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Macron sendet fatales Signal an Taiwan – und wird von Chinas Staatsmedien gefeiert

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Von: Finn Mayer-Kuckuk

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Europa werde „weder den USA noch China“ in der Taiwan-Frage folgen, versichert Emmanuel Macron seinem Amtskollegen Xi Jinping. Pekings Staatsmedien feiern Frankreichs Präsidenten.

Diese Analyse liegt IPPEN.MEDIA im Zuge einer Kooperation mit dem China.Table Professional Briefing vor – zuerst veröffentlicht hatte ihn China.Table am 11. April 2023.

Peking – Nur wenige Stunden nach einem Wohlfühl-Trip Emmanuel Macrons zusammen mit Xi Jinping nach Südchina hat die chinesische Marine ein großes Manöver um Taiwan begonnen. Während mehrere Flotten eine Blockade der taiwanischen Inseln übten, sprach Macron in einem Interview davon, Europa sollte „weder den USA noch China“ in der Taiwanfrage folgen. Es solle seinen eigenen Weg gehen und so zur „dritten Supermacht“ werden, so der französische Präsident in einem Interview mit der Zeitung Les Echos.

Macron widersprach damit zumindest dem Geist der offensiven Rede Ursula von der Leyens von vergangener Woche. Auch gegenüber Xi Jinping nannte die EU-Kommissionspräsidentin Gewalt inakzeptabel, um den Status quo zu ändern. Statt sich nun ebenfalls in eindeutigen Worten hinter Taiwan zu stellen, signalisierte Macron Indifferenz in dieser Frage und markierte sie als machtpolitisches Projekt der USA. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz hatte anders als Macron trotz aller Unschärfe in seiner Politik klar vor einem Überfall auf Taiwan gewarnt.

China: Militärübung als „Warnung an separatistische Kräfte“

Mehrere Flotten hatten zwischen Samstag und Montagabend geübt, ganz Taiwan einzukreisen und den Schiffsverkehr zu blockieren. Fiktives Operationsziel war unter anderem ein Angriff auf die Hauptinsel durch einen Flugzeugträgerverband. Peking reagierte mit der Marineübung ausdrücklich auf das Treffen der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen mit dem Sprecher des US-Repräsentantenhauses Kevin McCarthy in Los Angeles Ende vergangener Woche.

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Die Volksbefreiungsarmee nannte die Armeeaktion eine „Warnung an separatistische Kräfte“. Die Flotten seien „nördlich und südlich der Insel Taiwan eingesetzt und patrouillieren den See- und Luftraum östlich davon“. Westlich von Taiwan liegt bekanntlich das chinesische Festland. Damit sind alle Richtungen abgedeckt. Anders als im August flogen aber keine Raketen über das taiwanische Kerngebiet hinweg.

Macron macht Xi bei seinem China-Besuch ein Geschenk

Zwar war China nicht ganz so dreist, das Manöver schon am Donnerstag oder Freitag zu beginnen, als sowohl von der Leyen als auch Macron in Peking weilten. Am Freitag machte Macron noch seinen Abstecher ins südlich gelegene Guangzhou, bevor er nach Paris zurückflog. Der Ausflug zusammen mit Xi gilt als besondere Ehrbekundung für den französischen Präsidenten. China umwirbt ihn, weil er mit einer Wirtschaftsdelegation kam und sich grundsätzlich charmant und zugänglich gab. Macron spielte mit und zeigte sich gehörig begeistert von der Gastfreundschaft.

Xi nutzte die Gelegenheit vermutlich routinemäßig, um für eine Abkehr Frankreichs von der Zusammenarbeit mit den USA und eine Hinwendung zu China zu werben. Macron kam ihm mit dem Interview nun entgegen, indem er gleich zwei chinesische Narrative aufgriff:

Wenn die EU die Krise in der Ukraine nicht lösen könne, wie soll sie da etwas für Taiwan tun können, fragte Macron zudem fatalistisch.

Chinas Staatsmedien feiern Macrons Worte

Emmanuel Macrons Worte klingen in einem europäischen Kontext vielleicht angemessen und markieren keine völlig neue Position. Tatsächlich sucht Europa einen dritten, eigenständigen Weg. Xi wird sie aber als großen Erfolg verbuchen. Das schlechteste Szenario für die chinesische Diplomatie und Geostrategie ist ein festes amerikanisch-europäisches Bündnis. Ideal wäre, wenn sich Europa eindeutig China anschlösse, doch das wird nicht passieren. Fast ebenso gut ist aber eine Trennung der Blöcke, die China situationsbezogen ausnutzen kann, zumal die Europäer untereinander uneins sind. Im Rahmen des Möglichen gab Macron Xi nach dem freundlichen Besuch also das, was er wollte.

In China werden Macrons Worte folgerichtig so verstanden, dass die EU sich aus der Taiwanfrage heraushalten soll. Tatsächlich haben Staatsmedien Macrons Zitate so übersetzt, als habe er gesagt, Europa dürfe „kein Vasall“ der Vereinigten Staaten werden und sich nicht in die „Konfrontation zwischen China und den USA in der Taiwanfrage“ hineinziehen lassen. Das wäre die Nichteinmischung in innere Angelegenheiten, die China immer fordert.

Macron äußerte sich von Paris aus nicht mehr zu der aggressiven Militärübung direkt am Anschluss an seinen Besuch. Die EU meldete sich dagegen zu Wort und zeigte sich „besorgt“ über das groß angelegte Manöver. In Berlin zeigte sich der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen empört über Macrons Ausscheren aus der EU-Linie. „Macron hat es geschafft, aus seiner China-Reise einen PR-Coup für Xi und ein außenpolitisches Desaster für Europa zu machen“, schrieb er auf Twitter. Der französische Präsident sage „Wort für Wort, was Xi hören will“. Seine Botschaft: China und Taiwan seien nicht Problem der Europäer.

Chinas Militärpropaganda erhöht Druck auf Taiwan

Die Sichtweise vom Engagement für Taiwan als reines Machtmittel der USA, die in chinesischer Lesart auch bei Macron durchschimmerte, fand sich am Montag auch in einem Meinungsartikel in der Zeitung der Volksbefreiungsarmee, PLA Daily. Die Sicherheitsgarantie der USA für Taiwan seien nichts wert, so der Tenor. In einem Rundumschlag ging es darin auch um die Nutzung der industriellen Abkopplung als geostrategische Waffe. Die Politik der USA diene nur dazu, die Bewohner Taiwans gegen China aufzuhetzen, so die Militärzeitung. Die Ereignisse in Irak, Syrien, Afghanistan und der Ukraine zeigten, dass US-Versprechen den jeweiligen Ländern nichts nützen und sie nur destabilisierten.

Aus Sicht eines Großteils des Publikums in der Volksrepublik wirken solche Kommentare glaubwürdig. Sie bedienen sich wahrer Elemente und führen das Narrativ fort, das sie von Kindesbeinen an aus den Staatsmedien kennen. Die Bewohner Taiwans wünschen sich nach offizieller volksrepublikanischer Lesart einen Anschluss an China, werden jedoch von einem US-gesteuerten Regime unterdrückt. Ein militärischer Eingriff wird von der PLA Daily als „Friedenssicherung“ umschrieben.

Chinesische Flugzeugträger in gefährlicher Nähe zu Taiwan

„Scharfes Schwert“ ist bereits seit Jahren der Name verschiedener chinesischer Militärübungen. Wie üblich erschienen am Wochenende auf China Propagandaseiten flotte Videos mit Heldenmusik, in denen feuernde Zerstörer, abdrehende Flugzeuge und Matrosen im Laufschritt zu sehen sind. „Das Ziel der Feuerangriffe ist die Hauptinsel Taiwan“, teilte die Volksbefreiungsarmee mit. Erstmals seien sie auf „Schlüsselziele“ ausgerichtet. Die japanische Luftwaffe beobachtete andauernde Starts und Landungen auf dem Flugzeugträger „Shandong“.

Ein Treffen der taiwanischen Präsidentin mit einem US-Spitzenpolitiker stärkt tendenziell die Legitimation der demokratischen Inselrepublik Taiwans als eigenem Staat. Daher rührte der Ärger Pekings über das Treffen von Präsidentin Tsai Ing-wen mit dem dritthöchsten Vertreter der USA. China sieht die Insel als Teil des eigenen Territoriums, obwohl sie nie Teil der Volksrepublik war. Taiwan entwickelt sich unter eigener, demokratischer Verwaltung seit Jahrzehnten politisch und wirtschaftlich stabil.

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