Außenministerin Baerbock: Saudi-Arabien hat „Rolle wie wir als Deutsche in unserer Region”

Außenministerin Baerbock besucht bei ihrem Antrittsbesuch in den Golfstaaten Saudi-Arabien. Das Land will zum globalen geopolitischen Player werden – und nimmt dabei auf den Westen keine Rücksicht.
Dschidda – Tausende Menschen retteten sich aus dem Sudan, seit ein Bürgerkrieg vor gut vier Wochen ausbrach. Ihr erster Anlaufpunkt – auch für viele Deutsche: Dschidda, die saudische Hafenstadt am Roten Meer. Es ist die erste Station von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) auf ihrer Antrittsreise nach Saudi-Arabien und Katar. Der Konflikt um Sudan, er droht zum Flächenbrand in der Region zu werden. Und Saudi-Arabien spielt eine zentrale Rolle, um die Krise einzudämmen.
Durch saudische und US-amerikanische Vermittlungen hatte es immer wieder brüchige Feuerpausen zwischen den Konfliktparteien gegeben. „Aber die Kämpfe halten an, das dringende Ziel ist, dass wir rasch zu einer dauerhaften Waffenruhe kommen“, sagte die Außenministerin nach einem Treffen mit dem saudi-arabischen Außenminister Faisal bin Farhan. Baerbock: „Die Welt schaut auf Sudan und darauf, wie die Generäle ihrer Verantwortung für alle Menschen gerecht werden.“
Seit Mitte April ist im Sudan ein lange schwelender Machtkampf gewaltsam eskaliert. Die Armee unter dem Kommando von De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan kämpft gegen die paramilitärischen Einheiten seines Vizes Mohammed Hamdan Daglo. Die beiden Generäle haben sich 2021 gemeinsam an die Macht geputscht.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock in Saudi-Arabien: Geopolitische Bedeutung des Golfstaats
Der Einfluss und Wille Saudi-Arabiens zur geopolitischen Gestaltung ist groß. Das Land mit seinen 30 Millionen Einwohnern ist mit Abstand der bevölkerungsreichste der Golfstaaten und gilt als Ursprungsland des Islams. Das Wort von Saudi-Arabien hat in der arabischen Welt Gewicht. Gleichzeitig ist Kronprinz Mohammed bin Salman al-Saud, der die absolute Monarchie regiert, ambitioniert, will seinen Einfluss ausbauen. Das zeigt sich ganz konkret auch an diesem Montag: Während der saudische Außenminister Baerbock im zweiten Amtssitz des Ministeriums empfängt, vermitteln die USA und die Saudis ein Stockwerk höher zwischen den sudanesischen Konfliktparteien.
Ein Waffenstillstand im Sudan wäre für Saudi-Arabien als Verhandlungsführer ein wichtiger Erfolg. Der Kronprinz könnte zeigen, dass das Land nicht nur energiepolitisch durch sein Öl, sondern auch geopolitisch Einfluss hat. Den Wandel der Saudis zum Vermittler erkennt auch Annalena Baerbock an: „Das Land hat ein bisschen so eine Rolle wie wir als Deutsche sowohl in unserer Region als auch weltweit. Ob im Jemen-Konflikt, in den Beziehungen zum Iran oder Syrien, saudische Positionen haben für die ganze Region besondere Bedeutung.“
Saudi-Arabien verfolgt eigene Interessen –und treibt Wiedereingliederung von Syrien voran
Bei allem Lob und Anerkennung aus dem Westen: Rücksicht nimmt das Land auf unsere Werte nicht. Saudi-Arabien verfolgt klar seine eigenen Interessen. Das zeigt das Verhältnis zu Syrien. Nach 13 Jahren hatte die arabische Liga am Sonntag eine Rückkehr Syriens in die Gemeinschaft beschlossen. Die treibende Kraft hinter der Wiedereingliederung: Saudi-Arabien. König Salman, Gastgeber des kommenden Treffens am 19. Mai, hatte den syrischen Machthaber Baschar al-Assad persönlich eingeladen. Damit ist die zwölfjährige Isolation Assads beendet. Das Land wird auch seine diplomatische Vertretung in Syrien wieder in Betrieb nehmen.
Das kritisiert Außenministerin Annalena Baerbock deutlich und warnt vor einer „bedingungslosen Normalisierung“ im Umgang mit Syrien. „Jeder Schritt in Richtung Assad sollte von konkreten Zugeständnissen abhängig gemacht werden.“ Assad dürfe nicht „für täglich schwerste Menschenrechtsverletzungen auch noch belohnt“ werden. Nach ihrem Besuch in Saudi-Arabien besucht die Ministerin bis Mittwoch Katar.