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„Es reichte einfach allen“: In der Berliner SPD rumort es gewaltig – Internes Schreiben sickert durch

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Von: Alexander Eser-Ruperti

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In der Berliner SPD gibt es Diskussionsbedarf. Das zeigt ein öffentlich gewordenes Thesenpapier eines Parteifreundes von Franziska Giffey.

Berlin – Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in Berlin befinden sich in Koalitionsgesprächen, mit CDU sowie mit Grünen und Linke laufen die Verhandlungen. In genau diese entscheidende Phase nach der Berlin-Wahl fallen Berichte über ein internes Thesenpapier eines Parteifreundes von Franziska Giffey – Andreas Köhler.

In dem nun aufgetauchten Schreiben geht der Anwalt der Berliner Regierenden Bürgermeisterin mit seiner SPD hart ins Gericht. Köhler formuliert klare Forderungen, auch in Bezug auf Giffeys zukünftige Rolle.

Nach Berlin-Wahl: Giffey-Anwalt Köhler sorgt mit Thesenpapier für Aufsehen

Geht es nach Köhler, braucht es in der Partei radikalen Wandel – auch personell. In einem Thesenpapier, das dem Spiegel vorliegt, zeichnet er das Bild einer Partei, die „intellektuell ausgebrannt“ ist. Als ursächlich für das schlechte Ergebnis des Landesverbands mache Köhler sowohl personelle als auch inhaltliche Fehltritte aus, schreibt der Spiegel. Verfehlungen sieht er unter anderem in den Bereichen Verkehr und Bildung.

Franziska Giffey
Die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey (SPD), würde ihren Posten gerne behalten. © Fabian Sommer/dpa

Einst hatte er selbst für die Partei im Abgeordnetenhaus gesessen, nun übt Köhler Kritik, die wenig Raum für Interpretationen lässt: 30 Jahre SPD hätten „zum Eindruck von Inkompetenz und Unzufriedenheit mit unserer Schulpolitik“ geführt. Sein klares Fazit: „Es reichte einfach allen.“ In Berlin hätten die Wählerinnen und Wähler „die Schnauze voll von SPD-Versprechungen“. Köhler forderte deshalb Veränderungen in der Partei – vor allem personell.

SPD in Berlin: Interne Kritik von „durchsetzungsschwach“ bis „Totalausfall“

Der Zeitpunkt des Auftauchens von Köhlers Thesenpapier ist heikel, seine personelle Kritik konkret. Sie betrifft unter anderem den ehemaligen Innensenator Andreas Geisel: Dass dieser nach der verpfuschten Wahl in einem anderen Ressort weitergemacht habe, sei als „unanständig“ empfunden worden, schrieb Köhler laut Spiegel.

Der Metall-Quader mit dem SPD-Emblem vor dem Willy-Brandt-Haus, dem Sitz der Bundesparteizentrale in Berlin
Die SPD-Bundeszentrale: Das Willy-Brandt-Haus in Berlin. Es rumort bei den Sozialdemokraten. © Bernd Friedel/Imago

Köhler monierte ferner, es habe „keine überzeugenden Antworten und Lösungen“ für Angriffe auf Rettungskräfte an Silvester gegeben, die Verkehrspolitik sei ebenfalls orientierungslos. Das Urteil des Anwalts über ehemalige Senatorinnen und Senatoren hat es in sich – sie reicht von„durchsetzungsschwach“ bis hin zu „Totalausfall“, von Stadtentwicklung bis Bildung. Ausnahmen macht der SPD-Mann lediglich für Kultursenator Klaus Lederer und Sozialsenatorin Katja Kipping. Die beiden Mitglieder der Linkspartei erhielten von ihm ausdrücklich Lob, eine Ausnahme in Köhlers Thesenpapier.

Giffey trotz Wahl-Flop weiter Nummer eins? „Nur sie kann Verwaltung und Repräsentanz“

Köhlers personelle Kritik richtet sich gegen viele – Giffey sieht er indes weiter an der Spitze der Berliner Politik. Köhler sagt: „Nur sie kann Verwaltung und Repräsentanz. Niemand anderes ist in Sicht“. Er plädierte für eine Fortführung des Linksbündnisses in Berlin, mit personeller Neuausrichtung: Alle Senatorinnen und Senatoren der SPD müssten durch neue Gesichter ersetzt werden, so Köhler. Die „Wahlklatsche“ sei zu groß gewesen, um so zu tun, „als ob alles beim Alten bleiben darf“. Es brauche eine disruptive Verwaltungsreform.

Sowohl bei den Sozialdemokraten als auch in Berlin müsse umgedacht werden. Dabei lehnte der Anwalt auch Debatten über die Enteignung von Wohnungsbaugesellschaften ab – einem Anliegen, dem die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner in einem Volksentscheid Nachdruck verliehen hatte. Köhler erklärte, man müsse „Phantomdebatten über Enteignungen von Wohnungsbaugesellschaften“ beenden – das sehen viele Bürgerinnen und Bürger offenbar anders.

Intern ist Köhlers Thesenpapier nicht mehr – ebenso wenig wie seine Kritik. Für die Sozialdemokraten kommt das zu einem heiklen Zeitpunkt: Es rumort in der Hauptstadt-SPD. (ales)

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