London argumentiert, das Nordirland-Protokoll untergrabe den Frieden in der Region, indem es die dortige Regierung lahmlege. Die pro-britische Partei DUP blockiert seit Wochen die Regierungsbildung in Nordirland und fordert die Abschaffung des Protokolls.
Die EU lehnt eine grundsätzliche Überarbeitung des Abkommens ab und wertet einseitige Änderungen als Verstoß gegen internationales Recht. Sie hat deshalb bereits zwei neue Vertragsverletzungsverfahren gegen Großbritannien eingeleitet und ein altes Verfahren wieder aufgenommen. Brüssel hat London aber praktische Vereinfachungen bei den Kontrollen angeboten.
Außenministerin Truss bestritt, dass Großbritannien mit den Änderungen gegen internationales Recht verstoßen würde. Der Friedensprozess in der Region müsse Vorrang haben, erklärte sie. „Wir können nicht zulassen, dass sich die Situation verschlechtert.“
Die frühere britische Premierministerin Theresa May widersprach im Unterhaus aber der Darstellung der Regierung ihres Nachfolgers Johnson. Die geplanten Änderungen am Nordirland-Protokoll seien „nicht legal“, sie würden „nicht ihre Ziele erreichen“ und zudem „dem Ansehen Großbritanniens in der Welt“ schaden.
Der irische Regierungschef Micheal Martin warnte ebenfalls vor Änderungen an den beschlossenen Regelungen. „Jede einseitig getroffene Entscheidung, internationales Recht zu brechen, ist eine bedeutende, ernste Entwicklung“, sagte er in Dublin. Eine alternative Lösung für den Konflikt hat die Regierung von Boris Johnson bislang nicht vorgelegt. (skr/afp)