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Kurz vor Machtübergabe an Joe Biden
Donald Trump mit bizarrem Statement: „Werde jeden begnadigen, der jemals mit mir gesprochen hat“
- vonMirko Schmidschließen
US-Präsident Donald Trump steht im Begriff, seine Liste von Begnadigungen in seinem Umfeld abzuarbeiten. Diese scheint laut einem durchgestochenem Zitat unverhältnismäßig lang zu sein.
- Donald Trump arbeitet vor dem Ende seiner Amtszeit eine Liste von Begnadigungen ab.
- Der US-Präsident soll sich dabei vor allem auf Freunde, Geschäftspartner und Familienmitglieder konzentrieren.
- Alle Informationen rund um den abgewählte Präsidenten der USA finden sie in den Trump News.
Update vom Dienstag, 08.12.2020, 14.55 Uhr: Donald Trump: Scheidender Präsident, Milliardär, und, nimmt man ihn beim Wort: Oberster Richter der USA, dessen Mildtätigkeit keine Grenzen kennt. Ende November begnadigte er den ehemaligen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn, eine Schlüsselfigur in der Russland-Affäre, der im Januar sein ursprüngliches Schuldgeständnis zurücknahm und seine Kooperation mit dem FBI widerrief.
Jetzt sollen noch viel mehr Menschen durch Trump Begnadigung vor einer Strafverfolgung geschützt werden – nämlich alle, die jemals mit dem abgewählten Präsidenten gesprochen haben. Mit dieser bizarren Äußerung zitiert ihn ein Berater gegenüber dem US-Medium „Axios“.
“Trump has also interrupted conversations to spontaneously suggest that he add the person he's speaking with to his pardon list. One source felt awkward because potus was clearly trying to be helpful but the adviser didn't believe they had committed crimes https://t.co/ZNL3MRYAKZ
— Jonathan Swan (@jonathanvswan) December 8, 2020
Diese „Weihnachtsgeschenke“ plant Donald Trump der Quelle zufolge vorsorglich, um die Regierung des kommenden Präsidenten Joe Biden daran zu hindern, dann ehemalige Mitarbeitende in Trumps Team strafrechtlich zu verfolgen. Dass das nötig ist, bestreiten einige der betroffene Personen gegenüber dem Berater selbst. Eine Begnadigung könnte in vielen Fällen sogar rufschädigend wirken, impliziert sie doch, die begnadigte Person stünde bereits im Fokus behördlicher Ermittlungen. Das Weiße Haus kommentierte das durchgestochene Zitat gegenüber „Axios“ nicht.
Donald Trump und die Begnadigungen: Bürgerrechtsinitiativen erheben Forderungen
Erstmeldung vom Montag, 07.12.2020, 21.36 Uhr: Washington, D.C. - Die nächste Welle der Begnadigungen, die Donald Trump auf der Zielgeraden seiner Präsidentschaft plant, rollt an. Nachdem Trump zuletzt seinen ehemaligen Sicherheitsberater Michael Flynn, der zugegeben hatte das FBI im Zuge der Russlandermittlungen belogen zu haben, begnadigte hatte, steht der amtierende US-Präsident offenbar davor, seine Liste weiter abzuarbeiten.
US-Präsident Donald Trump plant Begnadigungen für Freunde und Familie
Nicht weniger als 20 Vertraute soll Donald Trump auf seinem Spickzettel stehen haben, das Internetmagazin „The Daily Beast“ nennt Namen wie Paul Manafort. Der ehemalige Wahlkampfchef Trumps war wegen Vermögensdelikten verurteilt worden und konnte einer weiteren Verurteilung bisher entgehen, indem er den Strafbehörden eine Zusammenarbeit ins Aussicht gestellt hatte.
Das Internetmagazin berichtet auch, dass die Vorbereitungen für die ausstehenden Begnadigungen durch Donald Trump seit geraumer Zeit laufen und dass ein hochrangiges Mitglied der Trump-Administration bestätigt, dass die Anwälte des Weißen Hauses mit Begnadigungs-Anfragen „überflutet“ worden seien.
Viele der Anfragen sollen politisch und parteiisch motiviert gewesen sein. Doch nicht nur politische Anfragen gehen gemäß der Informationen des „Daily Beast“ ein. Unter den Gesuchen sind auch jene von Drogenkonsumenten und langjährigen Insassen der Bundesgefängnisse, die unter rauen Umständen aufgewachsen waren und ihr Leben größtenteils hinter Gittern verbracht haben.
Stephen Moore befürchtet, dass Donald Trump kein Auge für Begnadigungen außerhalb seines Zirkels hat
Einer dieser Gefängnisinsassen ist Mitchell Rutledge. Der Strafgefangene aus Alabama, der im Alter von 21 Jahren wegen Mordes verurteilt worden war, soll sich im Gefängnis hervorragend resozialisiert haben. Er produziert unter anderem Videos für Kinder, um diese von Straftaten abzuhalten. Auf die Begnadigung Rutledges, Hauptfigur des Buches „Death on Hold: A Prisoner‘s Desperate Prayer and the Unlikely Family Who Became God‘s Answer“, soll vor allem Stephen Moore, ein Wirtschaftsberater von Donald Trump, drängen.
Death on Hold: A Prisoner’s Desperate Prayer and the Unlikely Family Who Became God’s Answer https://t.co/95LoTERIcZ #anita_folsom #burton_w_folsom pic.twitter.com/HZvwAkdZZB
— FaithfulNews (@faithfulnews) September 16, 2019
Doch Stephen Moores Hoffnungen schwinden. Der ehemalige „Wall Street Journal“-Redakteur zeigt sich gegenüber „The Daily Beast“ als „ein wenig besorgt“ darüber, dass Begnadigungen von Menschen außerhalb des direkten Umfeldes von Donald Trump „verdrängt werden könnten“, schließlich sei der scheidende Präsident zu sehr mit sich, seiner Familie und seinem Kampf gegen die Integrität der US-Wahlen beschäftigt.
Initiativen werfen Donald Trump vor, nur für diejenigen ein Ohr zu haben, die ihn laut und oft genug loben
Wie eng die Gnade des Donald Trump und weihevolle Worte für den verzweifelt gegen seine Wahlniederlage kämpfenden Präsidenten miteinander verknüpft sind, zeigt der Fall Michael Flynn. Weniger als eine Woche nach seiner Begnadigung bestärkte Flynn seinen ehemaligen Chef in dessen an den Haaren herbeigezogener Sicht, seine Wiederwahl durch Joe Biden und die Demokraten „gestohlen“ bekommen zu haben. Der frisch begnadigte ehemalige Offizier brachte eine Petition in Umlauf, in der Trump dazu aufgefordert wird, das Kriegsrecht zu erklären und Bidens Sieg auf diesem Wege rückgängig zu machen.
Volkgruppe | Inhaftierte in den USA je 100.000 Einwohner |
Schwarz | 1.510 |
Hispanisch | 797 |
Weiß | 268 |
Quelle: | Statista / US-Justizministerium (April 2020) |
Für weniger prominente Menschen als Michael Flynn und Paul Manafort ist es ungleich schwerer, in den Genuss einer Begnadigung durch Donald Trump zu kommen. Ein Reformanwalt, der für eine der unzähligen Initiativen in den USA arbeitet, die sich für die Reduzierung der Massenhaft, gerade von Schwarzen, die wegen geringfügiger Drogendelikte einsitzen, stark machen, bringt es auf den Punkt: „Es ist allgemein bekannt, dass sie nicht zu bestimmten Treffen eingeladen werden, wenn Sie Trump im Vorfeld nicht oft und laut genug öffentlich gelobt haben.“
Bürgerrechtlerin legt Donald Trump eine Liste von 30 Personen vor, die eine Begnadigung verdienen
Die durch Donald Trump selbst und infolge enormen öffentlichen Drucks - unter anderem hatte Kim Kardashian vehement dafür geworben - 2018 begnadigte Alice Johnson, eine vehemente Verfechterin von Strafrechtsreformen, welche soziale Ungleichheit ausgleichen sollen, traf Donald Trump laut Informationen des Magazins „The Daily Beast“ am 20. November für rund 30 Minuten. Sie legte ihm eine Liste von rund 30 verurteilten Menschen vor, von denen sie sagt, dass diese „alle über hervorragende Rehabilitations- und Gefängnisaufzeichnungen verfügen und keiner von ihnen eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellt.“
Kim Kardashian brought Alice Johnson's case to the attention of President Trump. He took time to meet with her and study the merits of her request, then took action to free Alice. Kim K can't free anyone, she needed POTUS to do that.
— Pamela Version 2.020 ♜☄️ (@Timpanist) February 3, 2020
Donald Trump, sagt Alice Johnson, habe Nachfragen gestellt und seine „Besorgnis“ und „Aufnahmefähigkeit“ zu Ausdruck gebracht. Sie beteuert, dass sie davon überzeugt sei, dass Trump bereit sei, noch in diesem Jahren Milde walten zu lassen: „Wir sind dabei, Pakete für mindestens 100 weitere inhaftierte Personen zu überprüfen und zusammenzustellen“, berichtet die Bürgerrechtlerin. „Wir arbeiten gerade in Warp-Geschwindigkeit, um so viele wie möglich so schnell wie möglich durchzubringen.“
Rechtsgelehrte aus dem Umfeld der Demokraten hoffen auf Donald Trump
Und auch der prominente Reformanwalt Jason Flom, ein Anhänger und Großspender der Demokraten, zeigte sich am Donnerstag (3.12.2020) in einem Interview hoffungsvoll: „Dies ist eines der wenigen Probleme, bei denen es eine echte Übereinstimmung zwischen der Linken und der Rechten gibt. Und ich hoffe, dass Donald Trump einer beträchtliche Anzahl von Inhaftierten Gnade gewähren wird, bevor er sein Amt verlässt. Auch weil es konservative Gruppen gibt, die sich neben anderen Organisationen dafür einsetzen.“
So proud of you!!!! @AliceMarieFree https://t.co/JxP200jo5H
— Kim Kardashian West (@KimKardashian) February 3, 2020
Im Mittelpunkt der Hoffnungen stehen vor allem Schwarze, die wegen Drogendelikten teilweise unverhältnismäßig lange Haftstrafen absitzen müssen. Das amerikanische Strafrecht sieht in vielen Bundesstaaten die „Three Strikes Out“-Regel vor, wonach eine dritte Verurteilung automatisch zu einer lebenslangen Haft führt. Während einige Bundesstaaten die Schwere der ersten beiden Verurteilungen zugrunde liegenden Straftaten unterscheiden und die „Three Strikes Out“-Regel nur dann greift, wenn die ersten beiden Verurteilungen auf Grundlage von Gewaltverbrechen erfolgten, sind die Gründe für die ersten beiden Verurteilungen in anderen Bundesstaaten unerheblich. Das sorgt dafür, dass viele Drogenkonsumenten und Kleindealer für Drogendelikte lebenslänglich einsitzen, davon exponentiell viele sozial Schwache und Schwarze Menschen.
Die von Donald Trump begnadigte Alice Johnson kämpft für die Begnadigung von Schwarzen
Auch Alice Johnson saß wegen der Beteiligung am Handel mit Kokain lebenslänglich ein, bevor sie von Donald Trump begnadigt wurde. Sie sagt: „Ich würde gerne sehen, wie Familien ihre Lieben wieder in Freiheit bei sich haben. Ich denke, das wäre ein wunderschönes Weihnachtsgeschenk. Meine Mutter hat mich während ich inhaftiert immer, egal wann sie mich besucht hat, gefragt: ‚Glaubst du, du wirst zu Weihnachten zu Hause sein?‘ Meine Mutter hat nie aufgehört, zu hoffen, zu beten und zu glauben, dass ich nach Hause kommen würde. Obwohl sie wusste, dass ich eine lebenslange Haftstrafe verbüße, sie hat das nie akzeptiert. Sie starb 2013, bevor ich mein erstes Weihnachtsfest nach meiner Inhaftierung mit meiner Familie verbringen durfte. Ich wünschte, sie hätte es erlebt.“ (Mirko Schmid)
Rubriklistenbild: © Brendan Smialowski/AFP