Lukaschenko in Peking: Belarus-Diktator lobt Chinas Ukraine-Plan
Beide Länder haben sich hinter Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine gestellt: China empfängt den belarussischen Diktator Alexander Lukaschenko.
München/Peking – China rollt dem belarussischen Diktator Alexander Lukaschenko den roten Teppich aus: Am Mittwoch traf der Machthaber des osteuropäischen Staates während eines mehrtägigen Peking-Besuchs unter anderem mit Staats- und Parteichef Xi Jinping zusammen. Lukaschenko hatte viel Lob für seine Gastgeber im Gepäck: „China ist groß geworden. Dies ist die größte Errungenschaft von Xi Jinping“, sagte er vor Abreise in einem Interview mit der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua. „Kein einziges Problem in der Welt kann heute ohne China gelöst werden.“ Das berichtete der Münchner Merkur.
Xi Jinping und Alexander Lukaschenko waren zuletzt im vergangenen September bei einem Treffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit im usbekischen Samarkand zusammengekommen. Dabei wurde die 2013 geschlossene „umfassende strategische Partnerschaft“ zwischen beiden Ländern zu einer sogenannten „umfassenden Allwetter-Partnerschaft“ aufgewertet. Beide Seiten bekräftigten damals, in Zukunft enger zusammenarbeiten zu wollen, zudem brachten sie ihre „große Besorgnis über die zunehmend komplexe internationale und regionale Sicherheitslage zum Ausdruck“ – ohne dabei allerdings offiziell auf die Lage in der Ukraine einzugehen.
Belarus und China stehen hinter Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine
Mit Spannung war Lukaschenkos Peking-Besuch vor allem aufgrund der Nähe beider Länder zum Kreml erwartet worden: Sowohl China als auch Belarus haben sich hinter Wladimir Putins Angriffskrieg auf die Ukraine gestellt. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs dient Belarus zudem als Ausgangspunkt für die russische Militäroffensive, belarussische Streitkräfte griffen aber bisher nicht in die Kämpfe ein. In Peking lobte Lukaschenko nun Chinas „Zwölf-Punkte-Plan“ für die Ukraine und erklärte, dass er „den Vorschlag Chinas für eine politische Lösung der Krise in der Ukraine, der für die Beilegung der Krise von großer Bedeutung ist, voll und ganz teilt und unterstützt“.

Lukaschenko dürfte es bei seinem China-Besuch allerdings auch darum gehen, als eigenständiger Akteur wahrgenommen zu werden, nicht als „Vasalle“ der Russen. „Ja, Lukaschenko ist ein Verbündeter Moskaus“, zitierte die South China Morning Post Artyom Lukin, einen Professor an der russischen Far Eastern Federal University. „Aber der Kreml braucht Lukaschenko nicht, um mit der chinesischen Führung zu verhandeln. Moskau hat genügend direkte Verbindungen zu Peking. Und es kann bei Bedarf seine eigenen Gesandten nach Peking schicken.“
Während Wladimir Putin bei seinen Treffen und Telefonaten mit Xi auf politische Rückendeckung für seinen Angriffskrieg aus war, geht es Lukaschenko nun vor allem um wirtschaftliche Unterstützung durch Peking. Im Mittelpunkt der Gespräche in China stünden Handel, Wirtschaft, Investitionen und humanitäre Zusammenarbeit sowie „die Bewältigung der dringlichsten internationalen Herausforderungen der Gegenwart“, wie die belarussische Nachrichtenagentur Belta im Vorfeld der Reise schrieb. Gegenüber Xinhua hatte Lukaschenko zuvor auch sein Interesse an Technologien zur „nationalen Verteidigung“ aus China bekundet.
Belarus‘ Diktator Lukaschenko betont den Handel mit China
Zunächst standen am Mittwoch Gespräche mit Chinas scheidendem Ministerpräsidenten Li Keqiang sowie Top-Diplomat Wang Yi auf dem Programm. Bei dem Treffen zeigte sich Lukaschenko laut Belta erfreut darüber, dass der Handel zwischen beiden Ländern zuletzt auf umgerechnet fast sechs Milliarden US-Dollar gestiegen sei – was im internationalen Vergleich allerdings ein verschwindend geringer Betrag ist. China ist – nach Russland – für Belarus zwar der zweitwichtigste Handelspartner, umgekehrt gilt das allerdings nicht. So handelten etwa China und Deutschland im vergangenen Jahr Waren im Wert von fast 300 Milliarden Euro.
Belarus, von Pekings Staatsmedien als „eiserner Bruder“ Chinas gefeiert, ist Partnerland von Chinas Neuer Seidenstraße, einem weltweiten Infrastrukturprojekt, mit dem Peking Kritikern zufolge nicht nur den Handel vorantreiben, sondern sich auch geopolitischen Einfluss sichern will. China und Belarus betreiben in der Nähe von Minsk einen gemeinsamen Industriepark, von dem Lukaschenko in Peking als „Perle“ der Seidenstraße schwärmte. Medienberichten zufolge ist das Projekt allerdings ins Stocken geraten. Zusammen mit Xi Jinping unterzeichnete Lukaschenko nun mehrere Abkommen, unter anderem zur Zusammenarbeit bei Bildung und Forschung, wie Belta berichtet.

In Peking und auch im Vorfeld seines Besuches betonte Lukaschenko immer wieder, wie gut er bereits mit Xis Vorgängern Hu Jintao und dem unlängst verstorbenen Jiang Zemin zusammengearbeitet habe – der Belarusse ist bereits seit 1994 an der Macht und will sich offenbar als ein seit Jahren verlässlicher Partner präsentieren. „Es gibt nur sehr wenige Staaten, mit denen China in diesem Umfang zusammenarbeitet“, zitierte Belta den belarussischen Präsidenten.
In Europa ist Belarus isoliert – von China wird Lukaschenko hingegen hofiert
Das viele Lob für China ist auch vor dem Hintergrund der Isolation von Belarus in Europa zu verstehen: Seit Lukaschenko 2020 die Massenproteste gegen die gestohlene Wahl niedergeschlagen hat, sehen ihn die meisten westlichen Staatschefs nicht mehr als legitimes Staatsoberhaupt seines Landes an. China, das sich nie in „innere Angelegenheiten“ anderer Staaten einmischt, betont hingegen die Kontinuität in den Beziehungen zu Lukaschenko.
Gut möglich, dass Lukaschenko sich mit seinem Besuch auch ein Stück weit vom Kreml absetzen will. Zuletzt hatte Lukaschenko Medienberichte über einen angeblichen Plan Russlands, sein Nachbarland bis 2030 nach und nach übernehmen zu wollen, als durchaus möglich bezeichnet. Im Vorfeld des Lukaschenko-Besuchs hatte sich der belarussische Außenminister Sergej Alejnik jedenfalls von seinem chinesischen Amtskollegen Qin Gang die Zusicherung geholt, China verurteile jede „Einmischung externer Kräfte in Belarus‘ innere Angelegenheiten“. Im selben Atemzug allerdings bezeichnete Qin die Sanktionen, die der Westen gegen das Lukaschenko-Regime verhängt hatte, als „illegal“. Und so blieb unklar, ob sich Qins Kritik tatsächlich auf die angeblichen Übernahmepläne durch Russland bezogen.
Das Signal, das von Lukaschenkos Peking-Besuch ausgeht, ist allerdings auch so eindeutig: China denkt gar nicht daran, seine Unterstützung für Putin oder dessen Vasallen zu verringern – im Gegenteil. Denn während Lukaschenko derzeit in Peking von einem Termin zum nächsten eilt, wartet ein anderer seit mehr als einem Jahr vergeblich auf ein Gespräch mit Xi Jinping: der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.
Der Artikel wurde nach dem Treffen zwischen Lukaschenko und Xi aktualisiert.