„Das ist nicht normal“: Erdogan gibt plötzlich Fehler zu – Opposition wütet dennoch
Präsident Erdogan räumt zum ersten Mal Fehler bei der Katastrophenhilfe nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei ein – und gelobt Besserung.
Adiyaman – Die Erdbebenkatastrophe in der Türkei hat offiziellen Angaben zufolge über 44.000 Menschen das Leben gekostet. Viele hätten wohl gerettet werden können, wenn die staatliche Katastrophenschutzbehörde AFAD, das Militär und auch Gendarmerie schneller reagiert hätten. Etliche Koordinierungsprobleme sollen die Rettungsmaßnahmen anscheinend behindert haben.
Nun hat erstmals Präsident Recep Tayyip Erdogan in Adiyaman Fehler nach dem Erdbeben eingeräumt und die Menschen um Vergebung gebeten. „In den ersten Tagen haben wir in Adiyaman nicht so gearbeitet, wie wir es uns gewünscht haben. Deswegen bitte ich euch um Vergebung“, sagte Erdogan in einer Pressekonferenz am Sonntag (26. Februar). Das Erdbeben sei zerstörerisch, die Wetterbedingungen schlecht und die zerstörte Infrastruktur hätten Schwierigkeiten gebracht.
Erdbeben in der Türkei: CHP fordert Rücktritt von Erdogan
Für die Opposition ist das Schuldeingeständnis nur halbherzig. „Das Resultat dieses Schuldeingeständnisses ist nicht Vergebung zu erbitten, sondern Rücktritt. Die Menschen unter den Trümmern werden euch niemals vergeben“, schrieb der Abgeordnete Seyit Torun (CHP) auf Twitter. Erst kürzlich hatte Erdogan seine Kritiker heftig beleidigt, die behaupteten keine Hilfen vom Türkischen Roten Halbmond bekommen zu haben.

„Du Sittenloser, du Ehrenloser, du Niederträchtiger, täglich bekommen rund 2,5 Millionen Menschen von Roten Halbmond Essen“: Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu (CHP) äußerte sich sarkastisch zu den Worten von Erdogan. „Erdogan, du hattest doch die Erdbebenopfer wegen des Türkischen Roten beleidigt. Was hattest du nochmal gesagt“, schrieb Kilicdaroglu auf Twitter.
Türkei: HDP wirft Erdogan Zweckentfremdung von Erdbebensteuer vor
Die pro-kurdische HDP lehnte auf Twitter die Worte von Erdogan ab und ergänzte ihre Stellungnahme mit dem Hashtag #HelalEtmiyoruz, die türkischen Worte für „wir vergeben nicht“.
„Wir vergeben nicht denjenigen,
- die Erdbebensteuer zweckentfremden
- die der Baulobby Millionen zuschieben
- die für den Tod Tausender verantwortlich sind,
- die AFAD und den Roten Halbmond als Speicher benutzen
- die Bauamnestien erlassen“,
schrieb die Oppositionspartei in ihrer Mitteilung.
Heftige Kritik bekam Erdogan auch für bei seiner Zusammenkunft mit Erdbebenopfern in Adiyaman. Dort verteilte er Geld an die Überlebenden. „Das ist nicht normal. Die Menschen wollen würdevoll behandelt werden. Sie wollen, Zelte, Wohncontainer und Heizungen“, kommentierte Ali Babacan, ehemaliger Wirtschaftsminister und heute der Vorsitzende der „Deva Partisi“, die Bilder. (Erkan Pehlivan)