„Frauen sind die größten Opfer des Erdbebens in der Türkei“
Auch über einen Monat nach dem Erdbeben in der Türkei fehlt es in der Katastrophenregion am Nötigsten. Vor allem für Frauen. Das zeigt ein Bericht der Opposition.
Nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei ist die Lage der Menschen weiterhin schlecht. Viele haben keine Zelte bekommen, es fehlt an Heizungen und vielen anderen lebenswichtigen Dingen. Vor allem aber Frauen haben es nach dem Erdbeben schwer. Das geht aus einem Bericht des Abgeordneten Sezgin Tanrikulu (CHP) hervor. „Die Frauen leben in überfüllten Unterkünften und sind um ihre eigene und die Sicherheit ihrer Kinder besorgt“, sagt Tanrikulu in seinem „Bericht über die Verletzung von Frauenrechten in der Türkei“.
4,1 Mio. Frauen fehlt es an ausreichender Hygienemöglichkeiten
„In der Katastrophenregion leben derzeit geschätzt 4,1 Millionen Frauen im gebärfähigem Alter“, so der Bericht von Tanrikulu. „Wegen der mangelnden Hygieneartikel gibt es in der Unglücksregion die Gefahr von Seuchen“, so der Bericht. Der Oppositionsabgeordnete bemängelt auch das Fehlen getrennter Toiletten und Waschmöglichkeiten für Frauen. Zudem gäbe es in der Gegend zu wenig Möglichkeiten der medizinischen Versorgung. Auch das Thema Sicherheit ist ein Problem. „Es ist schwierig, für die Frauen nach der Katastrophe in der Türkei und Syrien an sichere Orte zu gelangen“.
Auch sind 226.000 schwangere Frauen von dem Erdbeben betroffen. 15 Krankenhäuser in 11 Provinzen, darunter Entbindungskliniken und viele Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung, wurden durch die Erdbeben beschädigt. Etwa 25.000 Geburten sollen im April in der Erdbeben-Region stattfinden. „Eine große Zahl von Frauen und Kindern in der Erdbebenregion sind traumatisiert und benötigen psychosoziale Unterstützung. Die Frauen leben in überfüllten Unterkünften und fürchten um ihre Sicherheit und die ihrer Kinder. Auf einer Videobotschaft auf Twitter ergänzt Tanrikulu: „Das Erdbeben hat die Frauen am meisten getroffen. Sie sind die größten Opfer“.

Frauen in Erdbeben-Gebiet in blutverschmierter Kleidung
In dem Bericht wird die freiwillige Helferin Dilek D. zitiert, die ihre Eindrücke zur Lage der Frauen in Adiyaman der Deutschen Welle geschildert hat. Auch sie bestätigt die katastrophale Lage für die Frauen. „Es gibt zu wenig Medikamente. Stressbedingte Blutungen halten lange an. Seit Tagen versuchen die Frauen sogar ihre Blutungen zu stoppen, ohne dafür Unterwäsche zu haben. Es gibt die Gefahr von Entzündungen“.
Der Bericht des CHP-Abgeordneten deckt sich mit den Eindrücken der türkischen Frauenrechtsorganisation „Mor Dayanisma“ vor Ort: „Eine Woche nach dem Erdbeben hat der Bürgermeister von Samandag einen Krisenstab errichten lassen und posierte mit seinem Stab an Männern in sauberen Anzügen vor den Kameras. Zu uns kamen Frauen, die blutverschmierte Kleidung anhatten, weil sie keine Binden hatten“, schreibt Irem Kayikci in ihrem Bericht für die Organisation.