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Zivilisten versuchen aus Sudan zu fliehen – London mahnt zur Eile

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Von: Bettina Menzel, Daniel Dillmann, Bona Hyun

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Trotz Waffenruhe kommt es im Sudan zum Beschuss eines türkischen Flugzeugs nahe Khartum. Die Kämpfe zwischen den Konfliktparteien gehen weiter. Der News-Ticker.

Update vom 29. April, 13.10 Uhr: Großbritannien beendet seine Evakuierungsmission im Sudan und mahnt seine Bürger zur Eile. Im Land verbliebene Briten sollten bis zum Mittag zum Flugplatz Wadi Saeedna nahe der Hauptstadt Khartum kommen, wenn sie von der britischen Luftwaffe ausgeflogen werden wollen, teilte das Außenministerium in London am frühen Samstagmorgen mit. Bisher seien insgesamt 1573 Menschen mit 13 Flügen aus dem afrikanischen Land gebracht worden. Schätzungen zufolge könnten sich aber noch Tausende Britinnen und Briten dort aufhalten.

Vizepremierminister Oliver Dowden wies Vorwürfe zurück, die Regierung lasse mit ihrer Entscheidung, die Evakuierungsflüge zu beenden, Landsleute zurück. Kritik gab es auch an der Vorgabe, nur britische Staatsbürger und ihre direkten Familienmitglieder auszufliegen. Wie die BBC berichtete, dürfen nun auch Mediziner, die für den britischen Gesundheitsdienst NHS arbeiten, an Bord der letzten Maschine.

Evakuierung des Sudan
Menschen aus dem Sudan verlassen einen Airbus A319 der ungarischen Luftstreitkräfte nach der Landung auf dem Luftwaffenstützpunkt Kecskemet. © Sandor Ujvari/dpa

Sudan-Krise: Kämpfe gehen weiter

+++20:39 Uhr: Während die Kämpfe im Sudan trotz vereinbarter Waffenruhe weitergehen, kehrten am Freitag etwa 400 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr von ihrem gefährlichen Einsatz im Land zurück. „Sie haben mehr als 700 Menschen das Leben gerettet“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bei einem Appell zur Würdigung der Rückkehrer unmittelbar nach der Landung.

„Die Jüngsten, die Sie gerettet haben, waren zwei Tage alt, zwei Zwillingsbabys, die Sie dort herausgeholt haben.“ Wie gefährlich dieser Einsatz war, zeige, dass ein französischer Soldat im Sudan verletzt und ein türkisches Flugzeug dort beschossen worden sei. Von Sonntag bis Mittwoch hatte die Bundeswehr in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt und der Bundespolizei mehr als 700 Menschen aus mehr als 40 Nationen aus dem Sudan ausgeflogen. Darunter waren mehr als 200 Deutsche.

Indes versuchen zahlreiche Menschen im Sudan auf eigene Faust aus dem Land zu flüchten. Allein am Mittwoch trafen 1687 Zivilisten aus mehr als 50 Ländern nach ihrer Flucht vor der Gewalt in Saudi-Arabien ein. Ägyptischen Angaben zufolge kamen bereits 14.000 Einheimische sowie 2000 Menschen anderer Nationalitäten aus dem Sudan nach Ägypten. Es gibt auch Profiteure des Konflikts, die Ticketpreise etwa für Busse auf den Fluchtrouten - beispielsweise nach Port Sudan - kosten teilweise das Zehnfache. Nicht alle können sich das leisten. Insgesamt kamen bei den Gefechten nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mindestens 512 Menschen ums Leben, fast 4200 wurden verletzt. Die tatsächliche Zahl der Opfer dürfte aber deutlich höher liegen.

Sudan-Krise: Offenbar Treffen der Konfliktparteien geplant

+++16.59 Uhr: Am Freitag soll im Süden des Sudans offenbar ein erstes Treffen zwischen den Konfliktparteien seit Ausbruch der Kämpfe stattfinden. Das berichtete die lokale Zeitung Sudan Tribune. Der Minister für Präsidialangelegenheiten, Barnaba Marial Benjamin, habe bestätigt, dass die beiden rivalisierenden Kräfte einer Verlängerung des Waffenstillstands und der Teilnahme an den Gesprächen zugestimmt hätten, hieß es.

Auch Tut Gatluak, Berater des Präsidenten des Südsudan, hatte Angaben der Sudan Tribune zufolge am Mittwoch gegenüber der Zeitung erklärt, die beiden Kriegsparteien hätten zugestimmt, den Waffenstillstand zu verlängern und zu Gesprächen in die südsudanesische Hauptstadt Juba zu kommen. Die zweite Feuerpause seit Beginn der Kämpfe hielt am Freitag jedoch nur sporadisch, bewaffnete Konflikte gingen vereinzelt weiter.

Der Kampf um die Macht im Sudan war zwischen dem Oberbefehlshaber der sudanesischen Armee, De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, und seinem Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo, Anführer der RSF-Miliz, aufgrund der Frage der Eingliederung der paramilitärischen Gruppierung in die sudanesische Armee entbrannt. Dieses heikle Thema soll offenbar bei dem Treffen auch auf den Tisch kommen.

Montag und Dienstag starben mindestens 74 Menschen im Sudan: Schwere Gefechte in Darfur

+++15.16 Uhr: Trotz der verlängerten Waffenruhe im Sudan haben sich die Konfliktparteien in dem ostafrikanischen Land am Freitag erneut heftige Kämpfe geliefert. Vor allem aus der westlichen Region Darfur wurden schwere Gefechte gemeldet. Mindestens 74 Menschen wurden in der Regionalhauptstadt Geneina allein Montag und Dienstag getötet, für die anderen Tage der Woche gibt wegen der anhaltenden Kämpfe noch keinen Überblick, wie die Ärztevereinigung des Landes am Freitag mitteilte. Es sind aber mindestens mehrere hundert Menschen.

Nach Angaben der UNO werden Berichten zufolge in Darfur jetzt Waffen an Zivilisten verteilt. Die Anwaltsvereinigung von Darfur berichtete, dass die paramilitärischen Kämpfer der RSF-Miliz in Geneina mit „Raketen auf Häuser schießen“. RSF, die Rapid Support Forces, ist eine der beiden Konfliktparteien, die sudanesische Armee die andere. Die nun entbrennenden Konflikte gehen auf einen Machtkampf zwischen zwei Generälen zurück.

UN befürchtet mehr Gewalt: Kriegsverbrecher könnten aus sudanesischen Gefängnissen entkommen sein

+++14.52 Uhr: Das UN-Menschenrechtsbüro befürchtet zusätzliche Gewalt im Sudan, weil mögliche Kriegsverbrecher aus Gefängnissen freigekommen seien könnten. In den vergangenen Tagen seien Gefangene aus mehreren Gefängnissen ausgebrochen oder freigelassen worden, sagte eine Sprecherin am Freitag in Genf. Das könne ethnische Spannungen, die es seit langem im Sudan gibt, neu entfachen.

+++ 12.40 Uhr: Fünf Transportflugzeuge der Bundeswehr aus dem Sudan werden heute im Fliegerhorst Wunstorf erwartet. Sie werden voraussichtlich gegen 17 Uhr landen. Neben Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wird auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) beim Empfang der Soldatinnen und Soldaten anwesend sein.

Waffenruhe im Sudan offenbar gebrochen

+++ 11.55 Uhr: Laut Informationen der Nachrichtenagentur Al Jazeera machen sich im Sudan beide Seiten gegenseitig für den Bruch der Waffenruhe verantwortlich. Die RSF werfe der sudanesischen Armee vor, Luftangriffe auf Stellungen im Norden Khartums geflogen zu haben. Die Regierungstruppen wiederum beschuldigen die RSF, bei Flak-Angriffen ein türkisches Rettungsflugzeug beschossen zu haben.

+++ 11.30 Uhr: Im Sudan wird trotz der vereinbarten Waffenruhe zwischen Regierungstruppen und der RSF offenbar weitergekämpft. In einem Video der Nachrichtenagentur Reuters berichten Augenzeugen von Luftangriffen nahe Khartum.

Krieg im Sudan: Türkisches Flugzeug unter Beschuss

Update vom 28.04.2023, 10.50 Uhr: Trotz einer neuen Waffenruhe im Sudan ist offenbar ein Flugzeug aus der Türkei beschossen worden. Der Angriff soll nahe der Hauptsadt Khartum erfolgt sein. Das meldet das türkische Verteidigungsministerium via Twitter. Die Maschine habe mittlerweile die Militärbasis Wadi Sayedna im Norden der Hauptstadt erreicht. Verletzt wurde offenbar niemand. Ob das Flugzeug Schaden genommen habe, werde nun überprüft.

Sudan: Bewohner fürchten neue Kämpfe

Sudan – Die heftigen Kämpfe in Sudan gehen weiter. Die Hoffnung auf eine Waffenruhe schwindet, Bewohner der Region fürchten um ihre Sicherheit. Angesichts der bedrohenden Lage haben bereits zahlreiche Länder in den vergangenen Tagen ihre Bürger ausgeflogen.

Die Bundeswehr brachte nach Angaben des Verteidigungsministeriums insgesamt etwa 700 Menschen außer Landes, darunter 200 Deutsche. Die letzten Soldaten haben laut einem Sprecher des Einsatzführungskommandos die Evakuierung am Mittwoch (26. April) beendet und sind um 22.40 Uhr in Jordanien gelandet. Nach der Rettungsaktion zieht die Bundeswehr eine positive Bilanz gezogen, betont aber auch die Gefährlichkeit des Einsatzes.

Im Sudan gehen die Kämpfe weiter: Bundeswehr weist auf Gefahr hin: „Jederzeit Gefecht aufnehmen“

„Wir waren so aufgestellt, dass wir auch bei einer Eskalation vor Ort jederzeit hätten reagieren können“, sagte der verantwortliche Generalmajor Dirk Achim Faust der Bild. Die deutschen Einsatzkräfte hätten „jederzeit ein Gefecht“ aufnehmen „und uns verteidigen können“. Auf einen Beschuss während der Landung oder vor Ort sei die Bundeswehr vorbereitet und die Luftfahrzeuge des Typs A400M geschützt gewesen. „Wir hatten alle Fähigkeiten, die erforderlich sind, um uns gegen stärkere Feindkräfte vor Ort durchzusetzen – von der Handwaffe bis hin zur Panzerabwehrfähigkeit“, sagte Faust.

Die Einsatzkräfte hätten sich auch darauf eingestellt, den Flughafen verlassen zu müssen, sagte der General weiter. Dies sei aber nicht nötig gewesen. Die Zeitslots für die Rettungsflüge seien eng getaktet gewesen. „Die Standzeiten am Boden sollten so kurz wie möglich gehalten werden.“ Im Schnitt seien die Maschinen „eine Stunde am Boden“ gewesen.

Situation im Sudan spitzt sich zu – Hilfsorganisationen fordern mehr Schutz für Bürger

Auf internationaler Ebene werden Forderungen nach stärkeren Schutzmaßnahmen für die Bürger im Sudan lauter. Die europäischen Staats- und Regierungschefs würden sich derzeit nur auf die Evakuierung ihrer Bürger konzentrieren. „Wir dürfen keine Zeit verlieren und müssen uns auf die Unterstützung und den Schutz derjenigen konzentrieren, die im Land bleiben“, schreibt David Miliband, Präsident und Geschäftsführer des International Rescue Committee.

Er fordert zusätzliche Unterstützung von Nichtregierungsorganisationen im Konfliktgebiet. „Was ist mit den fast 47 Millionen Sudanesen, die im Land bleiben? Ein rascher Anstieg der humanitären Hilfe ist der Schlüssel zur Unterstützung von Millionen Menschen im Sudan“, so Miliband.

Erbitterter Machtkampf im Sudan: Paramiliz RSF will Kontrolle erlangen

Mittlerweile werden auch nördliche Teile von Khartum Visiere intensiver Artillerie- und Luftangriffe der paramilitärischen Gruppe RSF, berichtet der Sender Al Jazeera. Die Krankenhäuser seien laut einer Al Jazeera-Reporterin überlastet und bräuchten dringend mehr medizinisches Personal und Medikamente. Menschen hätten Angst, dass es nach Ablauf der 72 Stunden keine Erneuerung geben wird und die Kämpfe zunehmen werden, heißt es.

Im Sudan liefern sich Einheiten der Armee und der paramilitärischen RSF-Miliz seit mehr als einer Woche erbitterte Kämpfe. Bei den Gefechten wurden bereits mehr als 420 Menschen getötet und mehr als 3700 weitere verletzt, vereinbarte Waffenruhen wurden gebrochen. Auslöser des Konflikts war der eskalierende Machtkampf im Sudan zwischen De-facto-Präsident Abdul Fattah Al-Burhan und seinem Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo. Daglo ist der Chef der paramilitärischen Gruppe RSF. Die RSF-Truppen versuchen, strategisch wichtige Punkte des Landes zu erobern. Sowohl den RSF-Truppen als auch den Einheiten von Al-Burhan werden Menschenrechtsverletzungen und große Brutalität gegenüber Zivilisten vorgeworfen. (mit Agenturen)

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