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Corona: Neues Infektionsschutzgesetz - noch immer keine Entschädigung für Gastronomie geregelt

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Von: Moritz Serif

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Wegen Corona-Schließungen geht es etlichen Restaurants schlecht. Verbände und Juristen kritisieren das neue Infektionsschutzgesetz. Es sei rechtswidrig.

Berlin - Höchstwahrscheinlich muss die Gastronomie auch im Dezember geschlossen bleiben. Laut Bundeskanzlerin Angela Merkel könne der Wirtschaftszweig erst wieder öffnen, wenn die Sieben-Tages-Inzidenz wieder auf 50 Neuinfektionen pro 100.000 in sieben Tage sinke – was derzeit noch auf kaum eine Region in Deutschland zutrifft. Das heißt durch den „Lockdown Light“ müssten die Zahlen deutlich sinken - seine Wirkung kann man noch nicht beurteilen. Jedenfalls drohen etliche Restaurants, Bars und Kneipen, pleitezugehen.

Damit das nicht geschieht, soll es Unterstützung vom Staat geben. Finanzminister Olaf Scholz sprach von „in dieser Größenordnung bisher unbekannten Unterstützungsleistungen“. „Wir lassen in dieser ernsten Lage unsere Unternehmen und ihre Beschäftigten nicht allein“, versprach Wirtschaftsminister Peter Altmeier (CDU).

Corona: Infektionsschutzgesetz soll regeln, wann Verschärfungen der Regeln nötig sind

Die geplante Überarbeitung des Infektionsschutzgesetzes wirft in diesem Zusammenhang allerdings Fragen auf. In der Neufassung soll festgelegt werden, ab wann Verschärfungen der Corona-Regeln nötig sind. Für Hotels können beispielsweise Übernachtungsangebote verboten werden. Reisebeschränkungen können verhängt werden. Auch die Gastronomie kann geschlossen oder beschränkt werden.

Trotz der vollmundigen Versprechungen von Scholz und Altmeier ist ein Rechtsanspruch auf Entschädigung in Geld allerdings nicht im neuen Gesetz niedergeschrieben. Ohne konkrete Regelungen könnte die Neufassung rechtswidrig sein, also gegen Verfassungsrecht verstoßen. Diese Auffassung vertritt der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga).

Seit dem Corona „Lockdown Light“ sind Bars und Restaurants in Deutschland dicht.
Seit dem Corona „Lockdown Light“ sind Bars und Restaurants in Deutschland dicht. © Hauke-Christian Dittrich/dpa

Neues Infektionsschutzgesetz könnte rechtswidrig sein: Keine Entschädigung in Geld geregelt

„Unserer Auffassung nach wäre eine solche Regelung ohne anwendbare Kompensationsbestimmung rechtswidrig. Die möglichen Beschränkungen und faktischen Betriebsschließungen, die nach der neuen Vorschrift möglich sein sollen, stellen massive Eingriffe in grundgesetzlich geschützte Rechte wie die Berufsausübung und Gewerbefreiheit dar“, sagt der Verband. Staatliche Ersatzleistungen müssten gesetzlich geregelt sein.

„Diese Auffassung sehen wir auch durch die aktuelle erste Rechtsprechung zum November-Lockdown ausdrücklich bestätigt“, führt der Dehoga weiter aus. Das Oberverwaltungsgericht Magdeburg hab in seiner Entscheidung vom 4. November 2020 das Beherbergungsverbot nicht aufgehoben, da entsprechende Entschädigungsansprüche ausdrücklich zugesagt worden seien. Auch das Oberverwaltungsgericht München habe das Beherbergungsverbot nur zugelassen, da finanzielle Unterstützungen angekündigt wurden.

Corona: Infektionsschutzgesetz regelt keine finanzielle Entschädigung

Auch der Deutsche Reiseverband (DRV) und der Deutsche Tourismusverband (DTV) üben Kritik. „Der rechtlich komplexe Gesetzentwurf soll in nicht einmal zwei Wochen das gesamte parlamentarische Verfahren von der ersten bis zur dritten Lesung durchlaufen“, heißt es. Doch nicht nur Verbände sehen einen Regelungsbedarf.

Hans-Jürgen Papier, früherer Präsident des Bundesverfassungsgerichts, bezeichnete das neue Infektionsschutzgesetz als „Persilschein“ für die Bundesregierung. „Ich vermisse eine gesetzliche Regelung des finanziellen Ausgleichs etwa für Unternehmen und Selbstständige, soweit sie mit einem Öffnungs- oder Betätigungsverbot belastet werden, egal ob ihre Tätigkeit ein erhöhtes Infektionsrisiko begründet.“

Hans-Jürgern Papier, früherer Vorsitzender des Bundesverfassungsgerichts, sieht das geplante Infektionsschutzgesetz kritisch.
Hans-Jürgern Papier, früherer Vorsitzender des Bundesverfassungsgerichts, sieht das geplante Infektionsschutzgesetz kritisch. © Bernd von Jutrczenka/dpa

Juristen: Corona-Maßnahmen begründen einen Entschädigungsanspruch in Geld

Prof. Dr. Hans Peter Bull, früherer Landesinnenminister von Schleswig-Holstein, vertritt ebenfalls die Auffassung, dass eine gesetzlich geregelte Entschädigungspflicht nötig sei. „Dies gilt auch, wenn die staatlichen Eingriffe von den Gerichten für rechtmäßig gehalten werden. Denn auch rechtmäßige Maßnahmen begründen einen Ausgleichsanspruch, wenn sie – wie hier – Einzelne oder Gruppen ungleich treffen“, sagte er zu den Corona-Maßnahmen.

Dem schließt sich Wolfang Bosbach (CDU) an. „Wir sprechen hier ausdrücklich und ausschließlich von Betrieben, die sich komplett gesetzeskonform verhalten haben und denen – im Gegensatz zu anderen Branchen - unbestritten ein Sonderopfer abverlangt wird. Aus gesellschaftlicher Verantwortung.“ (Moritz Serif)

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