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Denkzettel für Sunak

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Von: Sebastian Borger

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Labour-Chef Keir Starmer sieht sich nach den lokalen Wahlerfolgen schon auf dem Weg in die Downing Street. Gareth Fuller/dpa
Labour-Chef Keir Starmer sieht sich nach den lokalen Wahlerfolgen schon auf dem Weg in die Downing Street. © Gareth Fuller/dpa

Die englische Kommunalwahl lässt die Partei Labour und kleine Parteien hoffen. Premierminister Rishi Sunak könnte unter Druck des rechten Flügels geraten.

Im Schatten der Krönungsfeiern für König Charles III. und seine Gattin Camilla rückte am Wochenende die Nachlese der englischen Kommunalwahlen vom Donnerstag in den Hintergrund. In dieser Woche aber dürfte Premierminister Rishi Sunak nach der schweren Schlappe für seine Konservativen unter Druck des rechten Flügels geraten. Oppositionsführer Keir Starmer sehe sich „auf dem Weg in die Downing Street“, versuchten Propagandist:innen der Labour Party den Brit:innen einzureden. Ganz so eindeutig sei das Ergebnis aber nicht, sagen die Demoskopen.

An der Niederlage der Regierungspartei gab es nichts zu deuteln. Die Konservativen verloren 1058 Kommunalmandate, beinahe ein Drittel der bisherigen Anzahl, und die Mehrheit in mehr als der Hälfte der 81 Kommunalregierungen, die sie bisher kontrollierten. Die Gewinne verteilten sich auf Labour (plus 536 Mandate), Liberaldemokraten (405) und Grüne (241). Die Ökopartei kontrolliert in der tiefkonservativen Grafschaft Suffolk erstmals eine Bezirksregierung. Einer BBC-Projektion zufolge erzielte Labour 35 Prozent, die Torys 26, die Liberalen 20 Prozent.

Premier Sunak sprach von einem „enttäuschenden Ergebnis“. Schon wetzen innerparteiliche Gegner:innen die Messer. Lord Peter Cruddas, von Ex-Premier Boris Johnson ins Oberhaus befördert, ruft am kommenden Wochenende die von ihm finanzierte Grasroots-Organisation CDO zusammen. Ansprachen werden Vertreter:innen des harten rechten Parteiflügels wie Ex-Ministerin Priti Patel halten. Veteran John Redwood mahnte zu Steuersenkungen, wie sie Kurzzeit-Premierministerin Liz Truss im Herbst angekündigt hatte, woraufhin die Finanzmärkte britische Staatsanleihen mit einer „Idioten-Zulage“ belegten.

Im Londoner Speckgürtel, seit vielen Jahren sicheres Tory-Territorium, gab es klare Anzeichen dafür, dass die Wählerschaft der angestrebten Abkehr von den Konservativen alle parteipolitischen Überlegungen unterordnet, wozu das britische Mehrheitswahlrecht sie zwingt.

In Bracknell Forest westlich der Hauptstadt gaben zwar 46 Prozent der Wähler:innen den Torys ihre Stimme, mehr als doppelt so viele wie jeweils Labour oder Liberaldemokraten wählten, von den Grünen ganz zu schweigen. Weil aber in vielen Wahlbezirken die Menschen taktisch ihre Stimmen auf den oder die jeweils bestplatzierte Kandidaten oder Kandidatin der Opposition vereinten, lag Labour mit 22 Sitzen vor den Torys (10) und den Lib-Dems (7).

Schon sprechen die stets zu Spekulationen aufgelegten britischen Medien vom sogenannten „hung Parliament“, also einem Unterhaus, in dem keine Partei die absolute Mehrheit hat. Die Demoskopen warnen aber davor, kommunale Ergebnisse auf eine landesweite Parlamentswahl zu übertragen. „Kommunalwahlen sind genau das“, schreiben die altgedienten Politik-Experten Colin Rallings und Michael Thrasher vom Nuffield College in Oxford. Die lokalen Urnengänge dienten oft als Denkzettel für die Regierungspartei, meint auch Politikprofessor Tony Travers von der Londoner School of Economics.

Das hinderte die kleineren Parteien nicht daran, sich an den Spekulationen zu beteiligen. Er habe „nichts dagegen“, in eine Koalition mit Labour einzutreten, teilte Edward Davey von den Liberalen der BBC mit. Man werde „das Zünglein an der Waage“ sein, hofft Stephen Flynn von den schottischen Nationalisten.

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