Die große Ampel-Bilanz

Ein Jahr Koalition, ein Jahr Krisenmanagement: Die FR bewertet die Arbeit von Olaf Scholz und seinen Ministerinnen und Ministern.
Der Amtsantritt der Ampel-Regierung jährt sich am Donnerstag zum ersten Mal: Am 8. Dezember 2021 war Olaf Scholz zum Bundeskanzler gewählt worden; auch seine Ministerinnen und Minister wurden an diesem Tag ernannt. Die Beteiligten ziehen – wenig überraschend – eine positive Bilanz des ersten Jahres ihrer Zusammenarbeit. Und die Opposition übt sich – ebenfalls erwartbar – in Kritik an der Regierungsarbeit der vergangenen zwölf Monate.
Trotz zahlreicher Streitigkeiten betonen SPD, Grüne und FDP in der „FAZ“ die Lust auf die weitere Zusammenarbeit. Sie hätten „noch viel vor: Wir wollen Deutschland sozialer und gerechter, moderner und digitaler, wettbewerbsfähiger und klimaneutral machen“, heißt es in einem gemeinsamen Gastbeitrag der Vorsitzenden von SPD, Grünen und FDP.
- Olaf Scholz, Kanzler: Ein Getriebener der Krisen
- Annalena Baerbock, Außenministerin: Beliebt und robust
- Robert Habeck, Wirtschafts- und Klimaschutzminister: Pragmatismus als Markenzeichen
- Christian Lindner, Finanzminister Vor allem eins – dagegen
- Nancy Faeser, Innenministerin: Zivilgesellschaft hofft auf mehr Unterstützung
- Marco Buschmann, Justizminister: Freiheit, wie er sie meint
- Hubertus Heil, Arbeits- und Sozialminister Bürgergeld wird zum „Reförmchen“
- Karl Lauterbach, Gesundheitsminister: Jede Menge offene Baustellen
- Svenja Schulze, Entwicklungshilfeministerin: Doch keine Inklusion auf allen Ebenen
- Cem Özdemir, Agrarminister: Frischer Wind oder nur laues Lüftchen?
- Klara Geywitz, Ministerin für Wohnen und Bauen: Ehrgeizige Ziele, vorerst gescheitert
- Lisa Paus, Familienministerin: Gut gestartet
- Christine Lambrecht, Verteidigungsministerin: Unglückliche Figur
- Bettina Stark-Watzinger, Ministerin für Bildung und Forschung: Nachholbedarf an Schulen
- Volker Wissing, Verkehrsminister: Vorfahrt für Autos, Klima muss warten
- Steffi Lemke, Umweltministerin: Zerpflücktes Ministerium
- Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur: Arbeiten im Krisenmodus
Sie eine das übergeordnete Ziel, den gesellschaftlichen Wandel „aktiv gestalten“ zu wollen, schreiben die Pateivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil von der SPD, Ricarda Lang und Omid Nouripour von den Grünen und Christian Lindner von der FDP. Wenn Fortschritt in der Gesellschaft angenommen werden solle, dann müssten „dafür Brücken gebaut und lagerübergreifende Perspektiven eingebunden werden“. Es zeichne sie als Koalition aus, eine gemeinsame Fortschrittsperspektive aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu entwickeln.
Dagegen urteilte CDU-Chef Friedrich Merz, Deutschland werde „unter Wert regiert“. Die Koalition streite zu viel und verwende „zu wenig Zeit darauf, in der Wirtschafts- und Energiepolitik eine Wende zum Besseren hinzubekommen“, sagte er der „Rheinischen Post“. Merz fügte hinzu: „In der Schule würde man sagen, sie hat sich redlich bemüht.“
Auch die Linke-Vorsitzende Janine Wissler zog eine negative Bilanz. „Die ‚Ampel‘ beschränkt sich sehr stark darauf, an den Symptomen rumzudoktern, geht aber nicht an die Ursachen heran“, sagte sie im ARD-“Morgenmagazin“. Ein Beispiel seien „die dramatischen Preisexplosionen im Bereich von Gas und Strom“. Ein „ganz großer Kritikpunkt“ sei außerdem, „dass die ‚Ampel‘ nicht rangeht an die ganz hohen Vermögen, an die Superreichen“.
In einer aktuellen Umfrage steht die Koalition nicht besonders gut da: In der Erhebung von Insa für die „Bild“-Zeitung hat sie derzeit keine Mehrheit. Die SPD kommt hier auf 20,5 Prozent, die Grünen stehen bei 17 Prozent und die FDP erreichen sieben Prozent, wie das Blatt am Dienstag berichtete. Klar auf Platz eins liegt die Union mit 28 Prozent. Die AfD steht bei 14,5 Prozent, bei den Linken sind es fünf Prozent. Für die Erhebung waren von Samstag bis Montag 2008 Menschen befragt worden. (afp)