Boris Johnsons Lockdown-Partys: Während die Queen trauert, feiert die Downing Street
Boris Johnson steht wegen mutmaßlicher Lockdown-Partys in seinem Amtssitz in der Kritik. Neue Vorwürfe dürften die Lage für den Premier noch verschärfen.
Update vom Freitag, 14.01.2022, 06.00 Uhr: Der Skandal um Partys am Regierungssitz des britischen Premierministers weitet sich aus: Am Vorabend der Beisetzung von Queen-Gemahl Prinz Philip im April sollen Dutzende Mitarbeiter:innen des britischen Premierministers Boris Johnson in dessen Amtssitz zwei Lockdown-Partys gefeiert haben. Wie die Zeitung Daily Telegraph in der Nacht zum Freitag berichtete, nahmen insgesamt etwa 30 Menschen daran teil. Es sei Alkohol getrunken und getanzt worden.
Damals galten strenge Kontakt- und Abstandsregeln wegen der Corona-Pandemie. Die Queen musste wegen der Vorschriften am nächsten Tag ganz alleine in der Kapelle ihrer Residenz Windsor sitzen, als dort ihr Ehemann, mit dem sie 73 Jahre verheiratet war, bestattet wurde. Das Foto der einsamen Queen war einer der prägenden Eindrucke der Pandemie und berührte die Herzen von Millionen Brit:innen. Umso größer ist nun die Empörung. „Während sie trauerte, feierte No. 10“, sagte der Chef der Liberaldemokraten, Ed Davey.
Auch wenn Johnson selbst nicht an den Partys am 16. April 2021 teilnahm und auch nicht in der Downing Street anwesend war, wird er für das Verhalten seiner Mitarbeiter verantwortlich gemacht. „Ich habe keine Worte für die Kultur und das Verhalten in No. 10“, sagte die Vizechefin der größten Oppositionspartei Labour, Angela Rayner. Der Fisch stinke vom Kopf.
Es ist die erste Lockdown-Party im Regierungssitz aus dem Jahr 2021, die bekannt wird. Bisher waren mehrere Feiern im Mai und Dezember 2020 publik geworden.

Boris Johnsons Corona-Partys sorgen für Aufregung
Erstmeldung: London – Der britische Premierminister Boris Johnson steht weiterhin in der Kritik, sowohl bei der Opposition als auch in der eigenen Partei. Grund ist die sogenannte „Partygate“-Affäre. Johnson soll im Corona-Lockdown 2020 eine illegale Gartenparty veranstaltet und gefeiert haben. Nun fordern verschiedene Politikerinnen und Politiker seinen Rücktritt. Auch zahlreiche Bürgerinnen und Bürger in Großbritannien sind erzürnt.
Am Mittwoch (12.01.2022) hatte sich Johnson im Unterhaus dafür entschuldigt. Er gab an, dass er die Gartenparty in der Downing Street während des ersten Corona-Lockdowns im Mai 2020 für ein Arbeitstreffen gehalten habe. Diese Einschätzung sei im Rückblick falsch gewesen. Der Büroleiter des britischen Premiers hatte per E-Mail etwa 100 Mitarbeiter zu dem Treffen eingeladen und betont: „Bringt Euren eigenen Alkohol mit.“

Großbritannien: Entschuldigung von Boris Johnson scheint nicht auszureichen
Offenbar reicht Boris Johnsons Entschuldigung weder den Kolleginnen und Kollegen in der eigenen Partei (Tories) aus, noch den Politikerinnen und Politikern der Opposition (Labour). Letztere fordern den Rücktritt des aktuellen Premierministers. Bisher haben allerdings auch vier Tory-Abgeordnete Johnson öffentlich zum Rücktritt aufgefordert, darunter Douglas Ross, der Chef der schottischen Konservativen.
Im Gespräch mit anderen Parteimitgliedern soll sich der Premierminister Großbritanniens trotzig gegeben haben. Das berichtet die Tageszeitung Times. Persönlich habe er nichts falsch gemacht, soll er demnach gesagt haben. Dem Bericht zufolge habe sich Johnson mit seiner Entschuldigung nur Zeit erkauft, doch allein der parteiinterne Widerstand sei sehr groß.
Name | Alexander Boris de Pfeffel Johnson |
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Rufname | Boris |
Geburtsdatum/-ort | 19. Juni 1964 in New York City (Vereinigte Staaten) |
Politisches Amt | Premierminister des Vereinigten Königreichs |
Partei | Konservative und Unionistische Partei (Tories) |
„Es ist vorbei. Es ist nicht zu verteidigen und es ist erstaunlich, wie wenig Unterstützung er innerhalb der Fraktion hat“, soll ein Kabinettsmitglied gegenüber der Times gesagt haben. Daneben stellt sich auch die Opposition gegen den amtierenden Premier. „Er entschuldigt sich dafür, dass er erwischt wurde“, sagte die Labour-Politikerin Lisa Nandy.
Nach Corona-Party: Rücktritt von Boris Johnson nicht ausdrücklich ausgeschlossen
Wie es mit der Aufruhr um Boris Johnson weitergeht, ist derzeit noch offen: Einen Rücktritt schloss er nicht ausdrücklich aus. Bisher bittet Johnson darum, die offiziellen Ergebnisse der internen Ermittlungen abzuwarten. Diese beschäftigen sich neben der obengenannten Gartenparty während des Lockdowns mit weiteren mutmaßlichen Partys in der Downing Street.
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Mögliche Nachfolger vonseiten der konservativen Partei scheinen aber schon im Gespräch zu sein: Außenministerin Liz Truss und Finanzminister Rishi Sunak. Beide sprachen am Mittwochabend über die aktuelle Situation. Während sich Sunak eher zurückhaltend äußerte, sicherte Truss Johnson ihre Unterstützung zu.
Johnson könnte durch ein Misstrauensvotum seines Amtes enthoben werden. Dafür müssten allerdings 15 Prozent der 360 konservativen Abgeordneten dem Premier ihr Misstrauen aussprechen. Offiziell ist der Premierminister davon noch weit entfernt.
Aber auch die generellen Umfragewerte der Tories in Großbritannien sind alles andere als gut – der Times zufolge wuchs der Vorsprung der oppositionellen Labour-Partei vor Johnsons Konservativen auf zehn Prozentpunkte. (jey/dpa)