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„Zeitenwende“ verschlafen? Deutschlands Militärausgaben sinken - Neue Zahlen kursieren

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Von: Patrick Mayer

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Der Ampel-Plan zu einer Modernisierung der Bundeswehr ist offenbar ordentlich ins Stocken geraten. Neue Zahlen zeigen das Dilemma deutscher Sicherheitspolitik. Ein Zusatz-Budget soll wohl helfen.

München/Berlin - Was, wenn Deutschland tatsächlich angegriffen werden würde? Die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag diskutierte laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) jüngst diese hypothetische Frage vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs.

Militärausgaben Deutschlands: Ampel-Regierung senkt Ausgaben für Verteidigung aktuell

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) analysierte dabei die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr schonungslos: „Wir haben keine Streitkräfte, die verteidigungsfähig sind, also verteidigungsfähig gegenüber einem offensiven brutal geführten Angriffskrieg“, sagte er demnach.

Ein möglicher Grund: Deutschland senkt im zweiten Jahr nach dem russischen Überfall auf die Ukraine seine Militärausgaben sogar. Von „Zeitenwende“, wie sie Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Februar 2022 angekündigt hatte, keine Spur. Trotz des anberaumten „Sondervermögens Bundeswehr“ über 100 Milliarden Euro.

Wir haben keine Streitkräfte, die verteidigungsfähig sind, also verteidigungsfähig gegenüber einem offensiven brutal geführten Angriffskrieg.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD)

Wie t-online vorrechnet, liegt der Etat für Verteidigung in der Bundesrepublik in diesem Jahr bei rund 50,1 Milliarden Euro. 2022 hatte er noch 50,4 Milliarden Euro betragen, 2021 dagegen 47,2 Milliarden Euro und 2020 rund 46,1 Milliarden Euro.

Verteidigungsausgaben für die Bundeswehr: Deutschland bleibt klar unter dem Nato-Ziel

Was erstmal nach viel Geld klingt, geht deutlich am formulierten Ziel der Ampel-Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP vorbei. So hatte das Scholz-Kabinett das Vorhaben definiert, die zwei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt, die sich die Nato an Verteidigungsausgaben seiner Mitgliedstaaten wünscht, endlich umzusetzen. Davon ist Deutschland aber nach wie vor weit entfernt.

Konkret: In diesem Jahr beträgt der Anteil der Militärausgaben am Bruttoinlandsprodukt nur 1,34 Prozent statt der im transatlantischen Verteidigungsbündnis geforderten 2,0 Prozent. 2021 lag der Anteil der Verteidigungsausgaben in der Bundesrepublik noch bei 1,39 Prozent.

Die „Zeitenwende“ setzt die Ampel-Bundesregierung unter Druck: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (re., SPD) auf einem Leopard-2-Panzer.
Die „Zeitenwende“ setzt die Ampel-Bundesregierung unter Druck: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (re., SPD) auf einen Leopard-2-Panzer. © IMAGO/David Inderlied

Für das in der Nato vereinbarte Zwei-Prozent-Ziel müsse Deutschland seinen Wehretat im laufenden Jahr um zusätzliche 15 Milliarden Euro steigern, wurde der dpa aus Regierungskreisen in Berlin erklärt. Man rechne letztlich mit einem BIP-Anteil von 1,6 Prozent, hieß es demnach weiter. Eigentlich, so die Vorstellung der Nato, sollen sich alle Mitgliedstaaten jedoch schon 2024 den vereinbarten 2,0 Prozent annähern.

Zeitenwende bei der Bundeswehr? CDU kritisiert SPD-Kanzler Scholz scharf

Bei einer Sitzung des Deutschen Bundestages an diesem Donnerstag (2. März) kritisierte die Union aus CDU und CSU, dass von den 100 Milliarden Euro Sondervermögen angeblich erst 600 Millionen Euro ausgegeben worden seien. „Wir werden Jahre, wenn nicht Jahrzehnte Sicherheit in Europa nicht mehr mit Russland, sondern Sicherheit in Europa gegen Russland organisieren müssen“, erklärte CDU-Parteichef Friedrich Merz und meinte an Scholz gerichtet: „Und dazu, Herr Bundeskanzler, müssen Entscheidungen getroffen werden und nicht nur Regierungserklärungen abgegeben werden.“

Wir werden Jahre, wenn nicht Jahrzehnte Sicherheit in Europa nicht mehr mit Russland, sondern Sicherheit in Europa gegen Russland organisieren müssen.

CDU-Parteichef Friedrich Merz

Die Folgen bekommt die Truppe zu spüren: Wie das ZDF berichtet, waren im Heer Mitte Februar nur 90 der vorhandenen 290 Leopard-2-Panzer einsatzbereit. Mittlerweile ist klar, dass 18 davon an die ukrainischen Streitkräfte zur Verteidigung gegen die russische Invasion gehen. Acht weitere „Leos“ sind laut ZDF bei der „enhanced forward battlegroup Lithuania“ stationiert, deren Kommando die Bundeswehr an der Nato-Ostflanke im Baltikum hat. Blieben zu diesem Zeitpunkt also 64 Leopard-Panzer für Deutschland selbst. (pm)

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