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Auszeit oder Angst? Bolsonaro beantragt Touristenvisum in den USA

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Von: Alexander Eser-Ruperti

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Mit der schnellen Rückkehr nach Brasilien wird es wohl doch nichts: Jair Bolsonaro scheint noch ein wenig in den USA bleiben zu wollen – aus Selbstschutz?

Florida – Der ehemalige brasilianische Präsident Jair Bolsonaro plant offenbar, seinen Aufenthalt in den USA zu verlängern. Der Ex-Regierungschef sieht sich in der Heimat mit Ermittlungen gegen seine Person konfrontiert, in einer Erklärung seines Anwalts zu Bolsonaros USA-Plänen ist davon allerdings keine Rede.

Es drängt sich trotz allem die Vermutung auf, der rechtsextreme Politiker könnte auch aus Angst vor strafrechtlichen Konsequenzen vorerst nicht nach Brasilien zurückkehren – Ausgang der Ermittlungen ungewiss.

Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro beantragt Touristenvisum in den USA

Als Erstes hatte es die Financial Times berichtet: Brasiliens rechtsextremer Ex-Präsident Jair Bolsonaro hat ein Touristenvisum in den USA beantragt, ausgelegt auf sechs Monate. Danach will er entscheiden, wie es weitergeht. Sein Rechtsanwalt Felipe Alexandre erklärte der Nachrichtenagentur Reuters, Bolsonaro wolle „sich eine Auszeit nehmen, seinen Kopf freibekommen und es genießen, ein paar Monate lang ein Tourist in den USA zu sein“. Es gibt Zweifel, dass das die ganze Wahrheit ist.

Jair Bolsonaro
Was hatte Ex-Präsident Jair Bolsonaro mit dem Sturm radikaler Anhänger auf den Kongress zu tun? © Bruna Prado/AP/dpa

Gegen Bolsonaro laufen derzeit Ermittlungen, Hintergrund ist der Sturm seiner Anhängerinnen und Anhänger auf das Regierungsviertel in Brasilia. Bereits zwei Tage vor dem Ende seiner Amtszeit hatte sich der damals noch amtierende Präsident nach Florida abgesetzt. Mitte Januar kündigte er dann eigentlich an, zeitnah nach Brasilien zurückzukehren. Dieses Vorhabe scheint jedoch inzwischen vergessen. Bisher hatte sich Bolsonaro Medienberichten zufolge mit einem Diplomatenvisum in den USA aufgehalten, doch das läuft mit dem 31. Januar ab.

Ermittlungen gegen Jair Bolsonaro und Spott von Präsident Lula da Silva

Die brasilianische Justiz ermittelt derweil, ob der Ex-Präsident seine Anhängerinnen und Anhänger zum Sturm auf das Regierungsviertel in Brasilia am 08. Januar angestiftet haben könnte. Damals waren hunderte Unterstützer des abgewählten Präsidenten in das Oberste Gericht, das Kongressgebäude und den Präsidentenpalast eingedrungen. Bolsonaro selbst hielt sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Florida auf, schnell machten Spekulationen über einen von dort aus orchestrierten Coup die Runde. Der ehemalige Präsident selbst streitet nach wie vor jegliche Beteiligung ab, öffentlich verurteilte er die Ausschreitungen, nur: viele kaufen ihm das nicht ab.

Zu den Skeptikern gehört wohl auch Bolsonaros Nachfolger. Präsident Lula da Silva sprach nach den Ereignissen von „faschistischen Vandalen“. Bereits vor der Erstürmung hatte er Bolsonaro vorgeworfen, „faschistischen Demonstranten“ anzustacheln. Der rechtsextreme Politiker hatte durch seine Ausreise der Amtsübergabe an seinen Nachfolger nicht beigewohnt. Lula da Silva deshalb in Richtung Bolsonaro: „In Wirklichkeit ist er weggelaufen, um mir die Schärpe nicht überreichen zu müssen“. Tatsächlich scheint der geschasste Präsident es nun nicht mehr so eilig zu haben mit der Rückkehr, möglicherweise, aus Furcht vor der Justiz – einen Auslieferungsantrag gibt es indes bisher nicht, doch das könnte sich ändern. (Alexander Eser-Ruperti)

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