Zweifel an Cannabis-Legalisierung: Lauterbach darf „nicht auf halbem Wege kehrtmachen“
Die Cannabis-Legalisierung kommt. Einige haben jetzt schon Zweifel an den Plänen, wie Cannabis-Unternehmer unserer Redaktion erklären.
Berlin – Mehr als eine Stunde dauerte die Pressekonferenz von Karl Lauterbach und Cem Özdemir zur Cannabis-Legalisierung. Die beiden Minister hatten schließlich viel zu berichten. Die Bundesregierung will Besitz sowie kontrollierten Anbau und Verkauf der Droge erlauben. Wegen rechtlicher Hürden weicht die Ampel jedoch vom ursprünglichen Vorhaben ab.
So ist der Verkauf nicht – wie im Koalitionsvertrag festgeschrieben – in „lizenzierten Fachgeschäften“, sondern zunächst in sogenannten Cannabis Social Clubs gestattet. Einer Art Verein, dem Erwachsene beitreten und wo sie Cannabis erwerben können. „Wir wollen eine Möglichkeit schaffen, sich legal mit Cannabis zu versorgen“, erläuterte Gesundheitsminister Lauterbach. In einer zweiten Stufe will die Bundesregierung in Modellregionen für fünf Jahre auch den Verkauf über Fachgeschäfte testen. Zudem soll der Besitz von 25 Gramm zum Eigenbedarf straffrei bleiben. Cannabis-Unternehmer:innen reagieren auf die Pläne nicht nur mit Applaus.
Cannabis Legalisierung kommt – Cannabis-Unternehmer haben auch Zweifel an Lauterbachs Plänen
Es gibt sie durchaus, die positiven Töne aus der Branche. Lange standen Cannabis-Unternehmer vor ungewissen Zukunftsplänen. Die Legalisierungsarchitekt:innen im Gesundheitsministerium verwarfen Ideen und überarbeiteten das Eckpunktepapier. Gleichzeitig äußerte vor allem die Union rechtliche Bedenken. Die CSU gab zwei Gutachten in Auftrag, nach denen die Legalisierung gegen geltendes EU- und Völkerrecht verstoßt. Dass Lauterbach überhaupt konkrete Pläne vorstellt, begrüßt die Wirtschaft daher. Doch es gibt auch Kritik.
Der Frankfurter Cannabis-Unternehmer Niklas Kouparanis erkennt zwar ein „neues Zeitalter der progressiven Drogenpolitik“, doch das Ende der Cannabis-Prohibition sei aufgeschoben. „Wir fordern Karl Lauterbach dazu auf, nicht auf halbem Wege kehrtzumachen“, sagt der CEO der Bloomwell Group der Frankfurter Rundschau. „Durch Cannabis Social Clubs und Eigenanbau, die in Säule eins vorgesehen sind, wird der Minister den illegalen Markt nicht zurückdrängen.“ Es sei fraglich, ob durch diese Vereine eine flächendeckende Versorgung, auch im ländlichen Raum, gewährleistet werden kann.

Cannabis Legalisierung Light? „Karl Lauterbach muss endlich Fakten schaffen“
„Karl Lauterbach darf sich nun keineswegs auf diesem kurzen Eckpunktepapier ausruhen“, meint Kouparanis. „Er muss endlich Fakten in Form von verabschiedeten Gesetzen schaffen und parallel auf europäischer Ebene für eine legalisierte Wertschöpfungskette für Cannabis eintreten.“
Lars Müller, Vorstandschef des Cannabinoid-Unternehmens SynBiotic, sieht eine „Legalisierung Light“. Die Pläne seien erfreulich und zeigten die Reformbereitschaft der Ampel. Doch: „Es bleibt abzuwarten, inwieweit diese Form des Anbaus den Anforderungen hinsichtlich der hohen Nachfrage und Qualität gerecht wird“, sagt Müller. „Ich gehe nicht davon aus, dass der Bedarf kurz- und mittelfristig gedeckt werden kann.“ Deshalb müsse die Politik stärker mit den Unternehmen zusammenarbeiten.

Zufriedener äußert sich Thomas Schatton, Geschäftsführer des Paderborner Unternehmens Four 20 Pharma. Mit den Ergebnissen „sind wir als Industrie sehr zufrieden“, sagt Schatton der Frankfurter Rundschau. „Wir werten die Ergebnisse als einen ersten Schritt und vor allem einen guten, sinnvollen und vor allem konstruktiven Anfang, sich dem Thema schrittweise, aber dennoch konsequent zu nähern.“ Veränderung brauche Zeit. „Natürlich wünscht sich eine Industrie immer einen möglichst großen und offenen Markt, doch sollte, wie schon deutlich von Herrn Lauterbach dargestellt, der Jugendschutz beim Thema Cannabis oberste Priorität haben.“
Legalisierungsgegenwind kommt vor allem aus Bayern. „Hände weg von Drogen“, forderte CSU-Chef Markus Söder auf Twitter. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek sagte unserer Redaktion: „Die gesamte Cannabis-Legalisierung zu Genusszwecken ist unangemessen.“ Es handle sich um eine gefährliche Droge. Die Argumentation, die Legalisierung führe zu mehr Jugendschutz, bezeichnete er als „schlechten Witz“. (as)