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Ein abgewendeter Fauxpas

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Auch auf die Straße von Formosa wirkt sich der Krieg aus

Einen Tag nach dem Eklat war das Virus zur Stelle: Nancy Pelosi, Präsidentin des US-Repräsentantenhauses, wurde am Mittwoch (Ortszeit) positiv auf Corona getestet. Anzeichen für Symptome gibt es derzeit keine, aber Pelosi hat sich sogleich isoliert – und damit die Außenpolitik der Vereinigten Staaten aus dem diplomatischen und medialen Feuer gezogen.

Denn eigentlich sollte die 82-jährige gewiefte Polit-Profi nun unterwegs nach Japan sein, mitsamt einer Delegation ihrer Demokratischen Partei. Und auf dem Reiseplan stand – steht eigentlich noch, aber jetzt auf unbestimmte Zeit verschoben – auch ein Abstecher nach Taiwan. Das hat sofort heftige Kritik aus Peking gegeben: Man würde „strenge Gegenmaßnahmen“ ergreifen, zitierte der US-Sender CNN offizielle Stellen. Wäre Pelosi doch die erste ihres politischen Ranges, die seit 25 Jahren die Insel besucht, die den Rest der Chinesischen Republik darstellt und von der Volksrepublik China als abtrünnige Provinz gesehen wird. Jeder politische Besuch aus den USA auf der Insel wird vom Festland als diplomatische Provokation aufgefasst oder als Gelegenheit genutzt, die Drohkulisse einer etwaigen auch gewaltsamen Annektion Taiwans wieder aufzubauen. Deshalb unterhalten die USA auch keine offiziellen diplomatischen Beziehungen zu Taiwan.

Den von japanischen und taiwanesischen Medien verbreiteten Abstecher wollte Pelosis Büro in Washington weder bestätigen noch dementieren.

Aktuell relevant ist das, weil seit Kriegsbeginn in der Ukraine die Augen transpazifisch oder global denkender Politiker:innen und Wissenschaftler:innen auch zur Straße von Formosa zwischen China und Taiwan gehen: Eine These, die gerade auch in Taiwan immer wieder warnend geäußert wird, besagt, dass bei einem militärischen Erfolg Putins in der Ukraine die chinesische Invasion Taiwans die logische Folge wäre.

China vollführt angesichts des Krieges gerade einen schwierigen Balanceakt: Einerseits steht es Russland wirtschaftlich und teilweise diplomatisch bei, betont andererseits seine Neutralität und primäres Interesse an einer ungestörten Weltwirtschaft.

Leitartikel Seite 11

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