das ungarische Parlament am 27. März ratifizieren

Die EU hatte im November die Auszahlung von 13,3 Milliarden Euro an Ungarn blockiert - unter Verweis auf Probleme mit der Rechtsstaatlichkeit. Es geht um Geld aus dem Gemeinschaftshaushalt und um Corona-Hilfen. Schwedens Ministerpräsident Ulf Kristersson hatte zuletzt öffentlich auf einen Beitritt nach der Türkei-Wahl am 14. Mai gehofft.

Finnland ohne Schweden in die Nato: Niinistö verteidigt Alleingang

Unterdessen nimmt Finnlands „Alleingang“ in die Nato immer klarere Konturen an. Der finnische Präsident Sauli Niinistö etwa hat nun dieses Szenario noch einmal verteidigt. „Hätten wir der Türkei die Ratifizierung verweigern sollen? Das klingt etwas verrückt“, sagte Niinistö: „Es wäre eine sehr schwierige Situation gewesen, wenn wir Nein zu Ankara gesagt hätten.“

Er habe immer betont, man gehe „Hand in Hand“ mit Schweden, soweit es in den Händen der nordischen Länder liege, sagte der finnische Präsident weiter. „Aber die Ratifizierung der finnischen Nato-Mitgliedschaft liegt in den Händen der Türkei und Ungarns.“ Ähnlich hatte er sich auch schon bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar geäußert.

Seiner Einschätzung nach verschlechtere ein früherer Nato-Beitritt Finnlands nicht die Sicherheitssituation in Schweden, sagte Niinistö in dem Interview, das am Sonntagabend in voller Länge bei dem Sender SVT ausgestrahlt werden sollte. Er hoffe nicht, dass es lange dauere, bis Schweden Finnland in die Nato nachfolge. (fn)

Auch interessant

Kommentare