Bericht in der FR verhindert
Verleger Dirk Ippen hat die Veröffentlichung einer Recherche des Ippen-Investigativ-Teams über möglichen Machtmissbrauch im Verlagshaus Axel Springer verhindert. Während das Investigativ-Team ausschließlich auf Onlineportalen publiziert, druckt die FR – oft als einzige Zeitung in der Ippen-Gruppe – die Texte auf Papier. Auch diese rechtlich geprüfte Recherche hätte die FR gerne veröffentlicht.
Die Entscheidung gegen die Veröffentlichung sei den Redaktionsleiterinnen und -leitern im Unternehmen vom Chefredakteur der Ippen-Digital-Zentralredaktion, Markus Knall, mitgeteilt worden, heißt es in einem Protestbrief des Teams von Ippen Investigativ. Die Berichterstattung zum Umgang mit Mitarbeiterinnen insbesondere durch den „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt und zu weiteren Missständen bei Axel Springer war online für den Sonntag und die Montagsausgabe der FR geplant.
Das Rechercheteam sei „schockiert von dieser Entscheidung“, heißt es in dem Protestbrief, dem sich die Redaktion der FR vollständig anschließt (Erklärung auf Seite 1 dieser Ausgabe). Die Recherche sei redaktionell und juristisch über Monate abgestimmt worden, so der Brief weiter. Die Journalistinnen und Journalisten hätten „nach allen Standards der investigativen Recherche gearbeitet und wasserdichte, zur Veröffentlichung geeignete, neue und exklusive Informationen recherchiert“. Die Entscheidung des Verlegers Dirk Ippen widerspreche „allen Regeln der unabhängigen Berichterstattung“ und sei „eine absolute Verletzung des Grundsatzes der Trennung von Redaktion und Verlag. Wir fühlen uns dadurch in unserer Arbeit als Investigativ-Team beschnitten“.
In dem Protestbrief heißt es weiter: „Unsere Recherche-Ergebnisse deuten auf Missstände und Machtmissbrauch im Hause Axel Springer und durch den mächtigsten Chefredakteur Deutschlands hin. An diesen Recherche-Ergebnissen besteht ohne jeden Zweifel ein hohes öffentliches Interesse.“ Die Entscheidung gegen die Veröffentlichung „bedeutet für uns einen Vertrauensbruch in der Zusammenarbeit zwischen dem Investigativ-Team und dem Verlag. Wir sind von dieser Entscheidung zutiefst enttäuscht.“
Dirk Ippen selbst äußerte sich am Montag im Gespräch mit dem Fachportal „Meedia“ zu den Vorwürfen gegen ihn: „Es gehört für mich zu den ältesten Grundsätzen des Journalismus, dass bei Berichten über Wettbewerber auch der Anschein vermieden werden muss, es könnten neben publizistischen auch wirtschaftliche Motive hinter einer Kritik am Wettbewerber stehen“, sagte er dem Mediendienst und fügt hinzu: „Im vorliegenden Fall gilt das ganz besonders, weil es nicht allgemein um das Haus Springer, sondern speziell um die mit der ‚TZ‘ im täglichen Wettbewerb stehende ‚Bild‘-Redaktion geht.“
Dafür wirbt er jetzt bei dem Investigativ-Team für Verständnis. Wörtlich sagt er: „Ich bin mit dem ‚BuzzFeed‘-Team im Kontakt und hoffe natürlich, dort Verständnis zu finden für unsere Haltung.“ Die Mediengruppe Ippen, zu der auch die FR gehört, betonte: Es sei keine leichte oder schnelle Entscheidung gewesen, und „es gab eine intensive Diskussion. Am Ende ist es aber klar das Recht eines Verlegers, Richtlinien für seine Medien vorzugeben.“
Kritik an dem Vorgehen von Dirk Ippen kam vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV). „Sollten die Vorwürfe des Ippen-Investigativ-Teams zutreffen, dass Herr Ippen persönlich die Berichterstattung verhindert hat, dann wäre das ein massiver Eingriff in die redaktionelle Unabhängigkeit und die innere Pressefreiheit der Redaktion bei der Ippen-Gruppe“, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall: „Ein solcher Eingriff nach Gutsherrenart wäre völlig inakzeptabel.“ Verleger:innen dürften sich grundsätzlich nicht in redaktionelle Entscheidungen einmischen.
Auch die Deutsche Journalistinnen- und Journalistenunion (DJU) in Verdi kritisiert die Entscheidung der Ippen-Verlagsgruppe. „Ein solches Vorgehen ist unerhört und stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die Pressefreiheit dar“, sagte die Bundesvorsitzende der DJU in Verdi, Tina Groll. FR/epd/dpa