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Dürfen Klimabewegte fliegen? Über ein klassisches Eigentor

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Von: Tatjana Coerschulte

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Der Fluglärm in Flörsheim ist laut Anwohnenden fast so laut wie vor Corona.
Der Fluglärm in Flörsheim ist laut Anwohnenden fast so laut wie vor Corona. © Monika Müller

Wer sich auf der Straße festklebt, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren, sollte sich nicht im nächsten Moment in den Flieger nach Thailand setzen - das schadet der Authentizität.

Es gibt einige kluge Sprichwörter, die den Effekt beschreiben, den die „Letzte Generation“ gerade erlebt. Nachdem aufgeflogen ist, dass zwei, die wegen einer Straßenblockade vor Gericht erscheinen sollten, stattdessen per Langstreckenflug nach Thailand gereist sind, ist die Häme groß. Alle, die von auf Asphalt klebenden Händen und mit Kartoffelbrei beworfenen Bildern genervt sind, biegen sich vor Lachen.

Deren Schadenfreude wird die „Letzte Generation“ schon aushalten müssen – der Thailand-Flug ist einfach ein Eigentor. Sicherlich, der ökologische Fußabdruck fällt kleiner aus, wenn man fliegt, um anschließend etliche Wochen vor Ort zu bleiben, wie das bei dem Stuttgarter Paar der Fall sein soll. Aber einerseits Flughäfen wie in Berlin blockieren, um auf schädliche Emissionen aufmerksam zu machen und andererseits das geschmähte Verkehrsmittel dann selbst nutzen – das ist ein Widerspruch. Er zeigt im Übrigen, dass es offenbar doch nicht ganz so leicht ist, unsere hochtourige westliche Lebensweise herunterzuregeln, wie manche Klima-Aktive es darstellen.

Wer von anderen individuellen Verzicht zugunsten des Klimas fordert und ultimativ erwartet, dass dem Klimaschutz abträglicher Lifestyle aufgegeben wird, der wirkt überzeugender, wenn er selbst auch danach handelt. Und selbst wenn das Gericht das Fernbleiben der beiden Geladenen nicht beanstandet hat, wäre es nur konsequent gewesen, den Termin wahrzunehmen und damit die rechtsstaatlichen Folgen des eigenen Handelns ernst zu nehmen.

Denn sonst könnte leicht der Eindruck entstehen, dass Klima-Blockaden nicht etwa Ausdruck einer Lebenseinstellung sind, sondern nur eine andere Form von Lifestyle, welche der privaten Terminplanung angepasst wird. Und schon klingt es wieder im Ohr, das Sprichwort über jene, die den Schaden haben und für den Spott nicht mehr sorgen müssen.

(Dieser Artikel ist Teil einer Pro-und-Kontra-Betrachtung zum Thema. Eine ganz andere Meinung aus der FR-Redaktion findet sich hier.)

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