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Erdogans Büro bestätigt: Twitter wird in der Türkei eingeschränkt

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Von: Bedrettin Bölükbasi

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Nach dem massiven Erdbeben in der Türkei nutzen Rettungskräfte Twitter zur Kommunikation. Doch die Nutzung der Plattform wird jetzt eingeschränkt.

München – Es ist eine der verheerendsten Naturkatastrophen in der Geschichte der Türkei: Bei dem Erdbeben im Süden des Landes sind in 10 Städten bislang mehr als 9.000 Menschen gestorben. Tausende liegen noch unter den Trümmern. Rettungsteams nutzen dabei die Plattform Twitter stark zur Kommunikation. Angehörige und die Erdbebenopfer selbst übermitteln ihre Position so an die Rettungsarbeiter. Doch nun haben türkische Behörden die Nutzung eingeschränkt und für Empörung gesorgt.

Twitter-Nutzung in der Türkei eingeschränkt: Trotz Bedeutung der Plattform für Rettungsarbeiten

Eigentlich nutzen türkische Influencer und weitere berühmte Persönlichkeiten ihre Reichweite auf Twitter, um die Position von Überlebenden sowie Orte, wo noch Hilfsbedarf besteht, an die Rettungsteams zu übermitteln. So konnten bislang hunderte Menschenleben gerettet werden.

Am Mittwochnachmittag (8. Februar) meldeten Nutzer in der Türkei allerdings plötzlich Unterbrechungen auf der Plattform. Das Kommunikationsbüro vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bestätigte den Verdacht auf Nachfrage des Journalisten Cüneyt Özdemir: Twitter wurde tatsächlich eingeschränkt. Özdemir zitierte in der Live-Sendung auf seinem YouTube-Kanal die Antwort von Erdogans Büro.

Türkei schränkt Twitter ein: „Beiträge im Internet und kriminelle Aktivitäten durch diese Beiträge“

Um gegen „Beiträge im Internet und kriminelle Aktivitäten durch diese Beiträge“ vorzugehen sowie im Rahmen des elektronischen Nachrichtengesetzes habe die Behörde für Informations- und Kommunikationstechnologie (BTK) die Nutzung eingeschränkt, erklärte Özdemir. Auf Twitter sorgte dies für einen Aufschrei. Jetzt versuchen Nutzer, durch VPN-Programme den Twitter-Zugang aufrechtzuerhalten.

Der Vorsitzende der größten Oppositionspartei CHP, Kemal Kilicdaroglu, kritisierte die Entscheidung scharf. „Die Palast-Regierung, die ihren Verstand verloren hat, hat die Kommunikation durch soziale Medien eingeschränkt“, schrieb er. Er rief zur Nutzung von VPN-Programmen, um weiterhin auf die Plattform zugreifen zu können. Kilicdaroglus Bündnispartner, Deva-Vorsitzender Ali Babacan und Gelecek-Vorsitzender Ahmet Davutoglu schlossen sich dem Protest an.

Opposition mit scharfer Kritik an Erdogan: „Palast-Regierung hat den Verstand verloren“

Der Journalist Fatih Altayli äußerte sich ebenfalls. „Während alle Rettungsteams zur Kommunikation Twitter nutzen, ist es eine gute Idee, Twitter abzuschalten, um oppositionelle Stimmen stummzuschalten“, schrieb er ironisch. Viele vermuten hinter dem Schritt tatsächlich das Kalkül, die Sichtbarkeit von Kritik an der Erdogan-Regierung zu bremsen. Immerhin verbreiteten sich auf der Plattform hunderte Videos von Erdbebenopfern und deren Angehörigen, die sich über die vielerorts langsame Hilfe beschwerten.

Erdogan selbst wandte sich bei seinem Besuch in der Stadt Kahramanmaras an die Bürger und bat sie, „Provokateuren keinen Boden zu bieten“. Er sprach dabei auch Journalisten an: „Ich bitte euch, denen, die Provokateuren doch einen Boden bieten, wiederum keinen Boden zu bieten.“ Dabei richtet sich der Unmut der Bevölkerung auch gegen regierungsnahe Medien, die kritische Stimmen bei Interviews vor Ort aktiv unterbinden. (bb)

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