CO2-Preis soll trotz Energiekrise steigen

Klima und Wohlstand profitieren laut Fachleuten, wenn Klimakosten berücksichtigt werden.
Tankrabatt, Neun-Euro-Ticket, Energiepreispauschale bei der Steuer: Immerhin 16,5 Milliarden Euro wendet die Ampel-Regierung auf, um die Bürgerinnen und Bürger von den gestiegenen Energiekosten zu entlasten. Umweltschützer:innen, aber auch Ökonomen wie Ifo-Chef Clemens Fuest kritisieren den Zuschnitt der Hilfen, weil reiche Bevölkerungsschichten überproportional profitierten. Motto: Es seien vor allem „Hilfen für SUV-Fahrer“. Der Berliner Klima-Thinktank Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) betont sogar: Das Festhalten am Fahrplan für eine steigende CO2-Bepreisung sei „mit Blick auf den Wohlstand“ die richtige Strategie. Voraussetzung: Der Staat verteilt die Einnahmen weitgehend mittels Steuersenkungen oder Transfers an die privaten Haushalte zurück.
Es ist ein heikles Thema. Sollen fossile Brennstoffe mit der Begründung Klimaschutz weiter verteuert werden – obwohl die Preise wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der dadurch ausgelösten Energiekrise ohnehin schon rasant gestiegen sind? In Deutschland gilt für Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas seit Anfang 2021 ein CO2-Preis, der bis 2025 schrittweise steigen soll – von anfänglich 25 auf dann 55 Euro pro Tonne. Derzeit, bei 30 Euro, verteuert das zum Beispiel den Spritpreis um rund neun Cent pro Liter, macht also nur einen relativ kleinen Teil des Preisanstiegs aus. Ein Liter Super E10 kostete Ende 2020 rund 1,23 Euro, ein Liter Diesel 1,11 Euro; derzeit sind für beide Spritsorten rund zwei Euro fällig.
Eine Studie unter Federführung des MCC befürwortet die weitere Verteuerung eindeutig; wobei das MCC-Team davon ausging, dass die Energiekrise vorübergehend sei. Allerdings solle die Regierung rasch ein „Klimageld“ einführen, das die steigenden Einnahmen gleichmäßig pro Kopf an die Bevölkerung zurückverteilt. Dadurch würden ärmere Haushalte bessergestellt, da sie im Schnitt weniger für Energie ausgeben als reiche Haushalte. Für ein solches Modell hat sich jüngst Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ausgesprochen.
Energiekrise: Bedeutsames Klimageld
Für die Analyse untersuchte das Team die beiden „Kanäle“, über die sich ein Energiepreisschock auf die privaten Haushalte auswirkt: einerseits die Kosten für Sprit und Heizen, andererseits das Klimageld als Rückerstattung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung. Auf welchem dieser beiden Kanäle sich viel tut und wo eher wenig, hängt laut MCC von der Art ab, wie die Politik mit dem Preisschock umgeht. Im einen Extrem senkt sie den CO2-Preis so stark ab, dass sich Sprit und Heizenergie unterm Strich nur moderat verteuern. Dann müssen die Haushalte nicht mehr Geld ausgeben als geplant, aber sie bekommen weniger Klimageld als erwartet, weil die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung sinken. Im anderen Extrem lässt die Politik den CO2-Preis wie geplant steigen. Folge: Die Energie verteuert sich zwar unerwartet stark, doch müsste dann das Klimageld auch nicht empfindlich gekürzt werden.
„Es zeigt sich, dass der Wohlstand nach einem Energiepreisschock am besten verteidigt wird bei CO2-Bepreisung wie geplant plus Rückerstattung der Einnahmen“, erläutert MCC-Forscher Matthias Kalkuhl, Co-Autor der Studie. Auf dem Weg zur Klimaneutralität, also bei über die kommenden Jahrzehnte stark steigenden CO2-Preisen, sei es für die Menschen bedeutsamer, „dass das Klimageld verlässlich fließt, als was Sprit und Heizung gerade aktuell kosten“. Laut Umweltbundesamt betragen die tatsächlichen Klimakosten rund 195 Euro pro Tonne. Eingepreist ist derzeit bei Sprit und Heizenergie nicht einmal ein Sechstel.