Corona-Impfpflicht: Fachleute werden im Bundestag angehört
Die umstrittene Corona-Impfpflicht kommt allmählich in die entscheidende Phase. In wenigen Wochen soll der Bundestag darüber abstimmen.
Berlin – Die Debatte um eine allgemeine Corona*-Impfpflicht sorgt nicht nur in der deutschen Bevölkerung, sondern auch im Bundestag für aufgeheizte Diskussionen. Nun werden am heutigen Montag (21.03.2022) die verschiedenen Vorschläge in einer Expertenanhörung im Bundestag erörtert. In einer Stellungnahme sprach sich die Deutsche Krankenhausgesellschaft dafür aus, dass die Pflicht für alle Erwachsenen kommen und „von einer breiten politischen Basis getragen“ werden sollte.
Die Krankenhausgesellschaft verwies dabei auf die bereits eingeführte Impfpflicht für Klinikpersonal*. Angesichts der weiterhin angespannten Lage in den Stationen sei nicht länger vermittelbar, dass Mitarbeiter dies akzeptieren müsste, Patienten sich aber allein nach persönlicher Abwägung für oder gegen Impfungen entscheiden könnten.
Gesellschaft für Infektiologie: Corona-Impfpflicht „unverzichtbar“
In einer weiteren Stellungnahme erläuterte die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie, trotz intensiver Anstrengungen sei es nicht gelungen, zu einer ausreichend hohen Impfquote zu kommen. Eine Impfpflicht für Erwachsene biete die Möglichkeit, dies „sicher zu erreichen“. Eine weitere Eingrenzung auf Menschen ab 50 Jahre oder Risikogruppen werde nicht empfohlen. Die zusätzliche Schutzwirkung durch Verringern der Virus-Zirkulation über Impfungen möglichst vieler Personen sei „für das Ziel der Senkung der Krankheitslast unverzichtbar“.

Eine Impfpflicht für alle Volljährigen befürwortet auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in seiner Stellungnahme. „Ungeimpfte Erwachsene schränken mit ihrem Verhalten insbesondere die Grundrechte der Kinder ein. Das halten wir für nicht hinnehmbar.“
Corona: Bundestag soll ohne sonst übliche Fraktionsvorgaben entscheiden
Den größten Rückhalt im Bundestag hat bisher der Entwurf für eine Impfpflicht ab 18 Jahre, den mehr als 230 Abgeordnete unterstützen. Vorgelegt hat ihn eine Gruppe um den Grünen-Experten* Janosch Dahmen und SPD-Fraktionsvize* Dirk Wiese. Daneben gibt es einen Entwurf einer Gruppe um den FDP-Abgeordneten* Andrew Ullmann für eine Beratungspflicht und dann eine mögliche Impfpflicht ab 50 Jahre. Eine Gruppe um Wolfgang Kubicki (FDP) lehnt eine Impfpflicht ab.
Sowohl die Union als auch die AfD* haben Anträge vorgelegt. Der Bundestag soll diesmal ohne die sonst üblichen Fraktionsvorgaben entscheiden. Dies wird voraussichtlich Anfang April der Fall sein.
Kassen halten allgemeine Corona-Impfpflicht für nicht umsetzbar
In eine andere Kerbe schlagen derweil die Krankenkassenverbände. So beispielsweise die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Dieser erklärte: „Eine Impfpflicht kann dann ein sinnvoller Beitrag zur Steigerung der Impfquote sein, wenn sie praktikabel und umsetzbar ist und die Kontrolle und Durchsetzung sachgerecht geregelt ist.“ Es gebe aktuell leider weder ein Impfregister, noch seien elektronische Patientenakten verbreitet. Die in den Entwürfen vorgesehene Erfassung und Kontrolle der Impfpflicht über die gesetzlichen Krankenkassen drohe in der Umsetzung sehr aufwändig und fehleranfällig zu sein.
Auf praktische Probleme im Entwurf für eine Impfpflicht ab 18 Jahre wies der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) hin. Die Kassen seien „keine Gesundheits- oder Ordnungsbehörden“, heißt es in der Stellungnahme. Vorgesehene Informations-Anschreiben an die Versicherten bis 15. Mai seien organisatorisch im gesetzten Zeitrahmen nicht zu erfüllen. Fraglich sei, ob allein genügen Papier beschafft werden könnte, um 60 Millionen Betroffene anzuschreiben.
Corona-Impfpflicht: Bundestags-Vize Kubicki (FDP) warnt vor „Peinlichkeit für den Gesetzgeber“
Wolfgang Kubicki (FDP), hatte sich schon in der Vergangenheit gegen eine allgemeine Impfpflicht positioniert und warnt vor einer „kaum abschätzbaren Peinlichkeit für den Gesetzgeber“, wenn die Impfpflicht organisatorisch scheitern würde. Damit gehen seine Sorgen mit denen der Krankenkassen einher. Diese erwarten als Absender der Impf-Briefe millionenfach Nachfragen und Beschwerden und somit ein Sturm auf ihre Callcenter. Dies wäre für sie personell nicht leistbar.
Auch die Echtheit von Impf-Nachweisen ist laut Kassen technisch nicht immer überprüfbar. Mit Ausnahme der digitalen Impfzertifikate müssten alle anderen Nachweise (z.B. Impfpass) zugesandt und überprüft werden, was einen riesigen Mehraufwand darstelle.
Auch um die Vertrauensbasis ihrer Versicherten sorgen sich die Kassen, sollten sie zum Kontrolleur staatlicher Maßnahmen gemacht werden. „Eine Übertragung der Kontrolle auf die Kassen wäre auch ordnungspolitisch falsch“, heißt es in einem Positionspapier der Kassen. Die Gewährleistung des öffentlich-rechtlich geregelten Krankenversicherungsschutzes gehöre zu den Aufgaben der Kassen – staatliche Kontrollpflichten aber nicht.
Corona: Karl Lauterbach wirbt erneut für allgemeine Impfpflicht
Am Sonntagabend (20.03.2022) warb Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach* in der ARD* und bei RTL* erneut für eine allgemeine Impfpflicht und dafür, dass die beiden im Bundestag vorliegenden Entwürfe für eine Impfpflicht ab 18 und ab 50 Jahre zusammengeführt werden. (lz/dpa) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.