Rechtsbruch: Dänemarks Ex-Ausländerministerin muss ins Gefängnis

Dänemarks lauteste Ausländerpolitikerin, Ex-Ministerin Inger Støjberg, muss wegen Rechtsbruchs ins Gefängnis.
Kopenhagen – Die dänische Ex-Ministerin Inger Støjberg bringt ihre selbstgewählte Vorreiterrolle bei Kopenhagens harter, ausgeprägt islamophobischer Ausländerpolitik nun hinter Gitter. Ein vom Parlament eingesetztes „Reichsgericht“ hat die 48-Jährige zu zwei Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt, weil sie 2016 als Ausländerministerin vorsätzlich Recht gebrochen hat, um die Trennung sämtlicher Paare mit einem minderjährigen Teil in den dänischen Asyllagern zu erzwingen. Støjberg ließ dabei dem Urteil zufolge wiederholt klare Warnungen ihres Ministerialstabes außer Acht, wonach eine Einzelfallprüfung zwingend vorgeschrieben ist.
Gegen das überraschend harte Urteil dieses Sondergerichts für Gesetzesbrüche durch Regierungsmitglieder ist keine Berufung möglich. Der Schuldspruch mit 25 der 26 Richterstimmen für Haft ohne Bewährung schlug in Kopenhagen wie eine Bombe ein. Er dürfte weitreichende Folgen für die dänische Politik der nächsten Monate haben.
Dänische Ausländerministerin fährt harten Kurs gegen Migration aus islamischem Raum
Støjberg hat sich erfolgreich wie niemand sonst als Symbolfigur inszeniert für die sowohl rhetorisch wie handfest immer härtere Kopenhagener Linie gegenüber Flüchtlingen aus Ländern der islamischen Welt. So ließ sie 2015 syrische Flüchtlinge zur Begleichung von Kosten für die Asylverfahren auf Schmuck durchsuchen. Im folgenden Winter ordnete sie die Errichtung von Zeltlagern für Flüchtlinge an, obwohl genug Platz in leeren Gebäuden aller Art war. Sie warb für die Unterbringung abgelehnter Asylbewerber:innen auf einer verlassenen Insel, die zuletzt zur Untersuchung und Bekämpfung von Tierseuchen genutzt worden war.
Zentral bei diesen Vorhaben war stets deren lautstarke Verbreitung mit eingängig aggressiven Parolen. Zum Symbol für diese Linie machte Støjberg ein virtuelles Zählwerk auf der Internetseite des Ministeriums mit der jeweils aktuellen Zahl von ihr durchgesetzter Verschärfungen im Ausländerrecht. Als sei die Höhe der Zahl ein Erfolg in sich. Die 50. Verschärfung feierte Støjberg auf Facebook mit sich selbst als strahlender Heldin und einer Jubiläumstorte.
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In dem gleichen Stil pries sie 2016 auch ihren Kampf zur Rettung von „Kinderbräuten“ gegen erzwungene Partnerschaften mit älteren Männern aus der islamisch geprägten Welt und verkündete in einer als „Anordnung“ deklarierten Pressemitteilung deren sofortige Trennung – ohne die zwingend vorgeschriebene Einzelfallprüfung und oftmals eindeutig gegen geltendes Recht. Auch nach dem klaren, nur mit einer Gegenstimme ergangenen Urteil behielt sie diesen Stil bei: „Heute haben unsere Werte verloren. Irgendwas ist verkehrt, wenn man als älterer Mann mit einer Kindsbraut nach Dänemark kommen kann und stattdessen ich verurteilt werde.“
Über ihre politische Zukunft wollte sie sich nicht äußern. Støjberg wurde zuletzt von der über zwei Jahrzehnte für die Ausländerpolitik prägenden rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei (DVP) geradezu bekniet, deren Vorsitz zu übernehmen. Sie hat ihre vorherige Partei, die rechtsliberale Venstre, verlassen, weil die im Parlament für die Einsetzung des „Reichsgerichts“ gegen sie gestimmt hatte.
Dänemarks Regierung mit Rechtsbrüchen – Støjberg reagiert mit Trump-Rhetorik
Støjberg mit ihrer Popularität bei den für „dänische Werte“ contra Islam stehenden Wähler:innen wird als einzig mögliche Rettung der DVP vor dem endgültigen Absturz in die Bedeutungslosigkeit gehandelt. Zentraler Faktor bei den zuletzt katastrophalen Wahlergebnissen war die so gut wie komplette Übernahme der nationalkonservativen, islamophobischen Ausländeragenda durch die seit 2019 regierenden Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Mette Frederiksen.
Für Frederiksen könnte das harte Reichsgerichts-Urteil auf einem anderen Politikfeld extrem unangenehme Folgen haben: Ihre Regierung hat bei der in Angst vor einer Corona-Mutation verfügten Tötung sämtlicher 20 Millionen Zuchtnerze im Land geltendes Recht gebrochen. Die Forderung „Mette vors Reichsgericht“, schon in den vergangenen Monaten von der bürgerlichen Opposition erhoben, dürfte jetzt mit noch viel größerer Verve zu hören sein. Inger Støjberg hat bei einer Demo gegen die Nerz-Tötungen schon mal den Kammerton dafür angestimmt: „Wir müssen den Sumpf austrocknen.“ (Thomas Borchert)