„Querdenker“ schicken Drohschreiben und demonstrieren vor Schulen und Kitas

Die Corona-Maßnahmen an Schulen und Kitas werden kontrovers diskutiert. Jetzt berichtet die Regierung von konkreten Aktionen von „Querdenkern“ im Schulumfeld.
Berlin/Frankfurt - Seit Beginn der Corona-Maßnahmen gehen Menschen aus Protest auf die Straße. Die sogenannte „Querdenker“-Bewegung war stets an der Organisation und Umsetzung der Versammlungen beteiligt, wenn nicht gar federführend. Auch die AfD ist auf den Zug aufgesprungen, Alice Weidel und Tino Chrupalla etwa sprachen bei einer Kundgebung in Nürnberg.
Entsprechend ist nicht neu, dass sich die Szene zunehmend radikalisiert. An den als „Spaziergänge“ umgelabelten Demos nehmen regelmäßig auch „Reichsbürger“ oder extrem rechte Gruppen wie der „Dritte Weg“ teil. Angriffe auf Journalist:innen und Polizist:innen sind keine Seltenheit. Und erinnert sei noch daran, dass Reichsflaggen bereits 2020 auf Corona-Demos geschwenkt wurden.
„Querdenker“ agitieren vor Schulen gegen Corona-Maßnahmen
Ein beliebter Slogan auf sogenannten „Querdenker“-Demos ist: „Hände weg von unseren Kindern.“ Wohl als Konsequenz auf dieser Forderung haben aktuell „Querdenker“, „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ nach Angaben der Bundesregierung Schulen und Kitas ins Visier genommen. Demnach würden Gegner:innen der Corona-Maßnahmen und der Impfkampagne in einzelnen Fällen vor Schulgebäuden demonstrieren und „dabei zuweilen auch das Zwiegespräch mit Schülern suchen“.
Eine Anfrage der Linken hatte beim Bundesinnenministerium nachgefragt, die Antwort liegt der dpa vor. „Hierbei handelte es sich zum Teil auch um führende Personen der ‚Querdenken-Bewegung‘“, heißt es vonseiten des Ministeriums. Die Regierung berichtet zudem von Briefen, E-Mails und Drohschreiben, die „Reichsbürger“ und sogenannte „Selbstverwalter“ an Schulen, Behörden, Lehrerkollegien und Kitas gesendet haben.
„Reichsbürger“ und „Querdenker“ mit Drohschreiben an Schulen und Lehrer:innen
„Pseudojuristische Argumente“ würden in manchen Schreiben angeführt, die den Corona- oder Masken-Verordnungen ihre Rechtsgültigkeit absprechen. „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ erkennen die Bundesrepublik Deutschland und ihr Rechtssystem nicht an. Ob es in diesem Zusammenhang zu Straftaten kam, dazu habe das Innenministerium „keine Erkenntnisse“.
Die Informationen der Bundesregierung bestätigen Befunde einer repräsentativen Umfrage der Bildungsgewerkschaft VBE, an der Lehrkräfte im Mai 2021 teilnahmen. Darin hatten 22 Prozent angegeben, dass sie an der eigenen Schule Beschimpfungen, Bedrohungen oder Beleidigungen im „Zusammenhang mit der Durchsetzung von Infektionsschutzmaßnahmen“ erlebt hätten. 25 Prozent der Befragten berichteten von Beschimpfungen und Bedrohungen per Mail oder in Chats.
Rund sieben Prozent der Lehrkräfte gaben an, persönlich von solchen Vorfällen betroffen gewesen zu sein. Als Beispiele wurden Drohungen beim Elternabend, eskalierende Gespräche, Briefe sowie Drohungen mit Strafanzeigen und Berufsverboten genannt. Der Verband berichtete auch von Plakataktionen und Demonstrationen im Umfeld von Schulen. Anwaltsschreiben oder standardisierte Schreiben, die sich Eltern im Netz heruntergeladen haben, seien an Lehrer:innen verschickt worden.
„Querdenker“ und teils Eltern bedrohen Lehrkräfte - Linke: „Befunde alarmierend“
Die Bildungsexpertin der Linken, Nicole Gohlke, nannte die Befunde alarmierend. „Ich erwarte vom Bundeskriminalamt und den Länderpolizeien, dass sie alles dafür tun, damit Beschäftigte und Kinder ohne Angst vor Einschüchterungen in die Schulen und Kitas gehen können.“ (ktho/dpa)