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Dürfen Klimabewegte fliegen? Über eine Ablenkungsdebatte

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Von: Fabian Scheuermann

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Ein Flugzeug im Landeanflug auf den Frankfurter Flughafen.
Ein Flugzeug im Landeanflug auf den Frankfurter Flughafen. © Renate Hoyer

Die Diskussion darüber, ob Klimaaktivistinnen und -aktivisten fliegen dürfen, ist eine Ablenkungsdebatte - vor allem von Leuten, die sich im Alltag nicht viel um Klimaschutz scheren.

Darf ein Aktivist, der im September im Namen der „Letzten Generation“ in Stuttgart für mehr Klimaschutz demonstriert und dabei den Individualverkehr blockiert hat, in den Urlaub nach Asien fliegen? Noch dazu, wenn er dabei eine Gerichtsverhandlung verpasst, die ebenjene Straßenblockade zum Inhalt hat?

Es war auf jeden Fall absehbar, dass eine solche Schlagzeile im Land der Autofahrerinnen und Autofahrer in Windeseile den Volkszorn hochkochen lässt. „Klima-Kleber“ im Flugzeug! Wahlweise soll der Mann mit seiner Freundin für einen Kurzurlaub nach Bali geflogen sein („Bild“) oder für eine lange Reise nach Thailand (Stellungnahme der „Letzten Generation“).

So oder so, der scheinbare Skandal ist in der Welt: Es sei „absurd, Wasser zu predigen und Wein zu trinken“, finden etwa 94 Prozent derer, die auf dem konservativ-populistischen Portal „focus.de“ auf die, freilich wertend formulierte Frage „Wie stehen Sie zur Doppelmoral der Klimaaktivisten?“ geantwortet haben. Doch wer regt sich da eigentlich auf? Wohl kaum jene, die sowieso schon kaum Fleisch essen oder fast nur mit dem Zug unterwegs sind. Nein, Schaum vorm Mund haben nun wohl vor allem jene, die eben nicht darauf verzichten wollen, am Wochenende mit ihrem SUV von der Schotter-Einfahrt ihres Einfamilienhäuschens zur nahegelegenen Bäckereifiliale zu fahren.

Dabei sind es solche komplett unnötigen alltäglichen Umweltsünden, die die meisten Klimaaktivistinnen und -aktivisten mit ihren Aktionen im Kern kritisieren. Klar: Wem die Zukunft der Erde am Herzen liegt, sollte nicht von Frankfurt nach Amsterdam fliegen, denn diese Strecke kann man auch in vier Stunden mit der Bahn zurücklegen. Wer aber nach Thailand will, nach Südamerika oder Subsahara-Afrika, muss fliegen. Und im Ernst: Eine Welt ohne in realen Erfahrungswelten wurzelndem internationalen Austausch – das kann doch gerade in Zeiten der großen Klimakrise niemand wollen.

(Dieser Artikel ist Teil einer Pro-und-Kontra-Betrachtung zum Thema. Eine ganz andere Meinung aus der FR-Redaktion findet sich hier.)

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