Der andere Zionismus

Der Dokumentarfilm „Wir sind alle deutsche Juden“ rund um Daniel Cohn-Bendit ist eine zeitgemäße Liebeserklärung an das Judentum.
Einen solchen Film kann es wohl nur geben, da es Daniel Cohn-Bendit gibt. „Wir sind alle deutsche Juden“ ist seine Suche – die eines der wenigen wirklich großen Zeugen der Zeitgeschichte nach seiner jüdischen Identität. In seiner Familiengeschichte, in seinen Begegnungen mit ihm wichtigen Menschen, in solchen mit Menschen, die ihm vertraut waren und fremd wurden, und auch in denen mit fremden Menschen, die ihm vertraut werden. Kurz gesagt: pure Magie als Film.
Cohn-Bendits Bruder lässt sich von niemandem ein Etikett aufkleben. Jude? Nein, ist er nicht. Weil er es nicht sein will. Friedensaktivist Ofer Bronstein ist ein Jude und er ist stolz, weil er so unendlich viele Kulturen in sich vereint. Da ist die religiöse Siedlerin mit einem wunderbar derben politischen Humor; die orthodoxe Moderedakteurin, die mit „Dany le rouge“ flirtet; da sind eine aus Frankreich geflohene Lehrerin und ein Lehrer, die schockiert vom Antisemitismus waren und nun schockiert sind von der plötzlichen Freiheit; die migrantischen Schülerinnen, die sich unter Tränen ein Zuhause in Israel wünschen, was ihnen aus schierer Bösartigkeit verweigert wird; die liberale Rabbinerin; der gewitzte palästinensische Stadtplaner ...
Daniel Cohn-Bendits Israel ist ein unfassbar buntes Panoptikum an Möglichkeiten, das nur faszinieren kann. Doch immer trägt der Protagonist auch die Trauer ob der Shoah und den Widerstandsgeist derer, die Totalitarismus nicht akzeptieren, in sich. Und so sagt man dann klaren Geistes und reinen Herzens gemeinsam der Realität Israels Ade. Um die Idee vom Judentum zu leben. Lachaim!
Der Film scheint ab und zu in Mediatheken der ARD zugänglich.