Algerischer Exil-Aktivist: „Der Wille ist ungebrochen“

Der algerischer Exil-Aktivist Salah Ayoub in Berlin über den politischen Widerstand aus der Ferne.
FR: Herr Ayoub, Sie protestieren seit vier Jahren mit anderen Exil-Algerier:innen jeden Sonntag in Berlin. Was wollen Sie erreichen?
Ja, ich stand letzten Sonntag das 208. Mal in Folge dort, gemeinsam mit einigen Mitstreitern. Es ist erstaunlich, dass der Wille der Algerierinnen und Algerier nach wie vor ungebrochen ist. Sie wollen einen politischen Wandel hin zu einem freien und demokratischen Land. Aber hier in Deutschland wird das kaum wahrgenommen. Es interessiert niemanden, anders als etwa die Proteste im Iran. Das möchte ich ändern. Unsere Welt sieht nicht gut aus – das ist umso mehr ein Grund, sich zu engagieren. Wie lange werden wir in Deutschland noch die Freiheiten haben, auf die Straße zu gehen und unsere Meinung zu sagen? Engagement ist so wichtig, damit Frieden herrscht in der Welt. Unsere Botschaft an die Algerier in der Heimat: Gebt die Hoffnung nicht auf.
Welche Rolle spielt die Diaspora für die Protestbewegung Hirak?
Eine enorm wichtige! Wir haben das Glück, dass wir in Europa unsere Meinung frei äußern können, anders als unsere Brüder und Schwestern in Algerien. Die meisten Aktivistinnen und Aktivisten dort sind verhaftet worden oder geflohen. Wir Diaspora-Algerier sind die einzige Hoffnung für die Revolution. Deshalb gibt es überall lokale Gruppen wie unsere, die die Revolution weitertragen. Seit Sommer vergangenen Jahres existieren in 14 Ländern Ableger des Hirak, darunter auch in Kanada und den USA. Wir arbeiten daran, uns besser zu vernetzen und dem Erbe der Revolution eine Plattform zu geben. In Paris ist für den 19. Februar eine große Demonstration geplant. Es werden rund 20 000 Exil-Algerier erwartet. Ich werde auch vor Ort sein. Ich bin gespannt, ob die Presse wenigstens darüber berichtet, denn bislang war es selbst in den französischen Medien sehr still, wenn es um die algerischen Demokratie-Aktivisten geht.
Inwiefern hat Ihr Engagement Ihr Leben verändert?
Der Preis, den wir zahlen, ist hoch: Ich darf vielleicht nicht mehr zurück. In Algerien würde ich sofort verhaftet werden. Es gibt viele Fälle von Menschen, denen der Reisepass entzogen wurde, sodass sie nicht mehr ins Ausland reisen können – selbst wenn sie in Europa leben. Die algerischen Geheimdienste sind sehr brutal. Die Angst geht um, auch hier in der Diaspora.
Interview: Elisa Rheinheimer