Alle drei Ampelparteien schickten Regierungsmitglieder in die Debatte. Neben der Sozialdemokratin Alabali-Radovan und Freidemokrat Buschmann trat auch Familienministerin Lisa Paus (Grüne) ans Redepult. „Das zeigt den Ernst der Lage“, urteilte der CDU-Abgeordnete Alexander Throm.
Die Debatte war von der Unionsfraktion auf die Tagesordnung gesetzt worden unter dem Titel „Die Silvesterkrawalle als Ausdruck von Respektlosigkeit gegenüber dem deutschen Staat und seinen Einsatzkräften“. In der Silvesternacht waren bei Ausschreitungen in mehreren deutschen Städten von Gruppen junger Männer auch Polizist:innen und Rettungskräfte angegriffen worden. Besonders heftig waren die Auseinandersetzungen in Berlin-Neukölln.
Von Anfang an wurde klar, dass die Union das Thema vor dem Hintergrund der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus aufgerufen hatte, die am 12. Februar ansteht. Die CSU-Innenpolitikerin Andrea Lindholz forderte „den starken Staat, der das Recht durchsetzt“ und endete mit dem Satz: „Berlin braucht endlich eine neue Politik.“ Ihr CDU-Kollege Throm beklagte, dass die Berliner Justiz, anders als die baden-württembergische, noch keine Täter aus der Silvesternacht in Schnellverfahren verurteilt habe.
In der Debatte bestanden Abgeordnete der Union darauf, angesichts der Gewalttaten Integrationsprobleme von Menschen mit Migrationshintergrund zu thematisieren. Wenn sich ausgerechnet die Integrationsbeauftragte Alabali-Radovan eine solche Debatte verbitte, dann sei das „Arbeitsverweigerung“, sagte der CDU-Abgeordnete Alexander Throm.
Der SPD-Innenpolitiker Uli Grötsch erwiderte, in Neukölln habe der überwiegende Teil der Menschen einen Migrationshintergrund - auch diejenigen Anwohner:innen, die unter den Ausschreitungen gelitten hätten. „Wen das überrascht, der kennt die Lebensrealität nicht“, formulierte Grötsch.
Familienministerin Paus erklärte, eine „Migrationsperspektive“ auf die Auseinandersetzungen sei „irreführend“. Es gehe um junge Männer, die „den öffentlichen Raum besetzen“ wollten und „subjektive Machtfantasien“ auf die Spitze trieben. Es sei „dumpf“ und „rassistisch“, bei ihnen nach Menschen mit oder ohne Migrationsgeschichte zu unterscheiden.
Politiker:innen der Ampelparteien wandten sich scharf gegen Äußerungen von Unionsfraktionschef Friedrich Merz, der einen Mangel an Respekt von „kleinen Paschas“ beklagt hatte, und gegen einen Vorstoß der Berliner CDU, die vom Senat die Vornamen der Tatverdächtigen erfahren wollte, um auf einen Migrationshintergrund schließen zu können. Warum hat die Union eigentlich nicht nach Vornamen von ,Reichsbürgern‘ und ,Querdenkern‘ gefragt?“, erkundigte sich Alabali-Radovan.
„Sie zeigen mit dem Finger auf Menschen mit Migrationshintergrund“, rief die Grünen-Abgeordnete Lamya Kaddor der Union zu. Damit werde die Gesellschaft gespalten, fügte Kaddor hinzu und sprach – unter Verweis auf den früheren US-Präsidenten Donald Trump – von einer Entwicklung „in Richtung Trumpisierung“ bei CDU und CSU. (Pitt von Bebenburg)