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Die Kluft verkleinern

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Münster, August 2021: Nicht gerade ein überzeugendes Argument für einen Job in der Politik.
Münster, August 2021: Nicht gerade ein überzeugendes Argument für einen Job in der Politik. © IMAGO IMAGES

Prominente Gäste suchen bei einem Kongress in Frankfurt nach Wegen, um mehr Menschen für ein Engagement in der Politik zu begeistern. Von Alina Hanss.

Politiker:innen haben heute mit vielen Herausforderungen zu kämpfen. Anfeindungen, Bedrohungen und nicht zuletzt das schwindende Vertrauen der Menschen in Institutionen und Parteien machen den Beruf für viele zunehmend unattraktiv. Schon auf kommunaler Ebene fehlen Interessierte, die für ein Amt kandidieren wollen und bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Besonders junge Menschen fühlen sich nicht mehr repräsentiert, wenden sich ab.

Für dieses Problem wurde am Wochenende in Frankfurt versucht, eine Lösung zu finden. Unter dem Motto „Mehrheit. Macht. Mut. Nur wer mitmacht kann verändern“ veranstaltete die gemeinnützige Hertie-Stiftung in der Paulskirche und auf dem Gelände der Universität mit Gästen aus Wissenschaft und Politik einen Kongress.

Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) diskutierte mit Ana-Maria Trasnea (SPD), der 28-jährigen Staatssekretärin aus der Staatskanzlei in Berlin. Es ging um den Blick zweier Generationen auf den Beruf in der Politik, und dabei wurden auch Versäumnisse und Fehler nicht ausgelassen. Die Jugendorganisationen der Parteien kamen ebenfalls zu Wort, um über ihren Einfluss auf junge Menschen und die Wahlbeteiligung zu sprechen. In einem der Workshops diskutierten die Bundestagsabgeordneten Armand Zorn (SPD) und Kassem Taher Saleh (Grüne) zusammen mit der Digitalpolitikerin Ann Cathrin Riedel (FDP) über die wachsende Kluft zwischen Zivilgesellschaft und der Politik im Parlament.

Immer mehr junge Menschen engagierten sich für die Gesellschaft, auch über einen längeren Zeitraum hinweg, so der Tenor. Jetzt sei es Aufgabe der Entscheidungsträger:innen und der Parteien, den Übergang hin zu politischem Engagement zu ebnen.

Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) war zu Gast. Auf dem Campus Westend der Goethe-Universität hatten sich bereits Impfgegner:innen positioniert, die lautstark den sofortigen Rücktritt des Gesundheitsministers forderten. Am Rande der Konferenz bestätigte er erneut die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Corona-Welle mit hohen Infektionszahlen im Herbst. Die Entwicklungen rund um die Omikron-Subvariante BA.5 gäben Anlass zur Sorge, sagte Lauterbach. Die Ergebnisse des Sachverständigenrats, der am Freitag ein Gutachten über die Wirksamkeit der bisherigen Corona-Politik vorgelegt hatte, relativierte Lauterbach aufgrund der schlechten Datenlage.

Das Zusammenspiel zwischen Wissenschaft und Politik war auch Thema der Podiumsdiskussion mit dem Gesundheitsminister. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse müssten schneller im politischen Betrieb aufgegriffen werden und Beachtung finden, sagte Lauterbach. Das betreffe nicht nur die Corona-Pandemie, sondern auch den Klimawandel. „Als Minister bin ich mehr Politiker als Wissenschaftler.“ Die Wissenschaft vorrangig hinter sich zu lassen und in die aktive Politik zu gehen, war für Lauterbach die richtige Entscheidung: „Man kann so viel mehr erreichen, wenn man politisch aktiv ist, als wenn man immer nur berät.“

Weil eine politische Entscheidung aus Kompromissen bestehe, sei es dennoch nicht immer möglich, Politik gemäß der wissenschaftlichen Studienlage zu machen. „Als wir damals den Genesenenstatus auf drei Monate verkürzt haben, mussten wir von allen Seiten viel Kritik einstecken. Dass die damalige Entscheidung allerdings der Studienlage entsprach, war allgemein noch nicht bekannt. Der wissenschaftliche Diskurs ist zeitweise dem gesellschaftlichen voraus. Bis heute hat sich niemand für diese Kritik entschuldigt“, sagte Lauterbach.

Den Beruf der Politikerin oder des Politikers würde Lauterbach dennoch allen empfehlen, „die eine Idee oder eine Vision der Zukunft haben“. Der Politikbetrieb sei vor allem auf junge Leute angewiesen. „Aber ansonsten ist es auch nur ein Beruf wie jeder andere.“

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