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Corona-Pandemie: China in der Lockdown-Schleife

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Von: Fabian Kretschmer

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Wieder erklärt China für eine Metropole den Lockdown. Bewohner berichten von Versorgungsengpässen. Der größte Stresstest für die Corona-Strategie Pekings steht aber noch aus.

Frankfurt/Peking – Der Covid-Aktionismus der chinesischen Behörden kennt keine Grenzen: Während in Xi'an, der Hauptstadt der zentralchinesischen Provinz Shaanxi sämtliche Privatfahrzeuge verbannt wurden, kurven Tanklaster durch die gespenstisch leeren Straßen. Sie versprühen riesige Mengen an Desinfektionsmittel in den abendlichen Himmel, das aufgewirbelte Spray ähnelt dem Anblick von Schneekanonen. Das gesamte Stadtgebiet soll mit einer Schutzschicht gegen das Virus überzogen werden.

Doch dies ist nur die populistische Spitze des epidemiologischen Eisbergs. Denn seit rund einer Woche ist die Millionen-Metropole vollständig abgeriegelt. Es ist der größte Lockdown seit Beginn der Pandemie in Wuhan: Die Verkehrsverbindungen in andere Landesteile wurden gekappt, nicht-essenzielle Geschäfte geschlossen und sämtliche Bewohner:innen mehrfach durchgetestet. Nur eine Person pro Haushalt darf jeden dritten Tag auf die Straße, um notwendigste Lebensmittel zu kaufen.

Corona-Pandemie in China: Lockdown sorgt für Versorgungsengpässe

Das Virus soll über einen Arbeiter aus Pakistan ins Land gekommen sein. Mehr als zwei Dutzend Beamt:innen wurden für laxes Vorgehen abgestraft, denn normalerweise müssen die Viren der importieren Fälle unbedingt in strikt abgeriegelten Quarantäne-Zentren bleiben. Doch im Dezember haben sich schon über 1000 Chines:innen in Xi'an angesteckt, am Mittwoch (29.12.2021) meldeten die Behörden 150 Fälle. Im internationalen Vergleich mutet das wenig an, doch für China sind es die höchsten Tageswerte seit März 2020.

Doch im Vergleich zur ersten Welle in Wuhan kommt es in Xi'an nicht mehr zu Panikstimmung. Dafür sind die Behörden in ihrem epidemiologischen Kampf zu eingespielt und die Bevölkerung radikale Maßnahmen gewohnt. Dennoch lassen sich in Chinas Medien Hilferufe von Bewohner:innen Xi'ans finden: Sie berichten, dass Versorgungslieferungen nicht zu ihnen durchkämen und die Gemüsevorrate knapp würden. Die Behörden haben am Mittwoch logistische Probleme eingeräumt.

Nicht viel los zwischen den Jahren: Xi'an ist Corona-Sperrzone.
Nicht viel los zwischen den Jahren: Xi'an ist Corona-Sperrzone. © AFP

China erteilt Strafen für Regelverstöße der Corona-Auflagen

Staatliche Medien melden derweil, dass in Südchina Verstöße gegen Corona-Auflagen mit drakonischen Methoden geahndet werden: So sollen Polizist:innen am Dienstag vier Männer durch die Straßen der Stadt Jingxi geführt haben – während sie Plakate mit ihren Namen tragen mussten.

Viele Beobachter:innen haben wenig Zweifel daran, dass es den Behörden erneut gelingen wird, den Ausbruch unter Kontrolle zu bringen. Denn seit jeher agieren sie nach dem gleichen Skript: Sobald Corona-Fälle auftauchen, werden ganze Nachbarschaften abgeriegelt, die Menschen mehrfach durchgetestet und die Infektionsketten schließlich gebrochen.

Corona in China: nur wenige offizielle Omikron-Fälle bekannt

Dennoch bleibt die Frage: Hilft das Instrumentarium auch gegen die infektiösere Omikron-Variante? Virologe Christian Drosten hat China in einem Interview als seine „größte Sorge“ bezeichnet: „Natürlich kommt Omikron auch dorthin. Und der Impfstoff, der dort verwendet wurde, hat eine schlechte Wirksamkeit gegen diese Variante. Das ist eine echte Gefahr, auch für die Weltwirtschaft.“

Bislang haben Chinas Behörden erst wenige Omikron-Fälle bestätigt, alle unter Einreisenden in den Quarantäne-Zimmern. Doch natürlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Variante die gemeine Bevölkerung erreicht. Dann bleibt den Autoritäten als einzige effektive Maßnahme erneut nur der Lockdown-Hammer, denn die chinesischen Vakzine wirken tatsächlich kaum gegen Omikron.

Beinahe leere Straßen: Nach einigen Dutzend Corona-Infektionen im chinesischen Xi‘an sind massive Ausgangssperren für die 13 Millionen Bewohner:innen der Metropole verhängt worden.
Beinahe leere Straßen: Nach einigen Dutzend Corona-Infektionen im chinesischen Xi‘an sind massive Ausgangssperren für die 13 Millionen Bewohner:innen der Metropole verhängt worden. © Shao Rui/dpa

Null-Covid-Strategie in China sorgt für Entfremdung von der internationalen Staatengemeinschaft

Forscher:innen der Universität Hongkong zufolge sollen auch drei Injektionen des Sinovac-Vakzins nicht ausreichend Schutz bieten. Noch handele es sich aber nicht um endgültige Daten.

Alles deutet daraufhin, dass China auf absehbare Zeit an seiner immer kostspieligeren „Null Covid“-Strategie festhalten wird. Wirtschaftlich trifft sie im Falle Xi'ans auch deutsche Unternehmen, darunter ein Bosch-Joint Venture, dessen Führungskräfte nun Lockdown-bedingt auf Feldbetten in der Firma schlafen. Langfristig wird die ganze Gesellschaft leiden: Seit zwei Jahren gibt es kulturellen, diplomatischen und akademischen Austausch mit dem Ausland nur digital. China entfremdet sich so stark von der internationalen Staatengemeinschaft wie lange nicht mehr. (Fabian Kretschmer mit afp)

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