Black Lives Matter: Geschichte einer wachsenden Protestbewegung

Was 2013 in den USA begann, wurde spätestens mit dem Tod von George Floyd eine internationale Bewegung gegen Rassismus: Black Lives Matter.
Florida – Ausgangspunkt der Black Lives Matter Bewegung (BLM) ist der Freispruch von George Zimmerman. Das Mitglied einer Nachbarschaftswache hatte den unbewaffneten Afroamerikaner Trayvon Martin erschossen, weil dieser ihm verdächtig vorgekommen sei. Initiiert hatten die Bewegung Alicia Garza, Patrisse Cullors und Opal Tometi zunächst als Protest gegen dieses Gerichtsurteil.
Black Lives Matter: Die Geschichte der Bewegung
Hierauf entstand der Hashtag #BlackLivesMatter, der auf Facebook, Twitter und Tumblr schnell die Runde machte und sich bei folgenden Demonstrationen gegen rassistische Polizeigewalt auf Schildern etablierte. Was sich zunächst nur gegen Polizeigewalt, die „Gefängnisindustrie“ und Ungerechtigkeiten des US-Justizsystems richtete, wurde ab August 2014 zu einer nationalen Bewegung. Nach dem Tod des unbewaffneten 18-jährigen Afroamerikaners Michael Brown durch einen weißen Polizisten in Ferguson, Missouri, kam es in Ferguson zu mehrtägigen, teils gewaltsamen Protesten.
Name | Black Lives Matter |
Gründung | 13. Juli 2013 |
Gründerinnen | Alicia Garza, Patrisse Cullors, Opal Tometi |
Entstehungsort | USA |
Alicia Garza organisierte daraufhin einen sogenannten „Freedom Ride“ nach Ferguson, der die Black Lives Matter Bewegung international bekannt machte. Seitdem organisieren die BLM-Aktivist:innen zahlreiche Anti-Rassismus-Kundgebungen und Proteste im ganzen Land, in welchen sie die systematische Polizeigewalt gegen Schwarze anprangern. Ab 2016 jedoch, nahm die Berichterstattung über diese Bewegung zunehmend ab.
Black Lives Matter: Tötung von George Floyd gab der Bewegung neuen Auftrieb
Neuen Auftrieb bekam die Bewegung nach drei Todesfällen Anfang 2020: Ahmaud Arbery in der Nähe von Brunswick, Georgia am 23. Februar, Breonna Taylor in Louisville, Kentucky am 13. März und George Floyd in Minneapolis, Minnesota am 25. Mai. Insbesondere die schnelle Verbreitung des neunminütigen Videos der Tötung von George Floyd in den sozialen Medien löste eine wochenlange Protestwelle in den USA aus, die über den gesamten Globus Bekanntheit erlangte. George Floyds letzte Worte „I can‘t breathe“ („Ich kann nicht atmen“) wurden international zum Symbol im Protest gegen rassistische Polizeigewalt.
Anders als nach dem Tod von Michael Brown 2014, dessen Proteste hauptsächlich von der schwarzen Bevölkerung getragen wurden, schlossen sich nach der Tötung von George Floyd auch Mitglieder der weißen Mehrheitsbevölkerung in den USA den Demonstrationen an. Unterstützt wurden sie dabei auch von prominenten Vertreter:innen aus Sport, Kultur und Wirtschaft. Da die Proteste jedoch zunehmend zu gewaltsamen Ausschreitungen wurden, geriet die Bewegung auch in den Fokus einer kritischen Öffentlichkeit.
Black Lives Matter: Die Ziele der Bewegung
Im Zentrum des Aktivismus von Black Lives Matter steht der Kampf gegen rassistische Polizeigewalt. Die zahlreichen Tötungen schwarzer Menschen durch weiße Polizisten und die häufigen Freisprüche der Justiz werten sie nicht als Einzelfälle, sondern als strukturelles Problem. Dementsprechend lautet die Forderung „Defund the Police“: Polizeibehörden sollen die finanziellen Mittel gekürzt werden und diese stattdessen in soziale Organisationen fließen.
Darüber hinaus setzt sich die Bewegung für eine umfassende gesellschaftliche Akzeptanz aller schwarzen Lebensentwürfe ein. So stellt sie sich unter anderem auch hinter weibliche, queere, transgender und behinderte Menschen mit schwarzer Hautfarbe. Aus ihrer Sicht sind die USA noch weit davon entfernt, eine Gesellschaft zu sein, in der Gleichberechtigung, soziale Gerechtigkeit und respektvolles Zusammenleben aller Bevölkerungsgruppen möglich ist. Hinter der umfassenden Benachteiligung von Personen, die nicht der weißen Mehrheitsgesellschaft angehören, vermutet die Bewegung einen strukturellen Rassismus.
Black Lives Matter: Antisemitismus innerhalb der Bewegung
Kritik erntete die Bewegung nicht nur für die zum Teil gewaltvollen Ausschreitungen bei Protesten. Viele sehen auch einen zunehmenden Antisemitismus als Problem der Bewegung. So wurde in Los Angeles die Statue des schwedischen Judenretters Raoul Wallenberg geschändet. In San Diego wurde das Haus der jüdischen Studentenorganisation Hillel attackiert. Im besonders jüdisch geprägten Viertel Fairfax in Los Angeles wurden Ende Mai 2020 Geschäfte, die koschere Lebensmittel anbieten, eine jüdische Bäckerei, eine Schule und andere jüdische Einrichtungen verwüstet. An einer Synagoge prangte das Graffiti „Fuck Israel. Free Palestine.“
Der Referent bei der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin, Kai Funkschmidt, erklärt den Antisemitismus innerhalb der Black Lives Matter Bewegung aus deren Weltbild heraus wie folgt: „Es gibt eine Unterdrückungsrasse, das sind die Weißen. Und es gibt die Unterdrückten, das sind die Schwarzen. Und dann sind die Juden plötzlich in erster Linie Weiße. Und dann werden sie ausgesondert für einen besonderen Hass innerhalb der Weißen.“
Black Lives Matter ist eine dezentral organisierte Bewegung ohne strenge Hierarchien. Innerhalb der Bewegung gibt es zahlreiche eigenständige Ortsverbände in verschiedenen Städten. Daher kann man den Antisemitismus vieler Anhänger:innen nicht per se auf die gesamte Bewegung übertragen, wenngleich dies ein diskussionswürdiges Problem bleibt. (Joshua Schößler)