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Deutschlandticket für 49 Euro: Für viele zu teuer

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Von: Daniel Roßbach

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Für öffentliche Verkehrsmittel von Bussen bis zu Regionalzügen gibt es jetzt in Deutschland erstmals dauerhaft ein bundesweites Abo.
Für öffentliche Verkehrsmittel von Bussen bis zu Regionalzügen gibt es jetzt in Deutschland erstmals dauerhaft ein bundesweites Abo. © Julian Stratenschulte/dpa

Das „Deutschlandticket“ als Nachfolge des Neun-Euro-Tickets startet zum 1. Mai. Sein Preis macht es fraglich, ob damit wirklich ein Umschwung zugunsten des Klimas gelingt.

Ein Ticket zur (fast) unbegrenzten Nutzung des öffentlichen Nah- und Regionalverkehrs, für neun Euro für einen Monat. Dieses Sonderticket, das es im vergangenen Sommer gab, war ein (in Deutschland) neuer Ansatz, es Menschen zu erleichtern oder zu ermöglichen, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Und quasi sofort stellte sich mit seiner Einführung auch die Frage, wie dieser Ansatz über die drei Monate des Neun-Euro-Tickets hinaus weiterverfolgt werden könnte. Eigentlich sollte ein Nachfolge-Angebot in Form des sogenannten Deutschlandtickets schon zum Jahresbeginn erhältlich sein. Doch die politische Diskussion darüber, vor allem der Streit zwischen Bund und Ländern über die Finanzierung, dauerte länger, sodass das Ticket nun im Mai an den Start geht.

Ausgangspunkt für die Einführung des Neun-Euro-Tickets war nicht primär der Versuch gewesen, damit Weichen für die Verkehrswende zu stellen, sondern vor dem Hintergrund des Kriegs gegen die Ukraine und steigender Lebenshaltungskosten etwa Pendler:innen finanziell zu entlasten. Das Angebot hat aber auch dafür gesorgt, dass deutlich mehr Menschen die Öffentlichen genutzt haben. „Die Nachfrage nach dem Neun-Euro-Ticket hat gezeigt, dass die Menschen in Deutschland nicht nur Auto fahren möchten“, konstatiert eine Studie zu Mobilitätsdaten in Hessen zu den Auswirkungen dieses Sonder-Tickets, die das hessische Verkehrsministerium in Auftrag gegeben hatte. Insgesamt wurde das Ticket monatlich im Schnitt mehr als 38 Millionen Mal verkauft.

Attraktivität von Bus und Bahn hängt nicht nur von Preisen ab

Allerdings gibt es auch Hemmschwellen für die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel, an denen auch dieses noch viel günstigere Ticket nichts ändern kann. „Den größten Erfolg würde das Ticket im Zusammenspiel mit einer Angebotsverbesserung erzielen“, heißt es in der Studie. In anderen Worten: Wenn es kein (ausreichend attraktives) Angebot auf den benötigten Strecken gibt, bleibt auch der Nutzen günstiger und übersichtlicher Ticket-Angebote begrenzt.

Zudem meldeten Verkehrsbetriebe und Beschäftigte im vergangenen Jahr, dass der Betrieb mit deutlich mehr Nachfrage durch den geringen Preis, aber ohne Verbesserung der materiellen und personellen Ausstattung der ÖPNV-Anbieter nicht dauerhaft zu stemmen sei. Trotzdem sagte Martin Burkert, stellvertretender Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG, im vergangenen Jahr, das Neun-Euro-Ticket habe zwar Schattenseiten wie die hohe Belastung gehabt, sei aber „der richtige Weg“.

Aus der hessischen Studie auf Basis von Telefonbefragungen ergibt sich auch, dass etwas mehr als die Hälfte der Menschen schon das Neun-Euro-Ticket nicht in Anspruch genommen haben. Wie groß ist also das Potenzial für Nutzende eines „Deutschlandtickets“ für den fünfmal so hohen Preis, gerade unter denjenigen, die bisher das Auto öffentlichen Verkehrsmittel vorziehen?

49-Euro-Ticket ist teurer als Verkehrs-Budget im Bürgergeld

Der Untersuchung zufolge wurde das Neun-Euro-Ticket von Menschen in verschiedenen ökonomischen Schichten etwa gleich häufig in Anspruch genommen, von Menschen mit niedrigem Einkommen noch etwas häufiger als von wohlhabenderen. Auch viele wirtschaftlich schlechter gestellte Menschen konnten sich dieses Ticket also leisten. Und der Preisunterschied von 40 Euro monatlich ist für diese Menschen besonders spürbar. Das macht Sozialtickets mit günstigeren Preisen nötig, wie sie in manchen Bundesländern eingeführt werden oder geplant sind. Der angestrebten bundesweiten Einheitlichkeit entspricht das aber nicht, und umgesetzt werden solche Pläne später als die Einigung auf das Deutschlandticket selbst zustande kam.

Aber auch insgesamt stößt ein Preis von 49 Euro für ein solches Ticket mindestens an die Akzeptanzgrenze vieler Menschen. In der bereits zitierten Umfrage aus Hessen gaben 49 Prozent der Befragten an, dass Preise bis zu 50 Euro für einen Neun-Euro-Ticket-Nachfolger zu hoch sind. Einen Preis von 40 bis 50 Euro schätzten 18 Prozent als guten Preis ein, weitere acht Prozent sagten das auch bei noch höheren Preisen. 47 Prozent halten einen Preis bis 30 Euro für gut, nur 20 Prozent auch das für zu teuer.

Andere Länder haben umfangreicheres KlimaTicket oder kostenloses Angebot

Die Studie kritisiert die Kosten des Angebots auch unter sozialen Gesichtspunkten. Für „die Hälfte der finanziell schlechter gestellten Befragten ist bereits ein Preis von 41 Euro zu teuer“, heißt es darin. Sie hielten demnach im Mittel 20 Euro für einen guten Preis. Dass der Preis zu hoch liegt, als dass das Ticket universelle Teilnahme garantieren könnte, zeigt auch ein Vergleich mit der Budget-Berechnung, die dem „Bürgergeld“ zugrunde liegt. Darin sind für alle Verkehrsausgaben nur 40 Euro eingeplant.

Ein geringerer Preis für die Nutzenden würde natürlich bedeuten, dass Bund, Länder und Kommunen, die sich schon auf die Finanzierung des jetzigen Angebots von drei Milliarden nur schwer einigen konnten, mehr Geld für das Angebot hätten aufwenden müssen. Der Preis dafür das nicht zu tun, liegt in weniger Nutzung, Teilhabe und Effekt.

Wie dieser Weg zumindest auf der Angebotsseite noch weiter gegangen werden kann, zeigen einige andere Länder in Europa: In Österreich gibt es ein „KlimaTicket“, das mit 1095 Euro pro Jahr zwar teurer als das „Deutschlandticket“ ist, aber alle öffentlichen Verkehrsmittel inklusive des Fernverkehrs einschließt. Das kleine Land Luxemburg hat sogar den gesamten öffentlichen Verkehr kostenlos gemacht, ebenso wie manche Städte, etwa Estlands Hauptstadt Tallinn.

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