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Tempolimit? FDP klammert sich an „German Autobahn“

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Von: Nadja Austel

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Energie sparen durch ein Tempolimit auf Autobahnen? Die Ukraine-Krise zwingt die Politik, andere Wege zu gehen – oder zumindest noch mal darüber zu reden.

Berlin – Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Politiker:innen von SPD und Grünen haben die FDP jedenfalls aufgefordert, ihr Veto gegen ein Tempolimit aufzugeben. „In dieser Krise sollten wir das sofort machen, es spart unmittelbar Energie ein“, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) dem Berliner Tagesspiegel vom Sonntag (10.04.2022). Er forderte, „eingefahrene Dogmen“ über Bord zu werfen. Ein Tempolimit sei dabei ein mildes Mittel, um während des Ukraine-Kriegs Energie zu sparen.

Allzu außergewöhnlich wäre diese Maßnahme allerdings gar nicht, im Gegenteil. Vielmehr ist der jetzige Zustand, also ein Land ohne festes Tempolimit auf Autobahnen, die Rarität. Nicht umsonst ist die „German Autobahn“ im Ausland bekannt. Verrückt, die Deutschen! So ganz ohne Beschränkung.

Verrückt findet die FDP nur das Limit, so scheint es. „Die Debatte um ein Tempolimit muss sofort beendet werden, denn sie lenkt von dem ab, was jetzt wirklich zu tun ist“, sagte Fraktionschef Christian Dürr dem Tagesspiegel. „Die Auswirkungen einer solchen Maßnahme auf unsere Energiereserven wären gleich null“, so die Einschätzung des Ökonoms.

FDP-Fraktionsvorsitzender Christian Dürr bei einem Pressestatement in Berlin.
Christian Dürr von der FDP äußert ganz eigenen Einschätzungen zum Tempolimit. (Archivbild) © Kay Nietfeld/dpa

Tempolimit auf Autobahnen – Wie viel Energie spart das ein?

Das Umweltbundesamt kam kürzlich zu einem anderen Ergebnis. In einer Mitteilung wies das Amt im April 2022 auf eine Studie hin, die zeigte, dass ein generelles Tempolimit von 120 Kilometern pro Stunde bereits 2 Millionen Tonnen CO₂ im Jahr einsparen würde. Dies entspricht einer Kraftstoffeinsparung von ungefähr 800 Millionen Litern pro Jahr, so der ADAC.

So forderte denn auch die stellvertretende Ministerpräsidentin Schleswig-Holsteins, Monika Heinold (Grüne), die FDP auf, „ideologische Scheuklappen“ abzulegen. „Das Tempolimit ist mehr als überfällig“, sagte sie gegenüber dem Tagesspiegel. Sie erwarte außerdem, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) das Tempolimit 130 „zur Chefsache macht“, so Heinold.

Gerechte Förderung durch Tempolimit: Pendler sollen nicht für Raser zahlen

Auch die SPD-Landesvorsitzenden von Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, Thomas Kutschaty und Thomas Losse-Müller, schlossen sich dem Appell an. „Ich kann dem normalen Pendler nicht erklären, warum er den Sprit von denen subventionieren soll, die unbedingt mit 220 Kilometern pro Stunde unterwegs sein wollen und damit mehr verbrauchen“, sagte Kutschaty, der am 15. Mai 2022 als Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in NRW antritt. „Ein rein egoistisches Freiheitsgefühl geht so auf Kosten der Allgemeinheit“, so Kutschaty in Richtung der FDP.

Losse-Müller, der am 8. Mai bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein antritt, sprach sich ebenfalls für ein Tempolimit aus. „Mit dieser Maßnahme werden wir schneller unabhängig von russischen Energieimporten“, sagte er der Zeitung. „Und gleichzeitig löst das Tempo-Limit keine wirtschaftlichen Verwerfungen in Deutschland aus.“

Die FDP hatte ein Tempolimit bereits bei den Koalitionsverhandlungen mit SPD und Grünen abgelehnt. Die Diskussion darüber ist nun im Zuge des Ukraine-Krieges und den daraus resultierenden Steigerungen bei den Energiepreisen neu entbrannt. Ob der Chef, also Herr Scholz, in der Sache ein Machtwort über die Lippen bringt, bleibt abzuwarten. (na/afp)

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