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Signal an Peking: Joe Biden richtet Kampfansage Richtung China

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Von: Felix Lill

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Japan, Australien, Indien und die USA wollen sicherheitspolitisch enger zusammenarbeiten – ein Signal nicht nur für China, sondern für den gesamten Indopazifischen Raum.

Tokio - Die Worte, die Fumio Kishida bei seiner Pressekonferenz wählte, lassen in Japan aufhorchen: „Mit Präsident Biden habe ich erneut vereinbart, dass die japanisch-amerikanische Allianz die Fähigkeit zur Abschreckung und Problemlösung schnell stärken muss.“ Seit dem verlorenen Zweiten Weltkrieg hat das ostasiatische Land eine pazifistische Verfassung, die Kriegsführung ausdrücklich untersagt. Das japanische Militär nennt sich auch offiziell nur „Selbstverteidigungskräfte“.

Abschreckung ist in Japan lange Zeit ein Thema gewesen, das Hardlinern vorbehalten war. Aber besondere Zeiten, so gibt der japanische Ministerpräsident diese Tage zu verstehen, erfordern besondere Schritte. Und die Treffen in dieser Woche sind das allemal: Am Dienstag empfing Kishida die Regierungschefs von Australien, Indien und den USA. Diese vier Pazifik-Anrainerstaaten bilden seit kurzem die Sicherheitsallianz „Quad“, die in Tokio erst zum zweiten Mal ein Offline-Treffen abhielt.

Joe Biden: Verpflichtung zu Frieden und Stabilität rund um die Taiwan-Meerenge

„Ein starkes Japan und eine starke japanisch-amerikanische Allianz sind eine Kraft des Guten in der Region“, behauptete da US-Präsident Joe Biden, der sich nach einem vorangehenden Besuch im benachbarten Südkorea von Sonntag bis Dienstag in Japan aufhielt. Das seit Jahren wachsende Verteidigungsbudget Japans –der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt – begrüßen die USA als strategischer Partner ausdrücklich. Fortan investieren die vier Quad-Staaten gemeinsam in die ganze Region: Über die nächsten fünf Jahre sollen 50 Milliarden US-Dollar insbesondere in Sicherheitsinfrastruktur fließen.

Allerdings wird auch in ein gemeinsames Überwachungssystem investiert, um etwa illegale Fischerei zu unterbinden. Das damit einhergehende Versprechen stärkerer Kontrolle der Gewässer macht deutlich, gegen wen sich die Quad-Allianz vor allem richtet: China.

Denn in Sachen illegaler Fischerei zählen Boote aus der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft besonders häufig zu den Tätern. China erkennt diverse Grenzen nicht an. Joe Biden sagte dazu: „Wir verpflichten uns weiterhin zu Frieden und Stabilität rund um die Taiwan-Meerenge, und es wird keine einseitige Veränderung des Status Quo geben.“

China: US-Präsident Joe Biden richtet Kampfansage in Richtung Peking

Dies wiederum versteht sich nicht nur als klare Ansage in Richtung Peking, wo man das demokratisch regierte Taiwan als sein eigenes Territorium betrachtet und dessen Eroberung schon mehrmals angekündigt hat. Das Statement wirkt zugleich als Signal an den gesamten Indo-Pazifik, wo auch ohne das riesige China noch ein Drittel der Weltbevölkerung lebt. Die dynamische Wachstumsregion verharrt allerdings in zahlreichen Konflikten.

Mit vielen Staaten leistet sich China hier Streitigkeiten über Territorien und Gewässer; es zählt aber auch zu den wichtigsten Investoren für Häfen und Straßen – wodurch der Handel dieser Länder mit China begünstigt wird. In den USA und Japan wiederum bereitet dies auch deshalb Sorgen, weil es die eigenen Handelsrouten schwächt. „Der von Russland begonnene Krieg in der Ukraine verletzt die UN-Charta auf mehreren Ebenen“, sagte Fumio Kishida am Dienstag auch mit Blick auf diese Region. „Eine ähnliche Situation darf sich im Indo-Pazifik nicht auch noch ereignen.“

Die Regierungschefs der sogenannten Quad-Staaten Australien, USA, Indien und Japan (v. l.) zu Beginn ihres Treffens in Tokio. Evan Vucci/dpa
Die Regierungschefs der sogenannten Quad-Staaten Australien, USA, Indien und Japan (v. l.) zu Beginn ihres Treffens in Tokio. © Evan Vucci/dpa

Konkurrenzprogramm zu Chinas Neuer Seidenstraße: der Zusammenschluss Ipef

So ein Szenario versuchen die vier Quad-Staaten dabei nicht nur mit steigenden Militärausgaben zu vermeiden. Insbesondere plant die Allianz, die Region wirtschaftspolitisch an die liberal orientierte Welt zu binden. Am Montag (23. Mai) verkündete Biden entsprechend den Beginn eines transpazifischen Handels- und Investitionspakts.

Das „Indo-Pacific Economic Framework“ (Ipef) wird aus zunächst 13 Staaten bestehen, zu denen neben den USA, Japan und Südkorea auch Australien, Indien, Brunei, die Philippinen, Singapur, Malaysia, Neuseeland, Indonesien, Thailand und Vietnam gehören. Insgesamt kommt dieser Zusammenschluss auf rund 40 Prozent der globalen jährlichen Wirtschaftsleistung.

USA und der neue Handelspakt: asiatische Staaten teilweise abhängig von China und Russland

Das Ipef, das zwar nicht die Ausmaße eines Freihandelsabkommens erreicht, ist ein offensichtlicher Versuch, den regionalen Einfluss Chinas zurückzudrängen. Durch engere Kooperation und automatische Warnsysteme sollen Lieferketten robuster gemacht, Handelsrouten weniger korrupt sowie für Arbeitskräfte besser bezahlt und die Energieversorgung nachhaltiger gemacht werden.

Karte vom indopazifischen Raum.
Karte vom indopazifischen Raum. © FR

Ipef stellt damit nicht zuletzt ein Konkurrenzprogramm zu Chinas Neuer Seidenstraße dar, einem interkontinentalen Netz aus chinesisch erstellter Infrastruktur, um im Sinne Chinas Handelsrouten zu etablieren. Dass es bei Ipef um Geopolitik geht, zeigt sich auch durch den Ausschluss von eben China und Russland. Schließlich hat sich zuletzt deutlich gezeigt, wie gespalten der asiatische Kontinent ist. Als die Vereinten Nationen im Frühjahr darüber abstimmten, Russland aus dem UN-Menschenrechtsrat auszuschließen, votierten ungefähr so viele asiatische Staaten dafür, wie es in der Region Enthaltungen und Gegenstimmen gab.

Konflikte im konkreten Umgang mit China und Russland sind fast vorprogrammiert

Diverse asiatische Länder hängen sicherheitspolitisch und ökonomisch sowohl von westlich orientierten Staaten ab als auch von Russland oder China. So erhält Thailand etwa Waffenlieferungen aus Russland, hat aber auch schon in den USA gekauft. Mit dem Projekt der Neuen Seidenstraße bindet sich Thailand auch an China. Bei der UN-Abstimmung votierte es allerdings für die Sanktionierung Russlands. Vietnam dagegen, das auf ähnliche Weise hin- und hergerissen ist zwischen den Großmächten, enthielt sich bei der UN-Abstimmung zu Russland.

So lässt es sich als ersten zaghaften Erfolg Joe Bidens lesen, dass nicht nur Thailand und Vietnam angekündigt haben, sich Ipef anzuschließen, sondern auch das Quad-Mitglied Indien, das einige Waffen ebenso aus Russland bezieht und sich bei der UN-Abstimmung enthielt. Die Verkündungen dieser Tage in Tokio senden ein klares Signal – aber Konflikte innerhalb dieser Allianz, was den konkreten Umgang mit China und Russland angeht, sind fast vorprogrammiert. (Felix Lill)

Joe Biden auf Asien-Reise: Suche nach Verbündeten

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